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Trümmerhaufen im Südatlantik

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Die Isias Malvinas heißen wieder Falklands, und während um die Heimwegrouten für die argentinischen Gefangenen verhandelt wird, kann das große Aussortieren im Trümmerhaufen des südatlantischen Debakels beginnen. Argentinien wird auf seine Weise weiterkämpfen. Westeuropa hat an Großbritanniens Sieg zu tragen. Nur Washington kann durch bloßes Zuwarten Pluspunkte verbuchen.

Im Rahmen der Weltordnung, die nach 1945 entstand, waren die Dinge klar: Lateinamerika gehörte zum Westen, und dieser kreiste um die Vereinigten Staaten. Abweichungen zu den sozialistisehen Staaten waren unmöglich, andere nicht erwünscht.

Immerhin kokettierte Lateinamerika mit Europa, um die strenge Abhängigkeit vom amerikanischen Norden zu mildern. Ja, als in den sechziger Jahren eine eigene lateinamerikanische Außenpolitik entstand, wurde aus der Koketterie ein Liebeswerben um den alten Kontinent, insbesondere um die EG. (Dieses Streben um Diversifizierung zumindest im Handel öffnete jedoch auch Türen zu Kanada, Osteuropa, Japan, zu Schwarzafrika und Arabien.)

Obwohl Brüssel den besonderen „Dialog” mit Südamerika verweigerte, rückte die Gemeinschaft zum zweitwichtigsten Güter-, Technologie- und Kapitallieferanten des Subkontinentes auf. Am Handelssektor konnte die Abhängigkeit von Washington im Schnitt von 70 auf 40 Prozent reduziert werden.

Lateinamerika — sich solcherart als Kontinent der Schwellenländer profilierend — vernachlässigte die Dritte-Welt-Aspekte und hoffte auf Zusammenarbeit mit den Industrieländern. Die Idee des .Atlantischen Dreieckes” (Nordamerika, Westeuropa, Südamerika) gewann an Boden, in Washington (Johns Hopkins Universität) begannen 81/82 trilatera-le Konferenzen.

Londons harte Antwort auf Argentiniens Uberreizen setzte allem ein Ende.

Wie soll es weitergehen?

Die Ereignisse seit dem 3. April zeigten, daß der Subkontinent in der Krise alleine bleibt. Das festigte die lateinamerikanische Solidarität. Ist die akute Krise vorbei, so bleibt davon - aller Rhetorik und allen Umarmungen zwischen Havanna und Buenos Aires zum Trotz — nicht allzu viel übrig:

Der Vorschlag, (den Sitz der Organisation Amerikanischer Staaten nach Costa Rica zu verlegen, ist nur eine Geste; der militärische Beistandspakt (TIAR) lebt sowieso nur von Washingtons Gnaden, was bei der Malvinas-Krise so deutlich wurde; das Instrument der wirtschaftlichen Integration (SELA) mit Sitz in Caracas, versäumte durch völlige Untätigkeit während der vergangenen Wochen die entscheidende Chance zur Profilierung.

Soweit die südamerikanischen und interamerikanischen Verbindungen. Bleiben das Dritte-Welt-Lager und die Sowjetunion. Eine Annäherung an die erste Gruppe ist gewiß, der Erfolg jedoch — wie die Erfahrungen seit 1960 zeigen -ungewiß. Die UdSSR, seit einigen Jahren wichtiger Handelspartner Argentiniens, ist derzeit aus taktischen Gründen willkommen, auf Dauer aber aus ideologischen Gründen für Buenos Aires nicht tragbar.

So widersprüchlich es auch klingt: Der eigentliche und einzige Gewinner wird mittelfristig Washington sein. Enttäuscht von und verbittert über Westeuropa, das England sofort die Hand gereicht hat, muß Lateinamerika auf die Vereinigten Staaten zurückfallen.

Washington braucht nur zu warten, bis die Trotzreaktionen aus dem Süden abflauen. Dann kann es die handelspolitischen Brückenköpfe, die Westeuropa seit den sechziger Jahren aufgebaut hat, eindrücken.

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