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Umsatteln auf Einfachraketen

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Die Kontroverse hat sich bisher um die Aufstellung von Mittelstreckenraketen in Europa gedreht. Aber selbst ein — nach den deutschen Wahlen wahrscheinlich gewordener — Erfolg in diesen Verhandlungen wird zur Stabilität der US-sowjetischen Nuklearbeziehung nur einen Beitrag am Rande liefern. Wir sind in einer Falle der Grundkonzeption gefangen. Zu lange sind Verhandlungen über Rüstungsbeschränkung und Strategiefragen auf getrennten, zunehmend miteinander unvereinbaren Gleisen geführt worden.

Durch noch so weitreichende Reduktionen von Trägersystemen kann das Problem nicht gelöst werden. Angesichts des Mißverhältnisses zwischen Sprengköpfen und Trägersystemen sind Reduktionen entweder unerheblich für einen Überraschungsangriff oder sie erhöhen diese perverserweise sogar. Bei den gegenwärtigen Waffen hieße dies: Je größer die Reduktionen, um so kleiner die Zahl der Ziele für einen Erstschlag und damit um so größer dessen Berechenbarkeit. •

Nach SALT II würden etwa 5000 sowjetische landgestützte Sprengköpfe auf 1054 amerikanische Trägersysteme gezielt — ein Verhältnis von weniger als 5:1. Der Eureka- Vorschlag (Präsident Reagans vom 9. Mai 1982) würde die erlaubten Sprengköpfe auf 2500 auf höchstens 400 Trägersystemen reduzieren.

Selbst bei technischer Machbarkeit einer solchen Verteilung von Sprengköpfen (die Sowjets müßten ihre gesamte strategische Streit macht ummodeln), entstünde dadurch für die Erstschlagseite ein Vorteil bei Sprengköpfen von mehr als 6:1

Es gibt keine wirksame oder intellektuell entsprechende Lösung für dieses Problem als den Versuch, Mehrfachsprengköpfe innerhalb einer bestimmten Zeit, etwa zehn Jahren, zu eliminieren.

Glücklicherweise kann die Technologie, die das Problem schafft, auch eine Lösung anbieten. Entsprechend publizierter Literatur kann eine bewegliche Rakete entwik- kelt werden, die in einem schwer armierten Kanister geschützt werden kann. Schon ihre Mobilität würde die Aufgabe des Angreifers erschweren. Außerdem könnte — und sollte — die neue Rakete nur mit einem einzigen Sprengkopf ausgerüstet sein. Mit strategischen Streitkräften solchen Zuschnitts wäre die Festsetzung numerischer Obergrenzen einfach und viel sinnvoller als unter SALT II oder START.

Wenn wir uns einmal zu einer solchen Politik entschlossen hätten, sollten wir sie bei den Verhandlungen über ein Rüstungsbeschränkungsabkommen verfolgen oder auch einseitig zu einem Teil unserer Verteidigungspolitik machen.

Wir könnten zum Beispiel vorschlagen, die strategischen Arsenale beider Seiten innerhalb von zehn Jahren auf eine möglichst niedrige Zahl von Raketen mit Einfachsprengköpfen zu senken … Ein solcher Kurs setzt ein sowjetisches Einverständnis (aber) nicht voraus und kann unabhängig von der sowjetischen Reaktion verfolgt werden.

Nach: TIME 12/1983

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