6957228-1984_34_15.jpg
Digital In Arbeit

Über (die) Verhältnisse

Werbung
Werbung
Werbung

Immer wenn ein Großteil der Österreicher irgendwo in der Sonne schmort und am Konsum heimischer Medien nur mäßig interessiert oder für diese überhaupt unerreichbar ist, erstattet der Staatsschuldenausschuß, rein zufällig selbstverständlich, seinen Bericht. Sollte dennoch eine gewisse Beunruhigung entstehen, melden sich sofort die Relativierer zu Wort: Ja, zugegeben, die Finanzschuld der Republik Österreich ist 1983 um 22 Prozent oder 75 Milliarden Schilling auf 416 Milliarden Schilling gestiegen; aber im internationalen Vergleich liegen wir damit, pro Kopf der Bevölkerung gerechnet oder aber auch im Verhältnis zum Volkseinkommen bestenfalls im Mittelfeld. Unsere internationale Bonität steht außer Frage, die Verschuldungsgrenze ist noch lange nicht erreicht.

Mag schon sein. Nach diesem Rezept brauchten wir uns auch um den sauren Regen nicht kümmern: Verglichen mit dem Erzgebirge leben Österreichs Tannen nach wie vor im Paradies.

Es sei hier deshalb gestattet ein paar andere Relationen aufzuzeigen und daran die simple Frage nach der Sinnhaftigkeit der immer weiteren Verschuldung zu schließen.

Tatsache ist, daß die Rückzahlung der Staatsschulden längst nicht nur bei Entwicklungsländern, sondern auch bei vielen Industriestaaten, so auch bei Österreich, eine Fiktion geworden ist: Ende 1983 betrug die Finanzschuld der Republik Österreich 131 Prozent ihrer jährlichen (Steuer) Einnahmen. Die Schuldner sind, da Österreich die Zinsen für seine Kredite verläßlich zahlt, gar nicht unglücklich darüber.

Von 1960 bis 1970 hat sich die Finanzschuld der Republik Österreich etwa verdoppelt (von 22 J auf 47 J. Milliarden Schilling). Von 1970 bis 1980 ist sie aber bereits auf das Fünffache gestiegen (von 47 auf 261 Milliarden) und beträgt derzeit gut das Zwanzigfache (!) des Jahres 1960.

Waren es 1980 „erst" 25 Prozent, werden es heuer bereits 36 Prozent sein, die der Bund von seinen Nettoeinnahmen für die Bedienung seiner Schulden (Tilgungen und Zinsen) wird abzweigen müssen (und die damit auch nicht für produktive Zwecke, Arbeitsplatzsicherung etc. zur Verfügung stehen). Allein für die Verzinsung seiner Schulden wird der Bund heuer etwa 18 Prozent seiner Nettoeinnahmen aufwenden müssen. Würde sich der Finanzminister dieses Geld ersparen, könnte er auf die Hälfte der Lohn- und Einkommensteuer verzichten und bekäme vom Verein der Steuerzahler das größte jemals in Osterreich errichtete Denkmal gestiftet.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung