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Unbequem, aber erfolgreich

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Museumsobjekte auch für Kinder und Jugendliche verständlich und interessant zu machen, ist eine der Aufgaben der Museumspädagogik. Ein Beitrag in FURCHE 28/1992 stellte dies anhand des Kunst- bzw. Naturhistorischen Museums und der Gemäldegalerie im Oberen Belvedere dar. Ergänzend dazu der Bericht eines Mitarbeiters des Museums Industrielle Arbeitswelt in Steyr.

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Museumsobjekte auch für Kinder und Jugendliche verständlich und interessant zu machen, ist eine der Aufgaben der Museumspädagogik. Ein Beitrag in FURCHE 28/1992 stellte dies anhand des Kunst- bzw. Naturhistorischen Museums und der Gemäldegalerie im Oberen Belvedere dar. Ergänzend dazu der Bericht eines Mitarbeiters des Museums Industrielle Arbeitswelt in Steyr.

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Am 12. April 1991 wurde die Ausstellung „ZEIT-GERECHT. 100 Jahre katholische Soziallehre" im Museum Industrielle Arbeitswelt in Steyr eröffnet. Die pädagogische Abteilung des Hauses erstellte ein Vermittlungskonzept, das eine möglichst intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten der Soziallehre ermöglichen sollte. Unter anderem wurde eine Arbeitsmappe für Schüler mit dem Titel „Aufbrüche. Katholische Soziallehre und politische Bildung" produziert, die das Unterrichtsministerium in einer Auflage von 2.000 Stück ankaufte. In diesem Jahr kam noch ein neuer Schwerpunkt hinzu: „500 Jahre Amerika, Entdeckung-Zerstörung-Widerstand". Auch zu diesem Thema gab das Museum eine Broschüre für Schulen (und sonstigen Interessenten) heraus und entwickelten spezielle Vermittlungsformen.

Insgesamt wurden über 500 Schul-

klassen aller Schultypen museumspädagogisch betreut. An die 15.000 Schüler haben sich also in dieser Zeit großteils sehr engagiert mit den Hauptthemen der Soziallehre-Arbeit, soziale Gerechtigkeit, Frieden, Umwelt -beschäftigt. Dabei wurde das Prinzip der Selbständigkeit der Schüler stark betont. Nicht frontale Belehrung im Rahmen konventioneller Führungen, sondern Arbeit in Kleirtgruppen zu selbstgewählten Schwerpunktthemen und kreative Umsetzung (Plakate, Rollenspiele) sowie möglichst offene, mitunter sehr emotionell geführte Diskussionen bildeten den Schwerpunkt der Vermittlungsarbeit.

Von der Jugend akzeptiert

Obwohl die Ausstellung noch bis Weihnachten 1992 läuft, ist es schon möglich, wesentliche Erkenntnisse aus der bisherigen Arbeit mit den Schülern zu ziehen. Gleich vorweg: Die Ergebnisse der jüngsten Studien über die Einstellung der Jugend zur Institution Kirche können aufgrund dieser Erfahrungen nur bestätigt werden. Und es wäre gerade den Verantwortlichen in der kirchlichen Hierarchie dringend anzuraten, die Stimme der Jugend ernstzunehmen. Autorität ist wahrhaft „out"- wohlgemerkt nur Autorität, die unkritischen Gehorsam verlangt und glaubt, mit der Verkündigung von starren Glaubenssätzen wäre es getan. Oft und oft stand am Beginn Skepsis, ja Ablehnung der Schüler, und so gut wie immer hat

sich im weiteren Verlauf herausgestellt, daß diese negative Einstellung sich nicht auf die Soziallehre bezog, sondern mit bestimmten Entwicklungen innerhalb der Kirche zu tun hatte. Aussagen der Soziallehre werden zumindest akzeptiert, häufig aber ausdrücklich gutzuheißen.

Soll sich die Kirche im Umweltbereich engagieren? Eh klar! Ist es eine Hauptaufgabe der Kirche, sich für sozial und gesellschaftlich Benachteiligte, für Arme, Arbeitslose, Obdachlose, Ausländer, Flüchtlinge einzusetzen? Natürlich! Muß die Kirche ihre Stimme gegen Unrecht, Unterdrückung, Gewalt und Krieg erheben? Selbstverständlich - nur bitte noch viel lauter! Dies sind einige typische Antworten von Schülern auf grundsätzliche Fragen, die in der Ausstellung gestellt werden. Und die Position der meisten Jugendlichen angesichts innerkirchlicher Auseinandersetzungen ließe sich trefflich so ausdrücken: Wenn Bischof Kräutler linkslastig ist, dann war auch ein gewisser Jesus ein Linker. Den Mu-seumspädgagogen hat die Ausstellung und die Vermittlungsarbeit in ihr einiges abverlangt. Aber die Arbeit hat uns auch sehr viel Freude und positive Erlebnisse gebracht. Vor allem eine wichtige Erkenntnis: Glaubwürdigkeit läßt sich nicht verordnen -nur verdienen, auch und gerade in der Kirche.

Der Autor ist Museumspädagoge im Museum Industrielle Arbeitswelt in Steyr

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