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Über die Toleranz

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Toleranz ist eine Spätblüte Europas, ein Gewächs, schmerzensreich aus vielen Wurzeln gewachsen. Einige dieser Wurzeln untersucht Richard Saage in dieser Studie, die zeigt, wie vielschichtig, schwer belastet, umkämpft, befehdet Toleranz sich bildet — in Denken, in Praxis: zuerst im Raum der niederländischen Selbstfindungen und Selbstbehauptungen im Kampf gegen Spanien.

„Radikale” und „gemäßigte” Opposition — nach außen und innen - das Vorbild des Castellio, die Welt des Erasmus von Rotterdam — dann das Wagnis erster „Demokratie”, wenn man das so nennen darf, was da im ständigen Kampf der calvinistischen Parteiungen sich bildet.

Das niederländische Vorbild bestimmt den Kampf um Toleranz in England. Im englischen Hexenkessel, in dem Radikale sehr verschiedener theologischer, ideologischer Provenienz wütend miteinander und zusammen gegen die Krone und die Alte Kirche kämpfen, steht Milton, der Seher des „Verlorenen Paradieses”.

John Milton, der große Puritaner, fordert uneingeschränkte Presse- und Redefreiheit. Es sei beinahe genauso schwerwiegend einen Menschen umzubringen wie ein gutes Buch zu vernichten: „Wer einen Menschen tötet, tötet ein vernünftiges Geschöpf, aber der, der ein gutes Buch zerstört, tötet die Vernunft selber”.

Wir leben in einem Heute, in dem wieder Bücher und Menschen zerstört werden, in vielen Formen. Auch bei uns. Sanfter Terror vernichtet nicht weniger schlimmer als saurer Terror. Erschreckende Aktualität.

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