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Unerfüllte Hoffnungen

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Die Hoffnungen Boris Jelzins, mit seinen Machenschaften um Parlament und Verfassung solange zu jonglieren, bis eine Art Demokratie herauskommt, haben sich nicht erfüllt. Momentan scheint die Lage in Rußland gegenüber der Vorseptember-Situation insofern schlimmer zu sein, als sich die Antide-mokraten, die Nationalisten und Kommunisten darauf berufen können, legal gewählt worden zu sein. Die Interpretationsmöglichkeiten fürs jetzige Wahlergebnis sind eingeschränkt.

Was ist in Rußland geschehen, daß so etwas passieren konnte? Aber haben wir alle nicht zu sehr den Blick und die Hoffnung auf Zar Jelzin gerichtet und alles übersehen, was sich schon seit den ersten Liberalisierungsschüben unter Gorbatschow an russisch wiedergeburtlicher Stimmung Ausdruck verliehen hat?

Die Modelle, die Jelzin und seine Anhänger mit unterschiedlichsten Abstufungen - Außenminister Kosyrew beispielsweise steuerte in jüngster Zeit einen immer drastischeren nationalistischen Kurs - als Formen der Demokratie verkauften, waren alle vom Schnittmuster „Die Demokratie bin ich” bestimmt. Da konnten eben große Teile des russischen Wahlvolkes nicht mehr mit. Das wirtschaftliche Versagen der „Demokraten” trieb viele Bussen in die Arme der alten Garde: ob diese nun großrussisch-chauvinistisch wie Schirinowski oder altkommunistisch-he-gemonial wie Sjuganow auftritt. Die Nationalisten und Kommunisten haben klare Feindbilder. Und Feindbilder haben immer Saison, wenn Besitzstände gefährdet sind.

Nein, Bußland ist mit dieser Wahl noch nicht aus dem Schatten der Vergangenheit herausgetreten. Aus dem Weg der Demokratisierung ist ein abschüssiges Weglein geworden. Wie wird Jelzin jetzt seine präsidialen Vollmachten nutzen, die ihm mit knapper Mehrheit, aber doch klar zugesprochen wurden? Wird das neue Parlament, die Staatsduma und den Föderationsrat, das gleiche Schicksal ereilen, wie den -Volkskongreß? Die für Rußlands. Image als Wirtschaftspartner so notwendige Rechtssicherheit und seine Berechenbarkeit als weltpolitische Größe wurde am vergangenen Sonntag weit verfehlt.

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