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Unser Leben auf Erden

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Jäger und Sammler oder sogar Kleinbauern der Subsistenzwirt-schaft sind Menschen, deren Einwirkungen auf unseren Planeten rein biologischer Art sind; sie verzehren nur Pflanzenmaterial und Fleisch, deren chemische Bestandteile wieder in den Boden zurückgeführt werden.

Selbst die Ritter des Mittelalters waren noch weitgehend „biologische Kreaturen“, obwohl ihr ökologischer Einfluß durch den Bedarf ihrer Tiere an Weideland erheblich vergrößert wurde.

Der „technologische Mensch“ kann dagegen nicht mit rein biologischen Begriffen definiert werden. Er verbraucht Kohle, öl, Uran, Eisen und Aluminium als Teil seines Stoffwechsels. Er „veratmet“ Schwefeldioxid und Stickoxide aus den Schornsteinen seiner Kraftwerke ein und aus. Die Schwermetalle, die am Straßenrand oder im Schlamm am Grund der Flüsse abgelagert werden, gehören zu seinen Ausscheidungen. Der Schaufelradbagger, der sich in die Kohlenflöze des rheinischen Braunkohlenreviers frißt, ist gewissermaßen ein Arm

des „verstärkten Menschen“. Das Flugzeug, das ein Weizenfeld in East Anglia überfliegt und dabei Pestizide versprüht, ist Teil seiner ökologischen Auswirkungen.

Der Mensch verzehrt heute nicht nur Nahrungsmittel, er „verzehrt“ auch Land: Jedes Gramm Boden, das von einem kahlen Hang gespült wird, gehört zu unserem Konsum Jeder Hektar Wald oder Weideland, der in Wüste verwandelt wird, ist ein integrierender Bestandteil des menschlichen Stoffwechsels.

Man schätzt, daß gegenwärtig auf der ganzen Erde pro Jahr 75 Milliarden Tonnen Mutterboden durch Wasser- und Winderosion verlorengehen. Allein von den Berghängen in Nepal wird Jahr für Jahr eine Viertelmillion Tonnen Boden abgetragen.

Heute ist unter dem Streß der industrialisierten und technisierten Landwirtschaft ein Drittel der weltweiten Landwirtschaftsfläche — rund 50 Millionen Hektar — wegen der Bodenerosion von einem deutlichen Rückgang der langfristigen Ertragsfähigkeit betroffen.

Die „Verstärkung des Menschen.“ wurde zu einem gewaltigen Preis auf Kosten der Umwelt erkauft. Und trotzdem leiden mehr Menschen unter Hunger und Elend als je zuvor. Wir werden diesen Zustand nur ändern können, wenn wir bereit sind, die Ressourcen unseres Planeten mit allen Menschen, mit zukünftigen Generationen und anderen Lebewesen der Erde gerecht zu teilen. Die reichen Länder dürfen nicht länger so tun, als wäre ein Ausverkauf der globalen Ressourcen im Gange.

Um auf diesem Planeten, dem einzigen, der uns zur Verfügung steht, zu überleben, müssen wir lernen, was wir zu tun haben, um ihn bewohnbar zu erhalten. Ein solches Verständnis entwickelt sich allmählich in den Köpfen vieler Menschen, die der Jagd nach dem materiellen Fortschritt müde sind, jener Jagd, die in den letzten Jahrzehnten unser Handeln bestimmt hat.

Auszug aus: FERN VOM GARTEN EDEN. Von John Seymour und Herbert Girardet. Kluger Verlag. Frankfurt 1985. 208 Seiten,

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