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Unternehmer-Ideologie?

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Die Bundestagung der „Jungen Wirtschaft", die am vergangenen Wochenende in Wien abgehalten wurde, erhielt durch die Teilnahme prominenter Politiker besonderes Gewicht: Bundespräsident Kirch schläger fand in seiner Eröffnungsansprache sehr staatstragende Worte für die rund 900 anwesenden Jung- untemehmer aus ganz Österreich. Handelsminister Staribacher und ÖVP-Klubobmann Koren machten durch ihre Beiträge in einer Forumsdiskussion Schlagzeilen.

Die „Junge Wirtschaft" bezeichnet sich selbst als überparteiliche Arbeitsgemeinschaft und besteht seit einigen Jahren innerhalb der Handelskammerorganisation in allen Bundesländern mit Ausnahme Niederösterreichs. Dort hingegen — und da wird die Sache doch parteipolitisch — besteht zwar eine Gruppe des Namens „Junge Wirtschaft", die ist aber eine Unterorganisation des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Alle Versuche, auch in diesem Bundesland eine Arbeitsgemeinschaft nach dem Schema der anderen acht Länder daraus zu machen, sind bisher im Sande verlaufen.

Und hier setzen natürlich die Kombinationen ein, wie sehr es in dieser überparteilichen Arbeitsgemeinschaft vielleicht doch eine parteipolitische Ausrichtung gibt. Andere denken wieder an den vom ÖVP-Wirtschaftsbund betriebenen „Management-Club, dessen Mitglieder keineswegs immer der ÖVP angehören. Die Funktionäre der „Jungen Wirtschaft“ sind ausdrücklich darauf bedacht, zu betonen, daß ihre Arbeitsgemeinschaft streng überparteilich ist. Freilich wird gleich dazu gesagt, daß es natürlich jedem Mitglied frei steht, privat an eine politische Gruppierung Anschluß zu suchen. In der Praxis ist es so, daß der Großteil der Mitglieder dem ÖVP- Wirtschaftsbund nahesteht oder dort sogar Funktionen bekleidet, wie etwa der akademisch gebildete Wiener Friseur Richard Schmitz, der im Bildungsreferat der ÖVP-Unternehmer in der Falkestraße sitzt.

Ebenso gibt es innerhalb der Jungen Wirtschaft Leute, die sich zum

Freien Wirtschaftsverband der SPÖ bekennen, wenn dies auch insgesamt recht wenige sind. Der Vergleich der politischen Ausrichtung der „Jungen Wirtschaft“ mit den Verhältnissen in der gesamten Handelskammerorganisation dürfte etwa zutreffen: da wie dort sind es weit mehr als zwei Drittel, die sich — mit oder ohne Mitgliedsnummer — dem ÖVP- Wirtschaftsbund zugehörig fühlen.

Die Philosophie des „Management- Clubs" des Wirtschaftsbundes geht dahin, nicht nur Unternehmer, sondern auch leitende Angestellte, Führungskräfte aus den Betrieben, in den Bannkreis der parteizugehörigen Unternehmer zu ziehen. Kein Mensch würde bei einem Meeting des „Management-Clubs“ auf die Idee kommen, einen Teilnehmer mit einer Beitrittserklärung zum Wirtschaftsbund zu molestieren. Es geht vielmehr darum, denjenigen, die es nicht über sich bringen, einer Partei beizutreten, ständig das Gedankengut der ÖVP zu vermitteln.

Ein nicht unähnliches Ziel dürfte die Handelskammerorganisation verfolgen, wenn sie sich die Unterstützung der „Jungen Wirtschaft" so angelegen sein läßt. Hier geht es freilich nicht um parteipolitische Ziele,

sondern darum, junge und der Institution fernstehende Unternehmer in ein vernünftiges Verhältnis zur

Kammer zu bringen. Und die Exponenten der „Jungen Wirtschaft“ haben es vielfach auch schon selbst erkannt, daß sie es sein sollen, die die Verjüngung und Blutauffrischung des Funktionärskaders vorantreiben. Schon nach der nächsten Handelskammerwahl im April 1975 wird da und dort ein neuer, aus der „Jungen Wirtschaft“ kommender Funktionär sitzen.

So verfolgte die Kammerführung daher die Vorarbeiten für die Bundestagung größtenteils wohlwollend. Das Thema lautete: „Junge Unternehmer formen ihre Zukunft“ und das war auch der Titel des gesellschaftspolitischen Konzeptes und der Zukunftsvorstellungen der Jungun- temehmer. In den Mittelpunkt stellen sie den „unternehmerischen Menschen“, den sie allerdings nicht nur im Kreise der Unternehmer selbst, sondern auch der Mitarbeiter finden wollen. Anders ausgedrückt, ist dies ein schrankenloses Bekenntnis zum Leistungsdenken in allen Bereichen. Der „unternehmerische Mensch“, wie er im Konzept umschrieben ist, strebt das Wohl der anderen an und scheut das Risiko nicht. Er ist neuen Ideen aufgeschlossen und bereit, Verantwortung zu tragen, er entwickelt seine innovatorischen Fähigkeiten ständig weiter. Er ist Träger des (sozialen) Fortschritts.

Auch ein neues Verhältnis zwischen Unternehmer und Mitarbeiter wird in dem Konzept angestrebt. Wie es heißt, soll der Mitarbeiter die Wahlmöglichkeit zwischen der Stellung eines „Lohnabhängigen“ und der eines Mituntemehmers haben, der in der Wirtschaft die Basis jener verbreitert, die demokratisch mitentscheiden. Diese Basis soll möglichst breit sein, auch wenn dadurch eine gesellschaftliche Entwicklung eingeleitet wird, deren Auswirkungen noch gar nicht übersehbar sind, schreiben die Autoren des Papiers wörtlich.

Die „Junge Wirtschaft“ umfaßt derzeit in ganz Österreich rund

25.000 Personen. Freilich ist davon nur ein kleiner Teil als „Kerntruppe“ anzusehen. Die vehemente Diskussion des Konzeptes und die Tätigkeit von acht Arbeitskreisen während der Bundestagung hat den Eindruck vermittelt, daß die jungen Unternehmer (Durchschnittsalter unter 30) an einer geistigen, Wirtschafts- und gesellschaftspolitischen „Aufrüstung“ interessiert sind. Und dies trifft nicht etwa nur für die Vertreter von Großoder Mittelbetrieben zu, sondern es gilt auch für den Handwerker, den Gewerbetreibenden, den Händler.

In den Reihen von Unternehmern wird häufig resignierend festgestellt, man werde wohl kaum einmal zu einer einheitlichen Politik kommen, weil die Interessen der selbständig Erwerbstätigen kaum oder gar nicht aufeinander abgestimmt werden können. Die „Junge Wirtschaft“ hat, wie es auf Grund der Lektüre ihres Konzeptes scheint, den „Alten“ gezeigt daß es doch geht.

fenfoar nicht gefragt. Warum sollte sie dann an der Basis nicht auch Mangelware sein? Die Wiener Auto- ‘fahrer verdienen Kritik— vor allem aber wäre nachzudenken, wie der Individualverkehr flüssiger gestaltet werden könmte. Ihm alle Verantwortung für das Chaos anzulasten und sich selber, wie es in Wien so schön heißt, „abzuputzen“ — das ist kein Konzept.

Vor allem keines, das den Verantwortlichen für einen wichtigen Sektor des Wiener Verkehrs Ehre macht.

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