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Tuppy ohne Toupet

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Es gibt einige gute Gründe dafür, den peinlichen Wiener Denkmalstreit zu begraben und den Standort Albertinaplatz hinzunehmen. Es gibt keinen guten Grund dafür, die Abqualifizierung Hans Tuppys hinzunehmen.

Die Unterstellung, jedes Nein zum Albertinaplatz wäre ein Ja zu Faschismus und Krieg, ist mitleidlose Anmaßung bei einem Mann wie Tuppy, dessen Vater 1939 von Nazischergen im KZ erschlagen wurde. Das ist mittlerweile einigermaßen unter die Leute gekommen.

Unausrottbar scheint ein anderes Klischee: Tuppy, der unangefochtene Wissenschafter, „persönlich ein reizender Mensch“, aber halt ein politisches Hascherl. Karikaturisten zeichnen ihn gern als Rokokohöfling mit Puderlocken. Aber Tuppy ohne Toupet steht anders da.

Als einziger neben dem Sozialminister hat er das Ressortbudget 1988 anheben können, den Forschungsaufwand überproportional: Dieser liegt heute, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, um 39 Prozent höher als 1983, dem letzten Kreisky-Jahr.

Österreich ist kräftig in internationale Forschungsprojekte eingestiegen. Tuppy hat die Studienordnungen für Techniker, Mediziner und Lehrer reformiert, das Hochschullehrer-Dienstrecht modernisiert und bei Kunstakademien die starre Drittelparität zugunsten klarer Führungsverantwortlichkeit weiterentwickelt.

Künftig werden Auslandsstudien mehr anerkannt und gemeinsame Studienprogramme mit ausländischen Universitäten sowie Vorlesungen in Fremdsprachen möglich.

Der Akademikerschwemme begegnet Tuppy nicht mit Zulassungsbeschränkungen und Rückkehr zu Studiengebühren. Alternativen sind Bummlerbarrieren in Studienordnungen (erstes Muster: Mediziner!) und rein leistungsbezogene Stipendien (ab Herbst).

Das alles bekommt ein Minister nicht geschenkt. Tuppy kann auch kämpfen. Vor einem Jahr hat er im Ministerrat ein Sanierungsprogramm für Bundesmuseen durchgeboxt: die größten Bauinvestitionen seit 70 Jahren!

Diesen Freitag tritt der Kämpfer Hans Tuppy gegen das Magistratsverwaltungsmodell des AKH Wien an. Wird die ÖVP sein Eintreten für eine Privatwirtschaftsverwaltung unterstützen?

Irgendwie wächst der fatale Eindruck, daß die SPÖ einen schwachen Minister erwartet hat und diesen, weil er es (auch bei Personalentscheiden) nicht ist, durch Attacken unter Druck setzt. In diesem Fall bestünde die eigentliche Überraschung darin, daß die ÖVP ihn dabei so oft hängen läßt.

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