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Ungeist Kahanes überall

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Israel hat faschistoiden Umtrieben zu seinen „Gunsten“ eine klare Absage erteilt. Der Araberhaß brennt - wenige Tage vor der Wahl, zehn Monate nach Ausbruch der Intifada - wie nie zuvor. Die Parteien (FURCHE 38/1988) sind von diesem Virus angesteckt.

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Israel hat faschistoiden Umtrieben zu seinen „Gunsten“ eine klare Absage erteilt. Der Araberhaß brennt - wenige Tage vor der Wahl, zehn Monate nach Ausbruch der Intifada - wie nie zuvor. Die Parteien (FURCHE 38/1988) sind von diesem Virus angesteckt.

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Vorige Woche hat das Oberste Gericht in Jerusalem beschlossen, Meir Kahanes faschistoide Kach-Partei nicht zu den Parlamentswahlen am 1. November zuzulassen. Fast alle Parteien Israels, inklusive des rechtskonservativen Likud und der rechts außen stehenden Partei Tchia (Auferstehung) sowie alle links vom Likud angesiedelten Parteien hatten innerhalb der zentralen Wahlkommission das Verbot von Kach gefordert.

Die Begründung war, daß Kahanes Partei rassistischen und undemokratischen Charakter habe und offen gegen die Minderheit

(israelische Araber, die hier volle Gleichberechtigung genießen) im Judenstaat hetzen würde sowie die demokratischen Grundfesten des Staates erschüttern könnte.

Die einzigen, die gegen diesen Beschluß stimmten, waren Kahanes Vertreter in der Wahlkommission und zwei weitere Miniparteien, die den „Arabertransfer“ befürworten.

Kahane protestierte mit der Bemerkung, daß er nur ausdrücke, was andere den Arabern nicht ins Gesicht zu sagen wagten. Er, Kahane, würde Israel im Geist der Bibel und ihrer Gesetze führen. Eines dieser von Kahane wiederentdeckten Gesetze ist übrigens das der Blutrache („Aug um Aug“), das er gegen Araber anwenden will.

Schon im Juli 1987 beschloß der israelische Rundfunkrat, Reportagen und Nachrichten über Kahanes politische Aktivitäten einzustellen. Damals bekam Kahane nach einer Berufung vor dem Obersten Gericht recht: Der Rundfunk mußte weiter über die Kach-Partei berichten.

„Die Ansichten von Kach und Knessetmitglied Kahane erwek-ken bei mir nur Abscheu, doch bestehe ich auf ihrem Recht, gehört zu werden, solange dies die öffentliche Ordnung nicht beeinträchtigt“, schrieb damals Oberrichter Aharon Barak in seiner Urteilsbegründung.

Bei den Parlamentswahlen 1984 konnte Kahane mit Hilfe von rund 27.000 Wählern einen Knessetsitz erringen. Diesmal — so die Prognose — hätte er mindestens drei Abgeordnete ins Parlament gebracht, wäre seine Partei zu den Wahlen zugelassen worden. Das Erstarken Kahanes ist dem palästinensischen Volksaufstand, der Intifada, zuzuschreiben, der zu einer Radikalisierung nach rechts geführt hat.

Kahane-Anhänger findet man heute in den jüdischen Neusiedlungen in den besetzten Gebieten sowie bei sozialen Aussteigern aller Art, bei ehemaligen Gefängnisinsassen, Hilfsarbeitern, sozial Zurückgesetzten, aber auch bei Sadisten aller Art, die ihre Perversitäten nun in sogenannte Tugenden verwandeln können.

So war es Kahane, der moralisch jene jüdische Untergrundbewegung unterstützte, die den Felsendom und die Omarmoschee in Jerusalem in die Luft sprengen wollte, um an ihrer Stelle den dritten Tempel zu bauen. Das Zeichen von Kahanes Kach-Partei ist die erhobene Faust.

Der 58jährige Meir Kahane wurde in Fiatbush bei New York geboren, als militanter Jude erzo-gen^der in jedem- NichtJuden einen potentiellen Feind sieht. 1947 machte er erstmals Schlagzeilen, als er den ehemaligen britischen Außenminister Ernest Bevin mit Tomaten bewarf, als dieser sich auf dem Weg zum UNO-Palast befand.

Bei seinen Anwaltsprüfungen durchgefallen, wurde er von seinem Vater nach Absolvierung eines Talmudstudiums und nach entsprechenden Prüfungen zum Rabbiner ernannt. Er fand in den Staaten jedoch kaum Anklang.

Deswegen verdingte er sich als CIA-Agent und gründete eine Jugendorganisation, um den Vietnamkrieg populär zu machen. Nach dem Sechstagekrieg war er Initiator der Jüdischen Liga zur Selbstverteidigung, die sich sehr schnell als eine halbfaschistische Organisation entpuppte.

Anfang der siebziger Jahre ging er nach Israel, versuchte sich zuerst als amerikanischer Journalist für jüdische inländische Zeitungen und gründete danach seine Partei, für die er finanzielle Unterstützung aus den USA erhielt. Seit 1973 versuchte er, in die Knesset gewählt zu werden, was ihm erst 1984 gelang.

Obwohl die Kach-Partei zu den Wahlen kommende Woche nicht zugelassen wurde, ist die Saat des Kahanismus in einem bisher nicht gekannten Araberhaß aufgegangen. Die Arbeiterpartei, die mindestens drei arabische Kandidaten an aussichtsreicher Stelle auf ihre Liste plazieren wollte, hat jetzt nur eine Kandidatin an fast aussichtslose Stelle gerückt.

Der Likud hat überhaupt auf Minderheiten, Araber und Drusen, verzichtet. Nur die links außen stehenden Parteien haben Araber an wählbare Stelle gesetzt.

Mehr noch: Die Arbeiterpartei warnt jetzt dauernd vor der „demographischen Gefahr der Araber“. Der Likud macht ganz offen Angstpropaganda, und die noch weiter rechts stehenden Gruppen fordern entweder offen oder angedeutet den „Transfer“ der arabischen Minderheit in die arabischen Länder. Denn nach Kahane wurde das Heilige Land den Juden und nicht den Arabern versprochen. Der Geist Kahanes weht überall.

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