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Um die Mitverantwortung

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Vom 1. bis zum 5. Mai hielt in der Lainzer Konzilsgedächtniskirche die Österreich-Synode ihre zweite Versammlung ab. Besondere Schwerpunkte waren die Problemkreise „Erwachsenenbildung“, „Kirche und Massenmedien“, „Träger christlicher Dienste“ sowie, als Höhepunkt, eine Diskussion über die Frage des Priesterberufes. Der Wiener Oberhirte Dr. Franz Kardinal König hielt zum Abschluß des Synodalen Vorgangs die im folgenden veröffentlichte Ansprache:

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Vom 1. bis zum 5. Mai hielt in der Lainzer Konzilsgedächtniskirche die Österreich-Synode ihre zweite Versammlung ab. Besondere Schwerpunkte waren die Problemkreise „Erwachsenenbildung“, „Kirche und Massenmedien“, „Träger christlicher Dienste“ sowie, als Höhepunkt, eine Diskussion über die Frage des Priesterberufes. Der Wiener Oberhirte Dr. Franz Kardinal König hielt zum Abschluß des Synodalen Vorgangs die im folgenden veröffentlichte Ansprache:

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In den Beratungen der Komimissionen, aber auch bei den Plenarsitzungen, sind Menschen einander näher gekommen, wurden Beziehungen geknüpft, Kontakte hergestellt, die über den Anlaß hinaus weiterwirken. Ich verstehe sehr wohl die leise Wehmut jener, die sich fragen: Soll das alles zu Ende sein, weil die Synodale Versammluntg zu Ende ist? Nein, meine verehrten Freunde, es soll damit nicht zu Ende sein. Menschliche Beziehungen kann man nicht „abschließen“ wie Veranstaltungen, Menschen kann man nicht abschalten wie man einen Lautsprecher abschaltet; solche Verbindungen wirken weiter, sie sollen weiterwirken, sie werden auch weiterwirken. *

Wir sind einander hier sachlich und menschlich nähergekommen. Wir haben offen miteinander diskutiert. Man hat dabei keinen Unterschied zwischen Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laien verspürt. Nähergekommen sind einander vor allem auch die Diözesen. Es gab keinen diözesanen Separatismus. Auch in diesem Sinne war die Synode ein wertvoller Schritt auf dem Weg zur engen Zusammenarbeit der Diözesen der Kirche in Österreich.

Unsere „Synode“ — wie wir kurz sagen — ist keine Dauerinstitution. Das haben wir gewußt und eine Dauerinstitution wollten wir auch nicht schaffen. Ich weiß nicht, wann die nächste synodale Zusammenarbeit in dieser Art in Österreich wieder stattfinden wird. Vielleicht in zehn oder zwanzig Jahren. Ich werde ihr dann nicht mehr vorstehen und viele von uns werden nicht mehr daran teilnehmen. Eine andere Generation wird sich mit anderen, vielleicht mit ähnlichen oder gleichen Problemen wie wir hier, zu befassen haben. Aber ich verstehe sehr wohl, daß Sie, verehrte Synodalen,die Sie heute die österreichischen Diözesen und damit die Kirche in Österreich vertreten, auch die Verantwortung dafür spüren, was aus dem wird, was unsere synodale Arbeit beschlossen hat. Das Verdienst dieses Vorganges sehe ich einerseits in der Bestandaufnahme vieler Fragen, die die Katholiken in Österreich beschäftigen oder beunruhigen. Zum anderen werden Vorschläge zur Weiterarbeit angeboten, gleichsam ein Programm der katholischen Kirche von Österreich. Die eindeutigen Abstimmungsergebnisse zeigen die Einmütigkeit dieser Versammlung, die uns Bischöfen Auftrag und Verpflichtung ist, und die Stellen, an die appelliert wird, vom Ernst der aufgezeigten Anliegen überzeugen sollte.

Im Namen der Bischöfe darf ich Ihnen die Versicherung geben, daß der österreichische Episkopat diese Willensäußerungen, wie sie in den synodalen Beschlüssen zum Ausdruck kamen, sehr ernst nehmen wird und daß er sich — im vollen Bewußtsein seiner letzten Verantwortung — über diese Beschlüsse nicht leicht hinwegsetzen wird. „Unsere „Österreich-Synode“ ist keine Nationalsyinode im rechtlichen Sinne. Sie wissen, daß die Beschlüsse dieser „Synode“ die Bischöfe nicht im streng juristischen Sinne binden. Aber ich darf Ihnen versichern, daß wir uns an das Ergebnis dieser Beratungen moralisch gebunden fühlen, solange wir nicht in unserem Gewissen einen besseren Rat wissen. Im Falle einer abweichenden Entscheidung werden wir dies auch begründen. Die österreichischen Bischöfe werden die Anregungen der Synode, die zu erfüllen nicht in ihrer Kompetenz liegt, immer mit dem Hinweis, daß diese Voten von diesen synodalen Gremien kommen, nach Rom weiterleiten.

'k“Ätier ich möchte Sie bei dieser Gelegenheit um eines bitten: Erwarten Sie nicht alles von den Bischöfen. Auch wir sind nur Menschen, allzusehr der Gefahr ausgesetzt, daß man uns überfordert. Erwarten Sie auch nicht alles von den Gremien — auch sie sind allzuleicht zu überfordern. Die Abschiebung der Verantwortung auf die Bischöfe oder auf die Gremien kann nur zu (leicht zu einem Alibi werden für eine Flucht vor der eigenen Verantwortung. Letztlich kommt es immer auf den Menschen an, wie weit er bereit ist, Verantwortung zu tragen, wie weit er fähig ist, durch sein Leben und Verhalten als Christ Zeugnis zu geben — Zeugnis seinen Mitmenschen gegenüber, Zeugnis von seiner Kirche, aus deren Glauben er lebt — wie die Kirche ja auch von seinem Glauben lebt. Es nützen uns keine synodalen Arbeiten, keine bischöfliche Autorität und keine gremialen Zuständigkeiten, wenn nicht ein verpflichtender Glaube dahintersteht. Durch Resolutionen und Institutionen werden wir die Welt nicht überzeugen, sondern durch einen Glauben, der im Beispiel der Gottes- und Nächstenliebe sichtbar wird. Alles, was wir tun, ist nie ein Abchluß, sondern auch ein Anfang. Wir wissen, mit Reden und mit Beschlüssen allein ist nichts getan. Alles, was hier geredet wurde, bleibt tote Materie, wenn die Menschen es nicht verwirklichen. Diese Menschen immer wieder daran zu erinnern, das heißt: uns alle immer selbst aufs Neue daran zu erinnern — auch die Bischöfe, auch die Gremien — darum bitte ich nicht zuletzt heute sagen: Unsere synodale Arbeit ist kein Ende, sie ist ein Anfang. Verfolgen Sie mit Interesse das weitere Geschehen. Natürlich gilt das nicht zuletzt für jeden von uns. Wo immer Sie tätig sind und wie immer Sie tätig sind, in der Kirche und in der Welt, in der Pfarre und im Beruf, Sie alle, wir alle sind mitverantwortlich für das, was weiter geschieht.

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