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Unionskonzil in Sicht ?

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Mit einer Reihe bemerkenswerter Aussagen präsentierte sich dieser Tage der neuernannte Präfekt der Römischen Glaubenskongregation, der scheidende Erzbischof von München und Freising, Joseph Kardinal Ratzinger, der Öffentlichkeit. Der ehemalige Konzilsberater und frühere Professor für Dogmatik an der Universität Regensburg, mit dessen Berufung nach Rom seit einiger Zeit gerechnet wurde, nahm in abendlicher Journalistenrunde zu fast allen aktuellen Fragen des kirchlichen Lebens Stellung: Friedensbewegung und Kirche, geschichtlicher Rang der Dogmen, Lehrbeanstandungen (Küng, Schillebeeckx usw.), Familienplanung in der Dritten Welt, Ortskirchen, neue Theologien. Zwei Themenkreise betrafen direkt Ratzingers neue Aufgabe: die ökumenische Bewegung und die Verfahren der Kongregation für die Glaubenslehre.

Hie wie dort darf man neue Impulse erwarten. In der Diskussion mit der Orthodoxie sieht Kardinal Ratzinger die sachlichen Barrieren überwunden, ja er wagt — nach seinen Worten — zu hoffen, .daß noch vor der Jahrtausendwende ein Unionskonzil stattfinden könnte, wenn es gelingt, die noch bestehenden irrationalen, weil ausschließlich emotionellen Hemmnisse zu überwinden. Nicht weniger erfolgreich ließe sich der Dialog mit den Protestanten gestalten, seit beide Seiten der Verteidigung gemeinsamer Grundwerte — etwa der Ehe — heute weit größere Bedeutung beimessen als der Auseinandersetzung über Trennendes.

Unter Reformaspekten betrachtet Kardinal Ratzinger auch seine neue Position. Die Neuordnung des Verfahrens vor der Kongregation soll beschleunigt, die Berufung ausländischer Gelehrter in die „Consulta“, den „Beirat“, verstärkt werden. Er selbst will nach dem Grundsatz der Billigkeit des Rechts und der Menschlichkeit des Urteils entscheiden.

Zahlreiche, der Kongregation ungerechtfertigt „denunzierte“ Fälle werden schon heute im Sinne der Betroffenen Verhandelt, den Worten des Papstes gemäß, die er während seines Besuches in Altötting über die Freiheit der Theologie geäußert hat. Die Grenze sei aber dort gezogen, wo das gemeinsame Leben im Glauben bedroht und die Einheit der Kirche gefährdet wird. Er verstehe sich gewissermaßen, so Ratzinger, als Wachhund des Papstes, der zuerst warnt und dann „den Richtigen“ beißt.

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