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U Nu kommt

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An die neun Jahre meditierte er sich durch buddhistische Lehren, fast die Hälfte dieser Zeit in einem Militärgefängnis unweit seiner früheren Präsidentenresidenz in Rangun. Nun tönt seine Stimme mittels geheimen Radiosenders über die thailändisch- burmesische Grenze zu den einstigen Untertanen und verheißt seinen baldigen Sieg. Bloß den Zeitpunkt kann oder will U Nu, literarischer Philosoph der Gewaltlosigkeit und erster Ministerpräsident der freien Republik Burma, noch nicht bekanntgeben.

Verschiedene Anzeichen weisen darauf hin, daß General Ne Win den zehnten Jahrestag seines Staatsstreiches nicht mehr als starker Mann der Reis- und Krisenrepublik erleben wird. Kaum konnten seine Regierungstruppen im vergangenen Jahr militärische und administrative Erfolge im Kampf gegen Burmas zahlreiche Rebellenorganisationen verbuchen und das Ranguner Regime mit etwas mehr Effektivität ausstatten. Nun bahnt sich ta Dschungel- dickicht des östlichen Grenzgebietes eine ernstzunehmende Gefahr für den linken General und totalen Verstaatlicher an.

U Nu gilt in weiten Kreisen der überwiegend ländlichen Bevölkerung Burmas als heiliger Mann, der zudem über wichtige Kontakte zur einflußreichen buddhistischen Prie- sterschaft verfügt. Zudem proklamiert U Nu, der in seiner 15jähri- gen Regierungszeit die Realisierung einer praktikablen Synthese von buddhistischem und kommunistischem Gedankengut vergeblich anstrebte, nunmehr ein der rauhen burmesischen Wirklichkeit adäquateres, erfolgversprechenderes Konzept. Weitreichende Autonomievenspre- chen haben unter den christlichen Karen wie auch bei den schmuggelfreudigen Sh an und einigen kleineren Minoritäten, deren traditionelle Insurgentenrolle Rangun beträchtliche Schwierigkeiten bereitet hatte, ein positives Echo gefunden. Wie der Zusammenhalt dieser heterogenen Gruppen in einer Vereinigten Nationalen Befreiungsfront wirklich funktionieren mag, kann aber keineswegs vorausgesagt werden. U Nu, Autor des Buches „Der Mensch ist des Menschen Wolf1, kann informierten Quellen zufolge eine Streitmacht von mindestens 20.000 Mann in den Dschungel stellen.

Weitere positive Faktoren für den Restauratiorrsversuch U Nus sind dessen finanzieller Hintergrund sowie die stillschweigende Duldung seines Unternehmens durch die thailändischen Behörden. U Nu, dem als letzte Exilresidenz eine Villa in Bangkok diente, lebte nach eigenen Worten „von der Hand in den Mund“, bevor er im letzten Herbst „interessierte Freunde“ (und vor allem deren Geld) zur Unterstützung seines Vorhabens gewinnen konnte. Die kapitalkräftigen Gönner sollen aus der Schweiz und aus Hongkong stammen.

Trotz den „freundschaftlichen Beziehungen“ zwischen dem Königreich der Thai und Ne Wins Militärregime in Burma dürfte es dem gefinkelten U Nu gelungen sein, in maßgeblichen thailändischen Kreisen Mißtrauen und Angst wegen der neuerlichen Aussöhnung zwischen Peking und Rangun zu säen.

Es heißt, die Gestirne stünden für U Nu günstig, und die Astrologen sollen schon öfters das politische Handeln des Buddhisten beeinflußt haben, so beispielsweise anläßlich jenes seltsamen „Arbeitsbeschaffungsauftrages“, als auf Geheiß U Nus die Erbauung von 6Ö.000 Pagoden aus Sand beschlossen wurde. Jedenfalls erwartet die 130.000 Mann starke Armee Burmas mch einem jahrelangen Kleinkrieg an verschiedenen Rebellenfronten die schwierigste Belastungsprobe.

* „Furche"-Redaktionsmitglied Winfried Eder bereiste im abgelaufenen Jahr den Mittleren und Fernen Osten und hat sich auf die politischen und wirtschaftlichen Probleme dieser Staaten spezialisiert.

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