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Umwelt sanieren!

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Unser Sozialprodukt pro Kopf ist heute viermal so hoch wie es vor zwei Generationen war. Auch wenn es in den nächsten Jahren nur noch schwach weiter steigen wird, so ist (in den entwickelten Ländern) auch das Bevölkerungswachstum zum Stillstand gekommen, sodaß sich das Sozial-

Produkt pro Kopf weiter erhöhen wird. (Nur nebenbei bemerkt: Gleichbleibende Bevölkerung bedeutet auch, daß aggressive Lebensraum-Politik keinen Nährboden mehr finden wird.)

Steigendes Sozialprodukt pro Kopf heißt jedoch, daß alle Sorgen um Finanzierung unserer Pensionen und des Gesundheitssektors, sowie um das Durchfüttern unserer Arbeitslosen, eigentlich nur Scheinprobleme sind -der Kuchen wird ja da sein. Wir werden ihn nur partiell anders zu verteilen haben als heute.

Eigentlich bleiben nur zwei Probleme, die unser Leben morgen bedrohen: die Möglichkeit einer politischen und die einer ökologischen Katastrophe.

Zur politischen Katastrophe: Der Ost-West-Konflikt wird in dem Maße in den Hintergrund treten, in dem sich der Nord-Süd-Konflikt verschärfen wird. Mit anderen Worten: Die beiden Supermächte wären heute, zum erstenmal in der Geschichte, über eine Verlangsamung ihres Wettrüstens ehrlich froh. Die eigentliche Gefahr von morgen stellt jeder Minidiktator eines Entwicklungslandes dar, der im Besitze von Atombomben sein wird und in einer verzweifelten wirtschaftlichen und politischen Lage die „Flucht nach außen“ antritt.

Wie werden wir reagieren, wenn er ankündigt, er werde je eine im Pentagon, im Kreml und am Ballhausplatz eingeschmuggelte Me-gabombe fernzünden lassen, wenn nicht alle seine Forderungen unverzüglich erfüllt werden?

In gewisser Hinsicht ist die Möglichkeit der ökologischen Katastrophe noch viel gefährlicher; die politische Katastrophe verhält sich zur ökologischen wie Autounfall zu Krebs. Das Waldsterben ist ein Symptom, dessen Bedeutung vielen von uns noch nicht ausreichend klar geworden ist. Wenn nicht in absehbarer Zeit entschlossene, rigorose, weltweite Maßnahmen gesetzt werden, ist es durchaus möglich, daß das Sterben der Ozeane, das Sterben der Wälder, die Auflösung der Ozonschicht, die Ausdehnung der Wüstengebiete, die Entwaldung und Versteppung unaufhaltsam werden. „Die Menschheit wird nicht mit lautem Knall zugrundegehen, sondern mit leisem Wimmern“ (Buckminster Füller).

Aber das ist nicht alles. Der Mensch „lebt nicht vom Brot allein“. Diese Generation ist die erste, die den biblischen Fluch, „in deinem Schweiße sollst du dein Brot erwerben“, nicht mehr zu spüren bekommt. Und was machen wir aus dieser Gnade?

Ist es nicht paradox, daß wir immer nur dann an den „lieben Gott“ denken, wenn es uns schlecht geht? Gerade jetzt, wo es uns gut geht, wo wir mit viel größerer Leichtigkeit das eine oder andere Opfer bringen können, die eine oder andere Weichenstellung vornehmen könnten, müßten uns das Um-denken und Um-handeln leichter fallen, müßten wir uns Zeit für die Frage nehmen können, wozu wir eigentlich da sind, welche Verantwortung uns auf dieser Erde obliegt: die Verantwortung, unseren Garten Eden „zu bebauen und zu bewahren“. (1. Mose 2,15)

Der Autor ist Professor für Statistik an der Universität Wien.

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