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Überall „sozial“ 1
In den letzten Wochen kam, wieder einmal, eine soziale Staffelung der Sozialleistungen („Transferzahlungen“)bzw. der Sozialabgaben (wie zum Beispiel des Krankenkassenbeitrages) ins Gespräch. Warum, so wurde argumentiert, soll ein gutverdienender Generaldirektorfür seine drei Kinder ebensoviel Familienbeihilfe bekommen wie der Bezieher eines kleinen Einkommens? Und warum soll jemand, der 100.000 Schilling im Monat verdient, nicht auch einen entsprechend höheren Beitrag zur Sozialversicherung bezahlen als der Bezieher eines 30.000Schilling-Einkommens? (Derzeit steigt der Beitrag bis zurHöchstbemessungs-grundlage von 28.200 Schilling und bleibt dann gleich.)
So gerecht die Forderung nach einer einkommensabhängigen Staffelung der Sozialversicherungsbeiträge und der Familienbeihilfe wirkt, es ist der falsche, weil systemwidrige Weg der sozialen Rücksichtnahme. Mit dem gleichen Recht könnte ja etwa auch ein Pendler, der sein Kraftfahrzeug für die Berufsausübung dringend braucht, fordern, daß „sein“ Benzin mit weniger Mineralölsteuer belastet wird als das seines Nachbarn, der mit seinem Luxuscoupe nur zum Spaß durch die Gegend fährt.
Ich hoffe, daß man an diesem bewußt etwas überzogenen Beispiel sieht, worum es geht: Die einzelnen Steuern und Abgaben dürfen nicht mit Aufgaben überfrachtet werden, für die sie nicht geschaffen wurden, weil dann das ganze ordnungspolitische Instrumentarium durcheinandergerät, unübersichtlich und unkalkulierbar wird.
Hat sich eine Gesellschaft, und unsere hat sich, einmal dazu entschlossen, die persönliche Leistungsfähigkeit ihrer Bürger an ihrem Einkommen zu messen, wenn ei um deren finanziellen Beitrag zum Staatsganzen geht, dann soll man es dabei bewenden lassen. Und nicht versuchen, eine Abgabe, die zum Beispiel die Nachfrage in Richtung umweltfreundlicher Heizungen steuern soll, auch noch nach sozialen Gesichtspunkten zu staffeln.
Konsequent zu Ende gedacht, würde ein derartiges System, in das wir in den letzten Jahren ohnehin ziemlich weit hineingeraten sind, (zum Beispiel bei der Wohnbauförderung), dazu führen, daß viele ihr Augenmerk nicht mehr auf die Ein-kommenserzielung, sondern auf die optimale Kombination von Einkommen und maximalen Sozialleistungen legen würden.
Auch für Nicht-Ökonomen dürfte es einsichtig sein, daß das kein Beitrag zur allgemeinen Wohlfahrt sein kann. Der Gesetzgeber möge daher seinen guten Ansatz bei der letzten Steuerreform nicht selbst wiederverwässern: Unser aller Gehirnschmalz sollte zur Mehrung des volkswirtschaftlichen Vermögens, nicht aber zur egoistischen Verteilung desselben verwendet werden.
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