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Vatikan zu Gast in St. Gabriel

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Gäbe es über das erste Europäische Bischofstreffen, das der Päpstliche Rat Tür die Laien vergangene Woche in St. Gabriel bei Wien durchführte, nichts anderes auszusagen, als daß es stattgefunden hat - allein dies wäre bemerkenswert.

Es war immerhin zum ersten Mal, daß Bischöfe und Laien aus allen Teilen Europas auf Einladung eines römischen Dikasteriums zu einer Begegnung über Fragen des Laienapostolats zusammenkamen; es war das erste Mal, daß Österreich Schauplatz einer offiziellen Veranstaltung der römischen Kurie war; und es war das erste Mal, daß der Päpstliche Laienrat im Rahmen seiner Regionalprojekte sich mit Europa auseinandersetzte.

Nun, da dieses Treffen von 26 Bischöfen und mehr als vierzig Laien, unter Vorsitz von Opilio Kardinal Rossi abgehalten, hinter uns liegt, zeigt sich, daß seine Ergebnisse mindestens so bedeutsam sind wie die Tatsache seines Stattfindens als solche. Diese Ergebnisse sind nicht säuberlich aufgelistete Resolutionen - wiewohl es etliche sehr konkrete Vorhaben und Vorschläge gibt -, sondern starke Ausgangsimpulse für ein weiteres Zusammenwirken.

Der Päpstliche Rat für die Laien, als nachkonziliare Institution in seiner heutigen Form 1976 von Papst Paul VI. geschaffen, gehört zu den jüngsten Di-kasterien der Kurie. Er versteht sich gewissermaßen zugleich als Anwalt der Laien und als ihr Dialogpartner - und was da in Sankt Gabriel stattgefunden hat, war ein ebenso konstruktiver wie ehrlicher Dialog.

Dies sogar in mehrfacher Hinsicht: einerseits zwischen dem Rat für die Laien und den Bischofskonferenzen (bzw. deren Kommissionen oder Referenten für die Laienarbeit), zum zweiten zwischen diesen’ Konferenzen und den Laienvertretern aus den verschiedenen Ländern, zum dritten zwischen den Laienvertretern untereinander, und schließlich zwischen ihnen und Rom -eine Fülle neuer Direktkontakte.

Fragebogen, vor Monaten den Bischofskonferenzen zugegangen, boten die Basis für die Erstellung der Einzelthemen, auf die sich dann die Arbeitskreise konzentrierten, ohne in ein fixes Schema gezwungen zu sein: „Kirche

und Institution", „Interne Strukturen der Kirche", „Motive des Engagements", „Die Mission der Kirche im Bereich der Kultur" und pastoral wie prinzipiell gestellt - „die Sinnfrage" ; die Konvergenz war durch das Hauptthema gegeben: „Die pastorale Verantwortung der Bischöfe für die in der Gesellschaft engagierten Laien".

Fünfzehn Jahre nach dem Konzil zeigt sich nun in St. Gabriel, daß bei Bischöfen, Priestern und Laien die vom Zweiten Vaticanum aufgezeigten theologischen Perspektiven über Sein und Sendung des Laien - auf der Grundlage des „gemeinsamen Priestertums aller Gläubigen" - zum selbstverständlichen Verständnisgut geworden sind. Worum es in der nächsten Zukunft gehen wird, sind Dialoge über die Differenzierung der verschiedenen Dienste oder - wie es Laienrats-Vizepräsident Weihbischof Paul Josef Cordes formulierte - die „verschiedenen Aufträge im Rahmen der gleichen Sendung".

Es ist in St. Gabriel gelungen, die naheliegende Gefahr einer bloßen Erörterung von Strukturfragen zu vermeiden ‘ - ihnen kam auf dieser Ebene weit weniger Gewicht zu als bei so mancher lokalen Synode der letzten Jahre.

Deutlich spürbar war auch, daß alle Beteiligten sich der Bedeutung der neuen - oder doch in neuester Zeit sich ausdehnenden - spezifischen Bewegungen der Spiritualität bewußt waren. Immerhin hatte der Päpstliche Rat für die Laien im Vorjahr erstmals führende Persönlichkeiten solcher weltweiter Bewegungen untereinander und mit Rom in direkten Kontakt gebracht - nicht mit dem Hintergedanken einer Reglementierung oder Beschränkung der Initiativen, sondern zum Zwecke des Kennenlernens, auch des Abbaus von Vorurteilen und Mißverständnissen.

Daß nach dieser Begegnung - sie fand in Rocca di Papa statt - und nun nach dem Treffen in St. Gabriel bereits alle Fragen nach der Einbindung solcher Bewegungen in Pfarren und Gremien gelöst seien, daß es keinerlei Spannungsfelder zwischen Aktionsbe-tontheit und spiritueller Ausrichtung mehr geben würde, konnte vernünftigerweise niemand erwarten. Doch die Grunderkenntnis, daß es weder eine katholische Organisation ohne Spirituali-

tät geben kann noch eine Spiritualität ohne Bezug auf die Mitmenschen und die Gesamtkirche, ist bestätigt und gefestigt.

Es wird seine Zeit dauern, bis sie durchdringt zur vielzitierten Basis, aber der Weg ist grundsätzlich gebahnt. Und selbst katholische Milieus, die kurialen Zentralbehörden mit einiger Reserve gegenüberstehen, werden der Initiative des Päpstlichen Laienrates ihre Anerkennung nicht verweigern können.

In diesem Zusammenhang wäre es übrigens wünschenswert, daß die katholische Öffentlichkeit diesem Laienrat überhaupt etwas mehr Interesse entgegenbrächte, weil dadurch so manches Klischee - das nicht nur vereinfacht, sondern zudem auch noch verfärbt ist-korrigiert werden könnte. Zum Beispiel

durch die Tatsache, daß zum engsten Stab um Kardinal Rossi drei Laien, davon zwei Frauen, gehörten; daß in der 26köpfigen Vollversammlung 23 Laien aufscheinen, unter ihnen neun Frauen, von denen eine mit einem nichtkatholi-sehen Christen verheiratet ist; daß ihr zwei Ehepaare ausdrücklich als solche angehören - alles Dinge, die selbst sonst gutinformierte Katholiken im Vatikan nicht erwarten.

Die Tage von St. Gabriel waren jedenfalls ein Beweis dafür, daß Rom nicht „weit weg" ist - es war nicht nur das herzliche Telegramm des Papstes, das das Gefühl wachwerden ließ, daß dieses Rom mitten unter uns ist.

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