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Unternehmerische Menschen - mündige Bürger

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Unser Wirtschafts- und Sozialsystem ist seit einiger Zeit in Unordnung geraten: Symptome, wie zu geringe Wachstumsraten, zu hohe Arbeitslosigkeit, ein exorbitantes Budgetdefizit des Bundes, ein Sozialversicherungswesen, das die Grenzen seiner Finanzierbarkeit erreicht hat, weisen darauf hin. Die Problemlösungskapazität des Staates ist offensichtlich überfordert. Die Regierung schiebt diese Probleme ungelöst vor sich her, viele staatseigene Betriebe können nur mit ständigen Milliardenzuschüssen aus Steuergeldern über Wasser gehalten werden, Mammutprojekte kämpfen entweder mit der Korruption oder mit ihrer Unüber-schaubarkeit.

Man sollte sich also nach Problemlosem umsehen und dabei auch über die Landesgrenzen hinausblicken. Im Westen wie im Osten könnte man registrieren, daß man anderwärts den Problemloser im unternehmerischen Menschen sieht, in der Privatinitiative, die man in den USA uneingeschränkt fördert und sogar in Ländern wie Ungarn oder China nach und nach, zaghaft, aber doch, zuläßt.

Wie steht es aber in Österreich mit dem unternehmerischen Menschen, mit den Unternehmern, mit den Freiberuflern, mit dem mittleren und höheren Management in den Betrieben, mit allen jenen, die selbständig disponieren und arbeiten wollen und die sich nicht in allem und jedem auf die helfende (und immer auch nehmende) Hand des Staates verlassen wollen?

Sie sollen offenbar - und das in 15 Jahren sozialistischer Regierung in einer wenig erfreulichen Kontinuität - für ihre „fürwitzige” Eigenständigkeit, für ihren Fleiß, für ihren Einsatz bestraft werden. Denn der Staat bürdet ihnen immer neue und höhere Lasten auf, er nimmt ihnen den größeren Teil des von ihnen Erarbeiteten in Form von Lohn- und Einkommensteuer, Mehrwertsteuer etc., wieder ab, er erweitert das Netz der Sozialleistungen auf Kosten der privaten Arbeitgeber, und er will letztlich deren Entscheidungsfreiheit in den Betrieben immer stärker einengen. Aktuellstes Indiz für die zuletzt dargelegte Behauptung ist die vom Sozialminister angestrebte Novelle zum Arbeitsverfassungsgesetz, die in letzter Konsequenz auf die Entmündigung des Unternehmers abzielt.

All das hemmt und beschneidet aber die Privatinitiative, denn wer soll mehr arbeiten, wenn ihm der Ertrag wieder genommen wird, wer soll Arbeitsplätze schaffen, wenn ihm eine enorme Zusatzbelastung in Form von Abfertigungszahlungen droht, wer soll einen Betrieb gründen, in dem er angesichts der Macht von Betriebsrat und Gewerkschaft ohnehin nichts zu reden hat, wer soll investieren, wenn er dafür noch die vom Sozialminister angestrebte Maschinensteuer zahlen soll, wer soll selbst für die Wechselfälle des Lebens Vorsorgen, wenn er sieht, wie so manche Sozialakrobaten auf Kosten des Staates ein arbeitsloses, aber dennoch angenehmes Leben führen?

Wenn wir heute eine sozialistische Regierungspolitik kritisieren, die eindeutig gegen Privatinitiative und Eigenvorsorge gerichtet ist, dann dürfen wir dabei nicht vergessen, daß wir bereits 15 Jahre sozialistischer Regierungen in Österreich hinter uns haben und daß damit - ob wir es wahrhaben wollen, oder nicht -auch ein Erziehungsprozeß verbunden war, der viel Negatives und viele Gefahren für die weitere Entwicklung beinhaltet. Wenn die Bevölkerung einmal daran gewöhnt wurde, sich in allem und jedem auf die Fürsorge des Staates zu verlassen und wenn jede unternehmerische Initiative erschwert wird, dann darf man sich auch nicht über eine Mentalitätsänderung wundern, die den unternehmerischen Menschen immer seltener werden läßt. Gerade ihn brauchen wir heute aber, wir brauchen Menschen, die sich eine eigene Existenz aufbauen, die Arbeitsplätze für andere schaffen, die für sich selbst Vorsorgen, anstatt den Staat zu überfordern.

Deshalb ist eine spürbare steuerliche Entlastung ein Gebot der Stunde, denn die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen. Nur so wird es auch gelingen, die notwendige Anzahl von Arbeitsplätzen zu schaffen. Die Sozialleistungen müssen überdacht und auf ihre Angemessenheit überprüft werden. Dort, wo die Schraube bereits überdreht worden ist, muß sie wieder gelockert werden. Diese Forderung sei nur an einem Beispiel illustriert: war es wirklich zeitgemäß, die Arbeiterabfertigung, die den Betrieben neue Belastungen bringt und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt, einzuführen, anstatt die Frage zu stellen, ob generell die Abfertigung für den Pensionsfall eine heute noch gerechtfertigte Sozialleistung ist?

Vor allem aber wird der Staat für junge Menschen stärkere Anreize schaffen müssen, sich selbständig zu machen, er wird Signale setzen müssen, daß Eigeninitiative erwünscht ist, daß der Staat nur dort eingreifen will und eingreifen soll, wo die Privatinitiative allein ein Problem nicht bewältigen kann. Die Gebietskörperschaften müssen wieder dazu übergehen, die Führung von Betrieben grundsätzlich dem Bürger zu überlassen und nur dort aktiv zu werden, wo die Privatinitiative nicht ausreicht. Deshalb sollte die öffentliche Hand sich nach Möglichkeit von eigenen Betrieben, damit aber auch von Machtpositionen trennen. Nicht zuletzt wird dies zur Folge haben, daß wir die öffentliche Hand auch weniger in unseren Taschen spüren werden.

Freilich setzen solche Änderungen in unserer Gesellschaft voraus, daß sich die Staatsdiener im echten Sinn des Wortes wieder als solche fühlen, daß Machtstreben zugunsten des wirklichen Dienstes an der Gemeinschaft, und zwar am mündigen Bürger, zurückgedrängt wird. Die Erfolge von Namenslisten, Bürgerlisten und grünen Gruppierungen sollten auch in dieser Richtung zu denken geben - vielleicht ist der Bürger einer Überversorgung durch den Staat müde geworden, die zwangsläufig auch mit einer Bevormundung einhergeht. Weniger Staat, mehr Privatinitiative, das ist ein Weg, den sich jedenfalls die Unternehmer dringend wünschen.

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