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Unpopulär, aber nötig

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FURCHE: Wir haben kürzlich einen in der Öffentlichkeit erhobenen Vor­wurf aufgegriffen, es sei geplant, die vom Finanzminister versprochene A kit­on zur Bereitstellung begünstigter Inve­stitionskredite durch Ingangsetzen der Notenpresse, also inflationsanheizend, zu finanzieren. Stimmt das?

KOREN: Jede Notenbank muß in einer Wachstumswirtschaft das Volu­men.. der Zentralbankgeldversorgung ausweiten. Sehr primitiv formuliert, könnte man das Notendrücken nen­nen. Wirtschaftlich problematisch wird eine solche Vorgangsweise nur, wenn die Geldschöpfung der Noten­bank über das notwendige Ausmaß hinausgeht (oder dahinter zurück­bleibt).

FURCHE: Was ist das notwendige Ausmaß? .

KOREN: Zu berücksichtigen sind das Ausmaß des Wirtschaftswachs­tums, Umfang und Art der Produkti­onskapazitäten, die Höhe der Inflati­onsrate, kurzum die Beurteilung der Frage, ob die Zielgröße expansiv oder restriktiv wirkt. Geldschöpfung ist al­so nicht ein an sich schädlicher Vor­gang, sondern eine Frage des Ausma­ßes. Hier kann die österreichische No­tenbank guten Gewissens jeden Vor­wurf zurückweisen, "šie habe in den letzten Jahren eine expansive Geldpo­litik betrieben. Im Gegenteil: Die No­tenbankpolitik hat zur Dämpfung der Inflation beigetragen!

FURCHE: Sind Sie mit Art und Ausmaß der Inßationsbekämpfung in Österreich in den letzten Jahren zufrie­den?

KOREN: Natürlich gehört Öster­reich, international gesehen, immer noch zu den Ländern mit relativ stabi­lem Geldwert. Aber die Hauptlast der Inflationsbekämpfung lag bei der Ein­kommens- und bei der Währungspoli­tik. Der Beitrag der Fiskalpolitik ist eher ausgeblieben.

FURCHE: Größer gesagt: Die Ge­werkschaften und die Notenbank haben das Ihre getan, der Finanzminister nicht?

KOREN: Der Finanzminister müß­te endlich einmal die Folgen der ex­pansiven Budgetpolitik der Jahre 1974 und 1975 unter Kontrolle brin­gen. Je. länger die Budgetprobleme nicht gelöst werden, um so schwieri­ger wird eine Lösung. Die wiederhol­ten Versuche, die Lücken auf der Aus­gabenseite von der Einnahmenseite her, also über Steuererhöhungen, zu schließen, haben die erhofften Wir­kungen nicht erbracht. Für das näch­ste Jahr steht eher eine wesentliche Verschärfung als eine Milderung der Budgetproblematik bevor.

FURCHE: Könnte das Beispiel der Bundesrepublik Deutschland auch für Österreich eine Orientierungshilfe sein?

KOREN: Wenn man an die Stelle von DM Schilling setzt, ist die Situati­on nahezu ident. Dort aber hat man sich zu sehr tiefgreifenden Einspa­rungsmaßnahmen durchgerafft, ohne die es in einer Zeit geringeren Wachs­tums und der in alle Budgets einge­bauten Ausgabendynamik nicht geht.

FURCHE: SPÖ-Wirtschaftsspre- cher Veselsky hat kürzlich davor ge­warnt, zwischen Wechselkursen und dem Budgetdefizit eine Verbindung herzustellen, weil jede Erwähnung des delikaten Währungsthemas gefährlich sei.

KOREN: Budgetdefizite sind noch viel gefährlicher.

FURCHE: Sind die Beziehungen zwischen Nationalbank und Finanzmi­nister seit dem Wechsel von Hannes Androsch zu Herbert Solcher besser oder schlechter geworden oder gleich geblieben?

KOREN: Dazu kann ich lediglich sagen, daß sie unverändert loyal sind - bei wachsenden Problemen.

FURCHE: Koren einmal als Sphinx statt als Kassandra... Aber konkret: Wie hoch dürfte Ihrer Meinung nach das Budgetdefizit 1982 maximal sein?

KOREN: Wenn wir heuer eines in der Nähe von 55 Milliarden Schillig zu erwarten haben, dann wäre im näch­sten Jahr ein Abgang zwischen 65 und 70 Milliarden ein Quantensprung ei­ner neuen Dimension, der größte Fi­nanzierungsprobleme auslösen müßte.

FURCHE: Apropos Finanzierung - auch Sozialisten (etwa Egon Matzner) sagen heute, an den Pleiten von Klima­technik und Eumig sei die unverant­wortliche Kreditgewährungspolitik des früheren Länderbankvorstandes mit­verantwortlich, und die Berufung dieses Vorstandes habe der damalige Finanz­minister Androsch politisch zu verant­worten.

KOREN: An einem parteipoliti­schen Hickhack beteilige ich mich nicht. Daß in beiden Fällen mit unüb­lichen Maßstäben gemessen wurde, steht außer Frage.

FURCHE: Allgemeiner ausge­drückt: Selbst Bankdirektoren geben heute zu, daß zwar beim Kreditansu­chen eines einzelnen oder kleiner Fir­men umfangreiche Bonitätsuntersu­chungen angestellt wurden, Großkredi­te an Großfirmen aber oft unglaublich lax und quasi schon auf den Verdacht hin, prominente Regierungsmitglieder könnten dafür sein, erteilt worden sei­en.

KOREN: Die Ereignisse der letzten drei, vier Jahre haben zweifellos allge­mein zu einem Überdenken der Kre­ditvergabepolitik im Kreditapparat geführt und damit auch Diskussionen über eine Verbesserung der gesetzli­chen Vorschriften und der Banken­aufsicht ausgelöst.

FURCHE: Welche wirtschaftspoli- ische Alternative empfiehlt der lang­jährige Finanzminister und Finanzspre­cher der ÖVP seiner Partei heute?

KOREN: Die Erarbeitung realisti­scher Gegenpositionen zur sozialisti­schen Politik, die aber ihrer Natur nach nicht sehr populär sein können. Aber die Amerikaner unter einer kon­servativen Regierung und die Deut­schen unter einer linken trauen sich auch...

Mit dem Präsidenten der Österreichischen Nationalbank sprach Hubert Feichtlbauer.

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