7009956-1988_04_05.jpg
Digital In Arbeit

Unser Schilling in guten Händen

19451960198020002020

Am 26. Jänner ist Stephan Koren -68 Jahre alt - gestorben, kurz vor dem zehnten Jahrestag seiner Bestellung zum Präsidenten der Oesterreichischen Nationalbank am 1. Februar. In diesem Dezennium seit 1978 hat er der Hartwährungspolitik seinen Stempel aufgedrückt. Der Schilling war bei ihm in besten Händen.

19451960198020002020

Am 26. Jänner ist Stephan Koren -68 Jahre alt - gestorben, kurz vor dem zehnten Jahrestag seiner Bestellung zum Präsidenten der Oesterreichischen Nationalbank am 1. Februar. In diesem Dezennium seit 1978 hat er der Hartwährungspolitik seinen Stempel aufgedrückt. Der Schilling war bei ihm in besten Händen.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Amtszeit als Präsident der Oesterreichischen Nationalbank sollte um weitere fünf Jahre verlängert werden. Doch der Tod Professor Stephan Korens hat diese Pläne zunichte gemacht.

Das abgelaufene Dezennium, in dem er der österreichischen Währungspolitik seinen Stempel aufdrückte, war gekennzeichnet von einer Weiterentwicklung und Verfestigung des Konzepts der sogenannten „Hartwährungspolitik“. Eine Politik, die nach langen Jahren des Unverständnisses und der Ablehnung von vielen bisherigen Kritikern zunehmend akzeptiert wird.

Aus heutiger Sicht kann man sogar sagen, daß es eines der Hauptverdienste der österreichischen Währungspolitik der letzten zwei Jahrzehnte war, den Unfug der flexiblen Wechselkurse, die gerade in letzter Zeit wieder so viel Unruhe und Schwierigkeiten gebracht haben, nicht mitgemacht zu haben. Vielmehr setzte in Österreich schon bald nach dem Zusammenbruch des Bret-ton-Woods-Systems der festen Wechselkurse (1971) die Suche nach fixen Bezugspunkten für unsere Wechselkurspolitik ein.

Zur Erinnerung: Durch das sogenannte Bretton-Woods-System wurden seit unmittelbar nach dem Krieg die Wechselkurse zwischen den einzelnen Währungen der westlichen Industrieländer festgeschrieben. Genauer gesagt, diese sollten nur bei gravierenden wirtschaftspolitischen Schwierigkeiten eines Landes fallweise verändert werden können.

Dieses System konnte, wie erwähnt, 1971 nicht mehr aufrechterhalten werden —weniger wegen inhärenter Schwächen, sondern eher aus weltpolitischen Gründen. (Zum Beispiel wegen der hohen Kosten des Vietnam-Krieges, die den Dollar-Kurs nicht mehr verteidigbar machten.)

In der Folge wurde auf weltwirtschaftlicher Ebene zu einem System flexibler oder variabler Wechselkurse übergegangen; ein Rezept, das von der damals rasch an Einfluß gewinnenden moneta-ristischen Schule der Nationalökonomie angepriesen wurde. Demnach sollten sich die Wechselkurse zwischen den einzelnen Währungen frei und jederzeit ohne Begrenzung nach oben und unten entwickeln können.

Auch dieses Konzept hat sich letztlich als Flop und als schädlich erwiesen, weil es ein hohes Maß an Unsicherheiten in die Handelsbeziehungen brachte und der Spekulation Tür und Tor öffnete.

Österreich ging diesen Weg nicht mit, sondern versuchte weiterhin, im Bereich der Wechselkurse stabile Beziehungen aufrechtzuerhalten. Einerseits, um den Importeuren und Exporteuren einigermaßen feste Kalkulationsgrundlagen zu geben. Andererseits, um nicht durch dauernde Verschiebungen bei den Importpreisen auch das inländische Preisniveau in Unruhe zu versetzen.

Nach einigen Jahren der Suche stellte sich etwa ab Mitte der siebziger Jahre heraus, daß diesen Zielen mit einer möglichst engen Bindung an die Deutsche Mark am besten gedient ist. Aus diesem Land kommen die meisten der österreichischen Importe, das heißt, ein stabiler Wechselkurs bringt die geringste Unruhe in das inländische Preisniveau. Zweitens legte die Bundesrepublik ihrerseits großen Wert auf niedrige Inflationsraten und stabile Preise, sodaß von dieser Seite sozusagen „Stabilität importiert“ wird.

Hartwährungspolitik heißt dieses Konzept deshalb, weil es eben auf stabile Preise und damit Erhaltung der Kaufkraft der Währung (nichts anderes bedeutet der Begriff „harte Währung“) das Schwergewicht legt. Die OeNB glaubt, durch eine solche Politik am besten ihrem gesetzlichen Auftrag, nämlich der Aufrechterhaitung der Stabilität des Schillings im Inneren wie nach außen (in Relation zu anderen wertbeständigen Währungen), gerecht werden zu können.

Die Hartwährungspolitik geht aber über diese eher wechselkurstechnischen Überlegungen weit hinaus. Sie ist eingebettet in die Strategien des sogenannten Austro-Keynesianismus (FURCHE 53/1987). So braucht diese Politik vor allem auch eine Absicherung im Bereich der Lohn-und Einkommenspolitik, da ja Erfolge bei der Preisstabilisierung via Wechselkurspolitik nicht etwa durch überzogene Lohnerhöhungen und damit starken inländischen Kostendruck zunichte gemacht werden sollen. Diese Verbindung fällt umso leichter, als den Gewerkschaften mit Hinweis auf den von der Importseite gedämpften Preisauftrieb auch prozentuell gesehen niedrigere Lohnsteigerungen abverlangt werden können.

So wären noch viele Querverbindungen und Nebenfragen im Zusammenhang mit der Hartwährungspolitik zu besprechen. In letzter Zeit ist vor allem der Gesichtspunkt der Erwartungsstabilisierung bei den Unternehmen als weiterer wichtiger und positiver Aspekt dieser Politik in den Vordergrund gerückt. Damit ist folgendes gemeint: durch relativ feste Kalkulationsgrundlagen und vorhersehbare Lohnsteigerungen können Unternehmen besser planen. Dadurch ist es wiederum möglich, die Nachfrage der Unternehmen nach Investitionsgütern zu stabilisieren.

Leidtragende einer solchen Politik scheinen auf den ersten Blick nur die Exporteure zu sein, da ihre ausländischen Abnehmer (mit Ausnahme derjenigen aus der Bundesrepublik) für die zu bezahlenden Schilling tendenziell steigende Beträge in ihren eigenen Währungen aufwenden müssen und österreichische Güter daher unter Umständen teurer werden als die Produkte anderer Länder. Aber auch die Exportwirtschaft erkennt zunehmend, daß dieser Nachteil durch die auf der anderen Seite über den hohen Wechselkurs relativ billig importierten Vorprodukte (zum Beispiel Energie) und die vorhin beschriebenen zurückhaltenden Lohnforderungen zumindest wieder kompensiert wird.

Stephan Koren jedenfalls hat wiederholt und unmißverständlich erklärt, daß er an dieser Politik, die hier in kurzen Strichen skizziert wurde, auch in den nächsten fünf Jahren hätte festhalten wollen - ein Vermächtnis für seinen Nachfolger. Denn zu Korens Hartwährungskurs gibt es keine wirklich brauchbare Alternative - selbst bei einer Annäherung an die EG.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung