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Unverlierbarer Bestandteil unseres Bildungprogramms“

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1964 wollte man „ein Spezifikum“ aufbauen (Gründungsrektor Fröhler). Die Geschichte der Universität Linz, die kürzlich ihren zehnjährigen Bestand feierte, zeigt sich nun als ein „verschlungener Pfad, der erstaunlicherweise doch zum Ziel geführt hat, wie Rektor Paul nun feststellte.

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1964 wollte man „ein Spezifikum“ aufbauen (Gründungsrektor Fröhler). Die Geschichte der Universität Linz, die kürzlich ihren zehnjährigen Bestand feierte, zeigt sich nun als ein „verschlungener Pfad, der erstaunlicherweise doch zum Ziel geführt hat, wie Rektor Paul nun feststellte.

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Der eigentliche Startschuß wurde 1962 gegeben. Das Hochschulorgani-sationsgesetz wurde geändert, der Linzer Hochschulfonds errichtet. 1966 verabschiedete das Parlament das Gesetz über sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Studienrichtungen. Im Oktober 1966 war es dann soweit: Die Errichtung der Hochschule war der glanzvolle Ausdruck des Erreichten. Bereits ein Jahr vorher wählten die ersten vier Linzer Hochschulpro-fessoren (Fröhler, Strasser, Bodzenta, Kolbinger) den Gründungsrektor. Haupttätigkeit dieser vier Herren war die Gewinnung weiterer Wissenschaftler für die in Gründung befindliche Hochschule. Es dauerte ein volles Jahr bis zur nächsten Ernennung eines Ordinarius. Das Risiko, an eine neue Hochschule zu gehen, schien zunächst vielen zu groß. Im Laufe der nächsten Jahre benützten allerdings 14 Professoren die Linzer Neugründung als „Sprungbrett“; acht gingen nach Wien, sechs in die BRD. Am Eröffnungstag standen den 543 Studenten aus Rechtswissenschaft, Soziologie, Sozialwirtschaft, Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft zwölf Professoren mit 20 Assistenten gegenüber.

Das Raumkonzept der Hochschule — ursprünglich auf 400 Studenten berechnet — stimmte bereits im ersten Semester nicht mehr. Heute studieren rund 400 Hörer an der Linzer Universität. Zu den ersten Studienrichtungen kamen Wirtschaftspädagogik, Wirtschaff^statisük, Technische Physik, das Lehramt Mathe-matik/Pftysik. dl* Technische Mathematik, Informatik, die Rechentechnik sowie der Studienversuch Betriebs- und Verwaltungsinformatik. 55 Professoren, rund 150 Assistenten lehren an der Universität, die nun eine rechtswissenschaftliche, eine sozial- und wirtschaftswissenschaftliche sowie eine technisch-naturwissenschaftliche Fakultät besitzt.

Obgleich Österreichs zweit jüngste Universität, hat Linz bereits „traditionelle“ Sorgen. Die Nettonutzfläche pro Student mit 5,8 Quadratmeter ist die drittniedrigste unter den österreichischen Universitäten. Eine wesentliche Entschärfung wird die Fertigstellung des „TNF-Turms“, eines zehnstöckigen Institutsgebäudes, 1977 bringen. Ein Bibliotheksgebäude sowie ein Gebäude für nichtexperimentelle Institute der Technisch-naturwissenschaftlichen Fakultät stehen auf dem Wunschzettel.

Auch neue Fakultäten sind im Gespräch. Sofern keine finanziellen oder räumlichen Beschränkungen entstehen, steht die Universität dem Wunsche der Diözese Linz positiv gegenüber, ihre Philosophisch-theologische Hochschule als Katholischtheologische Fakultät in die Universität einzugliedern. Die Idee einer Medizinischen Fakultät, die der oberösterreichische Landtag bereits vor mehr als 80 Jahren intensiv verfochten hat, ist vor einigen Jahren wieder formuliert worden, aber „wohl nicht sehr vorangekommen“, wie Rektor Paul meint.

Die Gründung der Hochschule war zunächst eine Absage an die Universität konventioneller Prägung. Die Einbeziehung einer Technisch-naturwissenschaftlichen Fakultät sollte nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa neuartig sein. Linz sollte eine völlig neuartige Zusammenfassung von altüberkommenen und neuen Fakultäten darstellen.

Wenn auch die Linzer Hochschule keine Universität neuen Typs wurde, so war doch einiges in Linz neu: Die Organisation der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studien in Österreich hat zweifellos durch die Linzer Gründung einen wesentlichen Anstoß erhalten. Neu war, daß bei der Errichtung einer Hochschule Stadt und Land gemeinsam im Hochschulfonds die Verantwortung und Initiative übernahmen. Neu war auch die Verflechtung von Technischem mit den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Diese Konzeption der engen Verflechtung ist nicht leicht in die Praxis umzusetzen. Als positives Beispiel verweist hier Rektor Paul auf den interfakultären Studienversuch für Betriebs- und Verwaltungsinformatik und auf das demnächst startende neue Studium „Wirtschaftsingenieurwesen- — Technische Chemie“.

Dem regionalen Aspekt einer Hoch-schulneugründung ist die Linzer Hochschule zweifellos nachgekommen. 1966 stammten 12 Prozent der Studierenden aus Oberösterreich, acht Jahre später betrug der Prozentsatz der oberösterreichischen Erstinskribierenden bereits 16 Prozent. Mit Vorliebe bleiben die Absolventen der Linzer Uni — es waren bisher 1356 — in Oberösterreich (72 Prozent).

Schlechter ist es mit der Integration der Hochschule in die Stadt Linz bestellt. „Ich halte gerade die Stadt Linz für besonders geeignet, weil sie über eine kulturelle, soziale und industrielle Struktur verfügt, die die Eingliederung und Entfaltung einer Hochschule in diesem Raum besonders begünstigt“, meinte optimistisch 1964 Unterrichtsminister Piffl-Perce-viv. Doch heute kämpft die Hochschule noch immer damit, in das Bewußtsein der Linzer Bevölkerung einzudringen. Tage der offenen Tür und populärwissenschaftliche Vorträge brachten nur Teilerfolge. Mit nahezu 600 Neuinskribenten des heurigen Wintersemesters erreicht die Hochschule einen neuen Höchststand an Studenten, führt aber weiter am Rande von Linz ihr eigenes Leben.

„Schon die Zeitspanne von zehn Jahren läßt das Urteil zu, daß die Universität Linz zu einem unveräußerlichen und unverlierbaren Bestandteil des österreichischen Bildungsprogramms geworden ist“, betonte Bundespräsident Kirchschläger bei den Feierlichkeiten in Linz, wo Rektor Paul betonte: „Ich glaube, daß hier in Linz neue und zukunftsweisende Wege auf dem Gebiet der Lehre beschritten wurden, daß wissenschaftliche Forschung auf sehr verschiedenen Gebieten mit hohem Niveau gepflegt wird, und daß die Universität auf dem besten Wege ist, ein Kristallisationskeim des Geistigen im Räume Oberösterreichs zu werden.“

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