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Überraschung auf Zypern

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Auf den ruhigen und sonnigen Wahltag des 8. Dezember mit einer fast hundertprozentigen Wahlbeteiligung folgte zunächst eine schlaflose Nacht. Da auf Zypern die Stimmen nicht in den Wahllokalen ausgezählt, sondern zunächst alle Urnen versiegelt zu Zentralstellen geschafft werden, begann die Auszählung erst gegen Mitternacht und war in manchen Gebieten auch am folgenden Tag noch immer nicht abgeschlossen. Dann lag das Wahlergebnis wenigstens in großen Zügen vor: Die bisher auf Zypern führenden, aber nicht regierenden Kommunisten hatten den Rang der stärksten Partei an die rechts von der Mitte stehende „Demokratische Sammlung“ des früheren Maka-rios-Vertrauten Kliridis abgeben müssen. Zusammen würden beide oppositionelle Großparteien auch im neuen Parlament mit jetzt 56 Sitzen über die absolute Mehrheit verfügen.

Doch obwohl sie gemeinsam rasche Kompromisse mit den Türken zur Lösung der seit 1963 schwelenden und 1974 akut gewordenen Zypernfrage anstreben, können sie wegen der großen ideologischen Distanz von der äußersten Linken zur Rechten und auf Grund ihrer völlig verschiedenen Wirtschafts- und Sozialkonzepte auch jetzt kaum eine regierungsfähige Koalition bilden.

Die kommunistischen Verluste und totale Niederlagen kleinerer Mittelparteien sind der bisherigen Minderheitsregierung von Demokraten und Sozialisten unter Präsident Spyros Kyprianou zugute gekommen, ohnesiejedoch auf eine feste parlamentarische Basis zu stellen.

Auf den ersten Blick sieht es nur weiter so aus, daß die Republik Zypern unregierbar und die Zypernfrage unlösbar geblieben ist.

Darüber macht sich der Mann von der Straße aber kaum Gedanken. Er geht noch ganz in der Freude über die Schlappe auf. Der überraschende Wahlsieg der KP vom Mai 1981 hatte eben ein Trauma hinterlassen, mit dem die in ihren Kaffeehäusern recht gerne umstürzlerisch politisierenden, zu Hause und im Beruf jedoch fast erzkonservativen Zyprioten erst jetzt fertig geworden sind.

Kyprianou, Staats- und Regierungschef von Zypern und zugleich Obmann der alten Makari-os-Partei „Dimokratikon Komma“ (DIKO) wird jetzt den Rücktrittsforderungen seiner Widersacher erst recht nicht nachgeben.

Immerhin hat er sich jetzt wieder die zweitstärkste Parlaments-fraktion, noch vor den Kommunisten, erobert. Andererseits zeigt seine Administration nach achtjähriger Herrschaft Ermüdungsund Abnützungserscheinungen auf allen Gebieten.

Vor allem beim Thema Nummer eins auf Zypern: der gewaltsamen Teilung des Inselstaates durch die türkische Invasion von 1974 und ihre Folgen. Auch die letzten Kontakte der UNO mit Zyperngriechen und -türken in London und Genf haben da nichts weitergebracht.

Kliridis und seine „Demokratische Sammlung“ (DISY) hingegen haben vorläufig alle Trümpfe in der Hand. Mögen sie von ihren Gegnern auch noch so leidenschaftlich als Rechtsradikale oder gar Faschisten beschimpft werden.

Sicher haben in dieser hellenisch-nationalen Sammelpartei, die auf Zypern in jeder Hinsicht durchgreifen und aufräumen will, auch Elemente Unterschlupf gefunden, die zwischen 1967 und 1974 Vertrauensleute oder gar Handlanger der Militärjunta auf dem griechischen Festland und deren Fünfte Kolonne auf Zypern waren. Es wird daher Kliridis und bestimmten seiner Hintermänner bald zu schaffen machen, wenn jetzt die in Athen unter Papandreou regierenden PASOK-So-zialisten das sogenannte „Zypern-Kuvert“ mit den Geheimakten über den Putsch in Nikosia vom 15. Juli 1974 veröffentlichen und im Parlament behandeln werden.

Die blau uniformierte Parteijugend der „Demokratischen Sammlung“ hindert das in Nikosia aber nicht, noch immer den Wahlsieg ihrer „Neuen Rechten“ mit Fahnenschwingen und Hupkonzerten ihrer Motorräder zu feiern. Sind es doch diese fast 40.000 seit 1981 neu hinzugekommenen Jungwähler, die den Rechtsrutsch auf Zypern bewirkt und „ihren“ DISY anstelle der Kommunisten mit der relativen Mehrheit im neuen, am 12. Dezember konstituierten Parlament ausgestattet haben.

Genau der umgekehrte Prozeß hat sich bei den bisher führenden zypriotischen Kommunisten abgespielt: Ihre erklärt moskautreue, schon 1926 gegründete AKEL-KP hatte sich mehr und mehr zu einem mit fast religiöser Inbrunst vertretenen stalinistischen Glaubensbekenntnis in der Organisationsform eines Veteranenvereins entwickelt.

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