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Digital In Arbeit

Traumberuf Journalist?

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Journalist kann sich jeder nennen, der jemals etwas publiziert hat. Doch zum guten Journalisten gehört mehr. Begabung und eine sattelfeste, handwerkliche Ausbildung.

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Journalist kann sich jeder nennen, der jemals etwas publiziert hat. Doch zum guten Journalisten gehört mehr. Begabung und eine sattelfeste, handwerkliche Ausbildung.

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So wird man heute sicher nicht mehr Fernsehredakteur(in): Als Wibke von Bonin 1957 ihr Studium begann, wußte sie nur eines mit Bestimmtheit: Lehrerin wollte sie nicht werden. Dabei sah ihre Fächerkombination mit Germanistik, Romanistik und Kunstgeschichte eigentlich nach nichts anderem aus. Wie also kam sie zimi Rundfunk?

Wibke von Bonin hatte gerade ihren Hochschulabschluß und ihre erste Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Ausstellungsinstitut. Da bekam sie einen Anruf: Der Kulturkanal für Nordrhein-Westfalen, das III. Ra-

dioprogramm des Westdeutschen Rundfunk (WDR), wurde vorbereitet. Man hatte Eile. Wibke wurde sogleich als Redakteurin für das Ressort Bildende Kunst „eingekauft".

Zur Frage, wie sie dann schließlich Fernsehredakteurin wurde, sagte sie: „Eben so - aus tJbermut, Leichtsinn, aus Neugier: Warum nicht auch das mal versuchen?" Heute ist sie verantwortlich für die Sendereihe .hundert Meisterwerke aus den großen Museen der Welt".

Wenn auch nicht mehr so leicht tmd-zufämg, die- Weger in -den" Journalismus sind in der Bundesrepublik Deutschland recht vielfältig. Da kann man zunächst einmal über das Volontariat, eine zweijährige Ausbildung bei Presse oder Rundfunk, einsteigen. Zwar ist das Abitur dafür nicht Bedingung, doch ohne sind die Chancen auf einen Volontärsplatz sehr gering.

Wer nicht das Volontariat als Sprungbrett wählt, findet auch Starthilfen bei Journalistenschulen. Welcher zukünftige Redakteur träumt nicht davon, dort seine Ausbildung zu erhalten?

Jedes Jahr nimmt die Deutsche Journalistenschule in Müncheii 60 Leute von ursprünglich rund 2.800 Bewerbern, von denen aber nur etwa 1.500 die Unterlagen wieder zurücksenden, auf. Die Hamburger Journalistenschule Gruner & Jahr - Die Zeit hat 18 Plätze und jährlich zwischen 4.000 bis 5.000 Anwärter, die Journalistenschule Axel Springer in Hamburg rund 40, vim die etwa 1.500 Bewerber konkurrieren.

Bevorzugt werden Hochschulabsolventen oder Leute mit abgeschlossener Berufsausbildung. Das Durchschnittsalter der „Journalistenschüler" liegt daher bei 26 Jahren. Ausschlaggebend für die Aufnahme in eine der zweijährigen Journalistenschulen sind vor allem Arbeitsproben, die bei der Bewerbung eingereicht werden müssen.

Zählt man nicht zur Schar der Auserwählten, bleibt immer noch das Studium der Publizisitik oder Kommunikationswissenschaften -ältferdings t>ff sehrtheöritlastl-ge Studiengänge. Praxisorientierter geben sich da schon die Diplomstudiengänge Journalistik in Dortmund und Eichstätt.

Seit einigen Jahren zeigt sich immer stärker die Tendenz, erst ein Fachstudium zu bestreiten, bevor man sich endgültig dem Journalismus verschreibt. Was spricht für diesen Werdegang?

Bedenkt man, daß beispielsweise in den Wirtschaftsressorts der Rundfunkanstalten — insbesondere beim Hörfunk — immer noch vornehmlich Wirtschafts-Laien sitzen, die häufig nicht einmal eine Bilanz richtig lesen können, erklärt sich, warum gerade Wirtschaftsstudenten mit journalistischen Ambitionen derzeit auf dem Arbeitsmarkt so gefragt sind.

Darauf nun basiert das Konzept der Kölner Schule — Institut für Publizistik. Elf Semester dauert dort die Ausbildung, die auf Wirtschaf tsjournahsmus spezialisiert ist. Maximal 26 Teilnehmer zählt jeweils ein Jahrgang, der nur zum Herbst und nach einem dreitägigen Qualifikationstest (mit hoher Durchfallquote!) aufgenommen wird.

Die ersten eineinhalb Jahre absolvieren die „Kölner" am Institut wie an einer Berufsfachschule. Im vierten Semester beginnen sie dann an der Universität das Volkswirtschaftsstudium, blei-- ben aber auch weiterhin am Institut in verschiedenen journalistischen Seminaren.

Ähnliche Ziele wie die Kölner Schule verfolgen auch die integrierten Studiengänge: Ein Fachstudium wird mit Publizistik, Journalistik oder Kommunikationswissenschaften sowie obligatorischen Praktika gekoppelt.

Darüber hinaus besteht im universitären Bereich die Möglichkeit, dem Hochschulabschluß ein journalistisches Aufbaustudium in Hannover, Mainz oder Stuttgart-Hohenheim anzuschließen.

Da die deutschen Universitäten die praktische Journalistenausbildung damals vernachlässigten und die Redaktionen sich politisch sehr einseitig zusammensetzten, entschloß sich die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung 1978/79 zur Einrichtimg eines studienbegleitenden Programms „Journalistische Nachwuchsförderung" (JNF). Die Idee war nicht neu, bereits zehn Jahre früher hatten die katholischen Bischöfe das Institut zur Förderung des publizistischen Nachwuchses in München gegründet.

Die JNF entstand auch aus einer Not heraus. Lange war die CDU nur mit der Besetzung von Intendantensesseln beschäftigt gewesen. Die Redaktionen - vor allem der öffentlich-rechtlichen Anstalten — blieben eher unbeachtet. Doch war man auch nicht in der Lage, diese Posten mit Leuten „aus dem eigenen Stall" zu besetzen. Die JNF sollte nun nicht in erster Linie politische Kaderschmiede werden, sondern qualifizierte Journalisten heranbilden.

Rund 150 Studenten fördert die JNF derzeit, und zwar solche, die sowohl alle Bedingungen für ein Begabtenstipendium erfüllen — möglichst gutes Abitur, überdurchschnittliche Studienleistungen, gesellschaftspolitisches Engagement -, als auch journalistisches Können erwarten lassen.

Allen speziellen „Journalistenschmieden" ist eines gemeinsam: Wer eines der exquisiten Ausbildungsprogramme durchlaufen hat, der rutscht problemlos in den Journalismus hinein. Vielfach sind es die Anbieter der Praktikumsplätze selbst, die sich aus dem Kontingent der Praktikanten ihre Nachwuchskräfte frühzeitig heraussuchen.

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