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Träume vom Fliegen

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Zum Unterschied von den erdgebundenen „Ikarossen" schafften die Insekten den Sprung in die dritte Dimension wahrscheinlich schon vor 350 Millionen Jahren. Der Erwerb von Flugorganen war von solcher Tragweite, daß die Insekten alle anderen Gruppen des Tierreiches weit überrunden konnten: Von 1,2 Millionen Arten des gesamten Tierreiches entfallen zwei Drittel auf das Insektenreich, und von den Insekten zählen wieder mehr als 99 Prozent zu den geflügelten Formen oder stammen von solchen ab. Die Evolution der geflügelten Insekten verdeutlicht — voraussichtlich bis 17. Juli 1984 - die Ausstellung „Insektenflügel — Insektenflug" im Wiener Naturhistorischen Museum, die Hofrat Univ.-Doz. Maximilian Fischer zusammen mit seinen Mitarbeitern schuf.

Die Insekten haben in ihren Flügeln neue, zusätzliche Bewegungsorgane entwickelt, die als Ausstülpungen an den Flankenhäuten des Brustabschnittes entstehen, während sie die Beine voll funktionstüchtig erhalten haben. Die Vögel haben, im Gegensatz zu den Insekten, keine zusätzlichen Flugorgane hervorgebracht, sondern lediglich ihre vorderen Gliedmaßen zu Flügeln umgewandelt, während Menschen in ihren Flugzeugen wie mit Prothesen fliegen.

Die Flügelgelenke der Insekten stellen die komplexesten mechanischen Strukturen im ganzen Tierreich dar. In die Flügelbasis sind bis zu neun Skelettplatten eingebaut, die die Bewegungsimpulse der Muskeln von der Insektenbrust auf die Flügelspreite vermitteln. Dabei entstehen komplizierte Bewegungsabläufe, bei denen die Flügel nicht nur auf-und abschlagen, sondern auch Verwendungen, Verf altungen und Rotationsbewegungen durchführen.

Diese zweifellos größte und inhaltsreiche insektenkundliche Sonderschau, die jemals in Österreich zu sehen war, zeigt, was im Laufe der Entwicklung aus dem Insektenflügel werden konnte. Da gibt es die Umwandlung der Flügel zu Greiforganen, etwa beim Winterhaft, dem Boreus. Wasserkäfer transportieren unter den Flügeldecken Atemluft, wenn sie die Reise unter Wasser unternehmen.

Das Insekt ist auch anpassungsfähig genug, um auf Flügel verzichten zu können, wenn diese nicht gebraucht werden oder sogar hinderlich wären. Die Blattläuse zum Beispiel, deren Lebenszyklus aus einem komplizierten Generationswechsel besteht, bilden nur dann geflügelte Formen aus, wenn eine andere Nahrungspflanze aufgesucht werden muß, oder es sind regelmäßig nur einzelne Generationen geflügelt.

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