6938021-1983_16_07.jpg
Digital In Arbeit

US-Bischöfe fur Alternativstrategie

19451960198020002020

Ein Friedens-Hirtenbrief der US-Bischöfe hat in seiner Vorbereitungszeit, viel Staub aufgewirbelt. Nun liegt der dritte Entwurf vor, dessen Kernaussagen hier zusammengefaßt vorgestellt werden.

19451960198020002020

Ein Friedens-Hirtenbrief der US-Bischöfe hat in seiner Vorbereitungszeit, viel Staub aufgewirbelt. Nun liegt der dritte Entwurf vor, dessen Kernaussagen hier zusammengefaßt vorgestellt werden.

Werbung
Werbung
Werbung

Der Inhalt dieses dritten Entwurfes wird der am 2. und 3. Mai in Chikago tagenden Vollversammlung der amerikanischen Bischofskonferenz zur endgültigen Beschlußfassung vorliegen. Er enthält sehr viel von dem bereits in den vorhergehenden Fassungen enthaltenen Material über die Verurteilung verschiedener Aspekte der amerikanischen Abschreckungsstrategie.

Entsprechend den zum zweiten Entwurf eingelangten Stellungnahmen und Kritiken wurden aber verschiedene Kapitel ausgeweitet beziehungsweise überarbeitet, wodurch ein wesentlich längeres, 178 Seiten umfassendes Dokument entstanden ist. Federführend bei der Erstellung dieses Friedens-Hirtenbriefes war Kardinal Joseph Bernardin von Chikago.

Wie schon der zweite Entwurf, der ja von den amerikanischen Bischöfen mit großer Mehrheit grundsätzlich gebilligt worden war, geht auch der überarbeitete Entwurf in seinen Aussagen von Krieg und Frieden von einer religiösen Perspektive aus und mündet in Empfehlungen für die pastorale Bewältigung der Herausforderung, der die Kirche in dieser Frage gegenübersteht.

Im Vergleich zum zweiten Entwurf ergeben sich in folgenden Punkten wesentliche Unterschiede: Während ursprünglich die Forderung der „Freeze“-Bewe-

gung nach einem Einfrieren der nuklearen Potentiale auf dem gegenwärtigen Stand auch von den Bischöfen vertreten wurde, ist die Forderung im neuen Entwurf jetzt nur mehr eine diesbezügliche „Beschränkung“.

An die NATO wird appelliert, ihre Strategie der „Flexiblen Reaktion“ (Flexible Response), in deren Rahmen sich die NATO den Erstgebrauch von Atomwaffen im Fall einer drohenden Niederlage vorbehält, rasch durch eine entsprechende nicht-nukleare Alternative zu ersetzen. Dabei wird eiper Stärkung konventioneller Kräfte zur Vermeidung des Ersteinsatzes von Atomwaffen das Wort geredet.

Das Vorbereitungskomitee hebt in der dritten Fassung hervor, daß unter Berücksichtigung der Wertung von Papst Johannes Paul II. und der eigenen Erkenntnisse nur eine „sehr stark eingeschränkte moralische Annehmbarkeit der Abschreckung möglich ist. Wir können dieses jedoch auf lange Sicht nicht als angemessene Grundlage für den Frieden betrachten“, heißt es in dem Hirtenbrief weiter.

In dem erweiterten Abschnitt über die amerikanisch-sowjetischen Beziehungen heißt es, eine vernünftige und erfolgreiche Diplomatie Washingtons setze voraus, daß man die „Falle einer Form des Antisowjetismus vermeidet, in der die entscheidende Gefahr eines Gegensatzes beider Supermächte nicht erfaßt wird, unter dem beide Seiten einander vernichten könnten … “. Die Aufgabe heiße Rüstungskontrolle, wobei man „kalkulierbare Risiken zur Überwindung der Schwierigkeiten bei Verhandlungen einzugehen hat“.

Neu ist, daß im dritten Entwurf „die Verantwortlichkeit der Ver einigten Staaten gegenüber den Ländern der Atlantischen Allianz (NATO)“ anerkannt wird. So heißt es in dem Entwurf des Hirtenbriefes wörtlich: „Die Vereinigten Staaten hatten bisher und haben weiterhin die Verantwortung inne, die verbündeten Nationen sowohl vor einem konventionellen wie auch vor einem nuklearen Angriff zu schützen?

Abgerückt wird in der neuesten Fassung des Hirtenbriefes außerdem von der einseitigen Verurteilung amerikanischer Rüstungsanstrengungen; auch die Forderung nach einseitigen Abrüstungsvorleistungen des Westens wurde fallengelassen.

Ausdrücklich begrüßt wird, daß die neue Richtung der Abschreckungsstrategie der USA nukleare Angriffe ausschließt, die einzig und allein auf die Vernichtung der Zivilbevölkerung ausgerichtet sind. Doch diese neue Richtung der Abschreckungspolitik werde allein dadurch noch nicht moralisch vertretbar, denn viele militärische Ziele lägen gerade inmitten dichtbevölkerter Gebiete.

Im Gegensatz zum zweiten Entwurf vermerkt der dritte an zahlreichen Stellen auch die Rüstungsanstrengungen der Sowjetunion, in denen eine wesentliche Ursache für das Wettrüsten zu finden sei. Es wird hervorgehoben, daß die in dem Dokument enthaltenen moralischen Prinzipien eigentlich von allen Nationen anerkannt werden müßten.

In dem Dokument wird das Recht und die Pflicht eines jeden Staates hervorgehoben, sich gegen einen ungerechten Angriff zu verteidigen. Angriffskriege in jedweder Form werden von den Bischöfen jedoch grundsätzlich verurteilt. Auch die Form der Verteidigung unterliegt nach Ansicht der Autoren des Entwurfs moralischen Kriterien.

Die Auslösung eines Atomkrieges — auf welcher Ebene immer — wird als „nicht zu rechtfertigen“ bezeichnet. In diesem Zusammenhang wird an alle Atommächte die Aufforderung gerichtet, • sich zu verpflichten, keinen atomaren Erstschlag zu führen.

Die Bischöfe wenden sich auch gegen eine Strategie eines „begrenzten nuklearen Schlages“.

Das zentrale Ziel müsse eine friedvollere Welt sein. Zur Erreichung dieses Zieles bedürfe es jedoch nicht nur der Bemühung um eine Rüstungskontrolle und um die Erhaltung des Friedens, sondern auch der „Deckung der Bedürfnisse der Ärmsten der Welt“.

Als wichtige Elemente des Friedens erachten die Bischöfe auch Gebet und Buße. Als eine mögliche Art der Buße schlagen sie die Rückkehr zum freitäglichen Fasten in Form eines „Fastens für den Frieden“ vor.

(Nach „Kathpress“)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung