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Politik ist auch Theater. Wir erleben es dieser Tage von Jörg Haider bis Milan Panic. Kein Grund für Panik!

Vorige Woche sprach sich also der FPÖ-Obmann gegen einen Beitritt zu „dieser EG" aus. Erste Begründung für den dramatischen Schwenk der FPÖ, die sich jahrelang nicht genug in EG-Phrasen baden konnte: „weil sich die äußeren Umstände inzwischen verändert haben". Welche denn? „Es wird jetzt mehr mit Mehrheit als einstimmig entschieden, so daß kleinere Länder überstimmt werden können." Ei potztausend. Das steht seit vielen Jahren im EG-Grundgesetz und ist im übrigen ein Teil jener „Demokratisierung", die EG-Kritiker immer fordern.

Am zweiten Tag tat dies, ohne das Dilemma mit der eigenen Argumentation zu klären, auch Haider. Und er erklärte sein Nein zur EG jetzt auch mit der drohenden Gefahr einer kulturellen Überfremdung durch eine „Einheitskulturnation". Kalter Schauer sollte über nationale Buckel rinnen.

Aber wieder nur einen Tag lang. Dann läutete für Haider die Parole plötzlich nicht mehr „Kein Beitritt zu dieser EG", sondern „Kein Beitritt dieses Österreichs zur EG", bevor die Regierung „ihre Hausaufgaben gemacht" habe. Und er verlangte eine Steuerreform zugunsten von Klein- und Mittelbetrieben und Direktförderungsmit-tel für die Bauern.

Selbstverständlich wird es zu einer Erfüllung dieser Forderungen kommen - auch ohne das geringste Zutun der FPÖ. Das ist fixes Regierungs- und EG-Programm. Dann wird der FPÖ-Führer laut überlegen, ob er nicht doch ein „Ja" empfehlen soll. Natürlich sollen die Regierungsparteien dafür einen Preis zahlen: Abrücken vom Nein zu einer FPÖ-Regierungsbeteiligung, vielleicht den Vize- oder gar den Kanzlerposten für Haider. So einfach ist das. Hauptsache, man schauspielert gut.

Das dachten sich in Belgrad auch die Sozialisten (sprich: Kommunisten) und stellten einen Mißtrauensantrag gegen Ministerpräsident Panic, um ihn in letzter Minute dann doch überleben zu lassen. Die westliche Presse fiel auf das Täuschungsmanöver herein, schrieb von einem „Machtkampf, in dem der „Friedenspremier" gegen Präsident Milosevic gepunktet habe.

In Wirklichkeit hatten sich da nur ein paar Leute um eine politische Josef-Kainz-Medaille beworben, um die Clownerie mit Panic fortsetzen zu können.

Als der künftige Wiener ÖVP-Obmann Bernd Görg eine Zusammenarbeit mit der Wiener FPÖ nicht ausschloß, vergoß die Wiener SPÖ Krokodilszähren wegen Görgs „erstem politischen Fehler". In Wirklichkeit muß sie nach einem Abtritt Zilks ernstlich um den Bürgermeistersessel bangen. Pawlatschen-Thea|er, wohin man schaut. Man schaut am besten nicht hin.

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