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„Tribünen überfüllt"

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Zu Weihnachten 1890, vor etwas mehr als hundert Jahren also,4*uhr der begeisterte Alpinist und Radsportler Max Kleinoscheg aus Graz per Bahn nach Mürzzuschlag, um Toni Schruf, der dort das Hotel Post führte, zu treffen. Er brachte ein paar seltsame Holzlatten mit, die aus Norwegen kamen und die man Schneeschuhe oder mit einem bislang unbekannten Namen Skier nannte.

Die beiden unternahmen damit erste mühselige Gehversuche. Sie waren hartnäckig und von ihrer Sache überzeugt. Und so schreibt ihnen die Sportgeschichte zu, daß das Wettlaufen, das sie am 2. Februar 1893 in Mürzzuschlag organisierten, das erste Schirennen in Mitteleuropa gewesen ist. Ein großes, zum Teil außerordentlich distinguiertes Publikum aus Wien, Graz und aus der Obersteiermark fand sich ein.

In Schrufs Bericht über diesen Tag heißt es: „Die Zuschauertribünen waren überfüllt von Gästen aus der ganzen Monarchie. Der Zauber der Neuheit, der Reiz der Eigenart dieses nordischen Sports lagen ja damals noch unenthüllt über den glitzernden Schneefeldem und als die Musik einsetzte und sich die erste Gestalt oben am Waldrand loslöste, um nach etlichen Stürzen am Stock hängend in bangem Ausdruck heiliger Bodenscheu an den Tribünen vorbeizuschlot-tem, brachen tausendstimmige Heilrufe aus und helle Begeisterung erfüllte die jubelnde Menge."

Diese Ereignisse sind die Wurzel für die steirische Landesausstellung 1991, die in Mürzzuschlag zum Thema „Sport, Sinn und Wahn" zu sehen ist. Der Sport mit all seinen Ausprägungen und Facetten soll dort dargestellt werden, die Schau ist keineswegs nur für Sportler und Sportfreunde gedacht. Sie wendet sich an alle, jung und alt, Frau und Mann. Sport ist ein umfassendes Phänomen geworden, das mit Motiven zu tun hat, die alle angehen und interessieren.

Mit Sport assoziiert man Gesundheit, die tatsächlich oft Sinn und Zweck sportlicher Betätigung ist, auch wenn Exzesse des Showsports keineswegs besonders gesundheitsfördernd sind. In der anbrechenden Freizeitgesellschaft ist Sport natürlich ein Thema für viele. Noch dazu, wo in ihm ja auch das Spiel steckt. Und wer spielt nicht gerne? Ohne den tief in den Menschen verwurzelten Spieltrieb gäbe es keinen Sport.

Und daß Sport in den Beziehungen von Menschen und Völkern Ersatz für die unseligste Form zwischenmenschlicher Berührung sein kann, nämlich für den Krieg, scheint ebenfalls bemerkenswert. In jedem Fall steckt im Sport eine Portion Lebensfreude.

Wieder gehen wir mit einer steiri-schen Landesausstellung in eine neue Region. Im Mürztal, einer zauberhaften Landschaft, wird ein reiches Rahmenprogramm mit vielen kulturellen Ereignissen abrollen. In Mürzsteg wird in der Nähe des kaiserlichen Jagdschlosses eine Ausstellung über die österreichischen Bundespräsidenten zu sehen sein. Neuberg mit seinem wunderschönen Münster und seinen Kulturtagen und Ausstellungen ist unbedingt einen Besuch wert.

Langenwang und Kindberg laden mit Aktivitäten ein, Krieglach und das Alpl in Roseggers Waldheimat desgleichen. In Mürzzuschlag selbst entsteht ein Brahms-Museum in dem Haus, in dem der Tondichter zwei Sommer verbrachte und seine vierte Symphonie komponierte.

Wieder wurde ein historisches Haus gerettet und renoviert: Die ehemalige Franziskanerkirche in Mürzzuschlag wird in einer Symbiose von guter alter und neuer Architektur in Zukunft der Stadt Mürzzuschlag und der gesamten Region als neues Kulturhaus zur Verfügung stehen.

Meines Wissens wird in Österreich das Thema Sport zum ersten Mal so umfassend abgehandelt. Die Schau ist ein großes volksbildnerisches Unternehmen. Das heißt: Wissenschaft unter Leitung der Sportprofessoren Günter Bernhard, Ingo Peyker und Ingomar Weiler konzipiert, der Dichter Wolfgang Bauer und der Bühnenbildner Laszlo Varvasovszky inszenieren und übersetzen für ein großes Publikum. Ein Erlebnispark lockert die Stimmung, viele interessante Anregungen werden von dieser Ausstellung in Mürzzuschlag ausgehen, die am 26. April eröffnet wird.

Der Autor ist Landeshauptmannstellvertreter und Landesrat für Kultur in der Steiermark.

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