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Unter der Lupe

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Anstatt „Haarspaltereien" bezeichnet Julian Schütting seine neue Glossensammlung „der Winter im Anzug" als „Sprachspaltereien". Sie haben „zum Gegenstand die Sprache, im weitesten und im engsten Sinn", und „die aus dem wirklichen Sprachleben gegriffenen Beispiele" deuten Bedeutungsnuancen und entdecken Doppelbödigkeit sowie Hintergedanken, die der gedankenlosen Phrase spotten.

Der Buchtitel geht auf einen Studentenwitz zurück, über den wir im Gymnasium vor 70 Jahren lachten. Es ist aber ernst gemeint, wenn scheinbar harmlos „christliche Preise" beim Wort genommen werden mit der Frage, „wie sind denn etwa jüdische Preise?" Das sprachliche Relikt aus wenig toleranten Zeiten, unter die Lupe genommen, demonstriert unversehens ein gruppenpsychologisches Phänomen: jede Gruppe neigt dazu, die andere nicht nur als anders, sondern als minderwertig zu taxieren. Und weil ihm vor der Kirche einfallt, daß Gründonnerstag ist, „trete ich für ein paar Minuten hinein" - denn ,„in die Kirche einzutreten' ist Sache derer, die katholisch werden wollen", und so geht das lehrreich weiter, mit Hinweisen, daß mancher Sprachgebrauch ein Sprachmißbrauch geworden ist.

DER WINTER IM ANZUG. Von Julian Schütting. Styria Verlag, GrazAVien/Köln 1993.155 Seiten, öS 198,-.

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