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„Überzeugen und nicht überstimmen”

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Die Steiermark ist nicht nur 800Jahre alt. Sie erlebt in diesen Tagen auch eine innenpolitische Zäsur: In beiden Großparteien ergreifen neue Männer die Zügel. In den beiden auf dieser Seite abgedruckten Gesprächen legt der neue Mann der SPÖ - Hans Gross wird am 4. Juli Erster Landeshauptmannstelher-treterund Geschäfts führ ender Parteiobmann - ebenso wie FPÖ-Obmann und Landtags' Fraktionsführer Klaus Turek ein Bekenntnis zum „steirischen Klima” und zur Zusammenarbeit im Lande ab. Beide Politiker wollen mit dem neuen Landeshauptmann Josef Krainer ebenso zusammenarbeiten wie mit seinem Vorgänger Niederl.

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Die Steiermark ist nicht nur 800Jahre alt. Sie erlebt in diesen Tagen auch eine innenpolitische Zäsur: In beiden Großparteien ergreifen neue Männer die Zügel. In den beiden auf dieser Seite abgedruckten Gesprächen legt der neue Mann der SPÖ - Hans Gross wird am 4. Juli Erster Landeshauptmannstelher-treterund Geschäfts führ ender Parteiobmann - ebenso wie FPÖ-Obmann und Landtags' Fraktionsführer Klaus Turek ein Bekenntnis zum „steirischen Klima” und zur Zusammenarbeit im Lande ab. Beide Politiker wollen mit dem neuen Landeshauptmann Josef Krainer ebenso zusammenarbeiten wie mit seinem Vorgänger Niederl.

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FURCHE: Wie stellt sich im Zeichen des Personalwechsels in den beiden Großparteien des Landes diesteiri-sche Landespolitik für Sie als künftigen Spitzenpolitiker dar?

GROSS: Das Hauptproblem ist die Sicherung der Arbeitsplätze in unserem Bundesland. Die Steiermark ist durch einige Faktoren benachteiligt: Randlage, relativ schlechte Infrastruktur, was zum Beispiel den noch immer notwendigen Ausbau der Straßen anbelangt, und das ist sicher auch ein Hindernis beim Versuch, Betriebsansiedlungen im notwendigen Ausmaß durchzuführen. Darüber kann auch die momentane Konjunktur und die Tatsache, daß wir Ende Mai um 2000 Beschäftigte mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres hatten, nicht hinwegtäuschen. Wir hatten 392.000 Beschäftigte und eine Arbeitslosenrate von nur 1,4 Prozent. Aber wir haben gewachsene Strukturen, deretwegen wir etwas Sorge haben, auch in der obersteirischen Region, ob wir das alles so halten können, darum unser Drängen, daß neue Betriebe hierherkommen.

FURCHE: Mit welchen programmatischen Vorstellungen gehen die steirischen Sozialisten in die Zukunft?

GROSS: In die letzte Landtagswahl sind wir mit den Leitlinien der Steiermark gegangen, wir haben nunmehr 21 Arbeitskreise unter dem Titel Alternative 2000, die jetzt beginnen, ihre Ergebnisse auf den Tisch zu legen, das reicht von Wirtschaft und Kultur bis Umweltschutz,, und wir werden dann als Partei entscheiden, wo wir die Schwerpunkte setzen.

FURCHE: Welche Strategien wird die steirische Sozialistische Partei in Anwendung bringen? Ihr Vorgänger blieb mit dem Slogan, daß er Landeshauptmann werden will, erfolglos -werden Sie sich ebenfalls als Anwärter auf den Landeshauptmann profilieren oder aber als Oppositionspolitiker?

GROSS: Eine Opposition wie auf der Bundesebene ist im Lande ja schon allein durch die Landesverfassung nicht gegeben, wo nach Stärke der Parteien ressortmäßig zugeteilt wird. Außerdem ist ja das steirische Klima immer wieder im Gespräch, die gute Zusammenarbeit, und ich muß sagen, wir werden nicht die Konfrontation suchen, aber wir sind der Meinung, daß das steirische Klima keine Einbahnstraße sein kann. Das steirische Klima kann nicht das sein, was der ÖVP nützt, sondern man muß da schon einen gewissen Ausgleich finden.

Die ÖVP hat 30 Mandate, wir haben 23 Mandate, also halte ich den Anspruch auf den Landeshauptmann für irreal. Ich glaube, daß wir uns als Ziel setzen müssen, einfach stärker zu werden, mehr Vertrauen zu gewinnen, und ich habe bei einem der letzten Parteitage gesagt, für mich sind 23 Mandate die Talsohle, es müßte jetzt wieder aufwärtsgehen. Aber der Landeshauptmann liegt nach meiner persönlichen Meinung in der ersten Phase sicher nicht drin. Stärker werden ist absolut drin, glaube ich.

FURCHE: Wo liegen in diesem steirischen Klima die möglichen oder wahrscheinlichen Konfrontationspunkte?

GROSS: Sie können im Wirtschaftsbereich liegen, darin, wie wir mit Förderungsmaßnahmen vorgehen, in welchen Regionen gefördert wird, wir können unter Umständen über die Prioritäten im Straßenbau zu divergierenden Auffassungen kommen, und wir haben vor kurzem im Landtag ein Kulturförderungsgesetz eingebracht, einen Vorschlag der Sozialisten, weil wir der Meinung sind, daß Förderungsmittel auf dem Kultursektor nicht durch ein Mitglied der Landesregierung vergeben werden sollen, sondern um entsprechende Breite zu erzielen, gehören Beirate installiert. Da kann es, wenn schon keine Konfrontation, so doch stark verschiedene Auffassungen geben.

FURCHE: Können Sie die Divergenzen in wirtschaftspolitischen Fragen stärker präzisieren?

GROSS: Für uns steht sicher der obersteirische Industrie-Zentralraum mit im Vordergrund, darum auch unser Drängen, hier die Verkehrsverbindungen rasch und zügig auszubauen. Ansonsten müssen wir vor allem jene Regionen beachten, die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenraten haben, in den Wintermonaten geht das teilweise über zehn Prozent, und das sind vor allem unsere Grenzlandregionen, der ost-steirische Bereich. Hier müssen vor allem die hohen Auspendlerquoten von bis zu 40 und 50 Prozent reduziert werden.

FURCHE: Sie waren früher als Vorkämpfer gewerkschaftlicher Mitsprache in der Wirtschaftspolitik bekannt, wie werden Sie es damit in Ihrer neuen Funktion halten?

GROSS: Ich werde mich sicher nach wie vor stark um diese Dinge kümmern, weil ich die Erhaltung und Sicherung der Arbeitsplätze als das Problem Nummer Eins ansehe.

FURCHE: Welche Vorstellungen haben Sie auf dem Gebiet der Kulturpolitik?

GROSS: Es gibt hier den Steirischen Herbst, ich komme gerade von einer Präsidialsitzung des Steirischen Herbstes, wo wir uns bemühen, daß aus diesem Steirischen Herbst wirklich ein Steirischer Herbst wird und das heißt, kein Grazer Herbst. Daß nicht repräsentative Veranstaltungen fast ausschließlich in Graz stattfinden, sondern auch die übrigen Steirer von diesem avantgardistischen Fest, das wir da durchführen, etwas haben. Wir haben ferner eine breite Kulturpalette initiiert, wir nennen das die Steirische Kulturinitiative. Die ist nun etwas mehr als zehn Jahre alt und mit diesen manchmal wirklich sehr unkonventionellen Aktivitäten auf kulturellem Gebiet kommen wir eigentlich in die entlegensten Gebiete unserer Heimat.

Es gibt hier ein Kuratorium, in dem alle Parteien vertreten sind, ferner Volksbildner, Erwachsenenbildner und anderes mehr, aber initiiert ist diese Kultur-Initiative von uns geworden und wir haben hier schöne Erfolge aufzuweisen.

FURCHE: Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zum demnächst antretenden neuen Landeshauptmann?

GROSS: Wir haben bisher keinerlei persönliche Auseinandersetzungen gehabt, die es nicht ermöglichen würden, daß wir gemeinsam eine gute Politik für die Steirer machen.

FURCHE: Es darf also weiterhin ein Klima eines gewissen Konsensus in der Steiermark erwartet werden?

GROSS: Das könnte erwartet werden und ist von mir aus also absolut gegeben, und ich hoffe, daß auch der neue Landeshauptmann, so wie Niederl, und sein Vater-Vorgänger Krainer, diesen Konsens sucht, und daß es dabei bleibt. Es ist ja so, daß man doch mehr versucht, zu überzeugen, zu diskutieren, und nicht zu überstimmen. Das war bisher stark so gegeben und wir hoffen, daß es ein Ausdruck steirischer Poli tik bleibt.

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