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Veränderung in Grenzen

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Der Bundesparteirat der SPÖ bestätigte am Wochenende in Linz die von den Landesorganisationen vorgelegten Kandidatenlisten. Die SPÖ stellt insgesamt 366 Nationalratskandidaten, was der doppelten Anzahl der zu vergebenden Mandate entspricht. 139 Kandidaten wurden erstmals nominiert. Allerdings schafften nur fünf von diesen 139 „Neuen“ den direkten Sprung auf einen sicheren Listenplatz.

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Der Bundesparteirat der SPÖ bestätigte am Wochenende in Linz die von den Landesorganisationen vorgelegten Kandidatenlisten. Die SPÖ stellt insgesamt 366 Nationalratskandidaten, was der doppelten Anzahl der zu vergebenden Mandate entspricht. 139 Kandidaten wurden erstmals nominiert. Allerdings schafften nur fünf von diesen 139 „Neuen“ den direkten Sprung auf einen sicheren Listenplatz.

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Die Erneuerung des sozialistischen Parlamentsklubs nach den Wahlen vom 6. Mai dürfte sich in Grenzen halten. Geht man davon aus, daß die SPÖ wiederum 88 Grundmandate in den neun Wahlkreisen für sich verbuchen kann (die restlichen fünf Mandate kamen über das Reststimmenverfahren), so werden in der nächsten Gesetzgebungsperiode 20 Mandatare in den Nationalrat einziehen, die 1975 noch nicht unter den Nationalratsabgeordheten waren.

Von jenen 20 auf sicheren Listenplätzen untergebrachten Kandidaten, die 1975 noch nicht gewählt wurden, sind nur fünf wirklich neu. Die anderen 15 Neulinge standen bereits 1975 weiter hinten auf der Liste; und fast die Hälfte von diesen 15 Kandidaten ist bereits während der nun auslaufenden Periode nach dem Ausscheiden einzelner Abgeordneter in den Nationalrat nachgerutscht.

Wenn man nun aus dem Umstand, daß alle fünf Abgeordneten, die 1975 ein Restmandat zugesprochen bekommen haben, wieder auf der Liste stehen, den Schluß zieht, daß sie wieder ein Mandat bekommen werden, ergibt sich folgendes Bild: Hält die SPÖ ihr Resultat von 1975, dann gibt es im Vergleich zu damals 20 oder 21,5 Prozent neue Abgeordnete der SPÖ. Im Vergleich zu jener Na-tionalratsmannschaft der SPÖ unmittelbar vor der Auflösung gibt es aber nur 13 neue Mandatare (14 Prozent).

Die Frauen sind in der SPÖ vor allem in Wien etwas stärker vertreten. Unter den an wählbarer Stelle nominierten Kandidaten befinden sich zehn Frauen. 1975 waren es noch neun. Die Wiener stellen allerdings mit fünf Frauen die Hälfte der an wählbaren Stellen befindlichen weiblichen Kandidaten. 10,7 Prozent der sicheren Kandidaten sind Frauen. In Wien sind es fast 22 Prozent.

Nimmt man sämtliche 366 Nationalratskandidaten, so ergibt sich ein Frauenanteil von knapp 16 Prozent: In ganz Österreich stehen 58 Frauen auf den Wahlkreisvorschlägen der SPÖ. Auch hier stehen die Wiener besser da. Unter den 78 von der Wiener Landesorganisation nominierten Kandidaten befinden sich immerhin 20 Frauen, was einem Anteil von fast 26 Prozent entspricht.

In einigen Bundesländern wird es in der Nationalratsmannschaft vorerst überhaupt keine Veränderungen geben: Burgenland, Salzburg, Tirol und Vorarlberg haben ausnahmslos Kandidaten auf sichere Mandatsränge gesetzt, die bereits 1975 in den Nationalrat eingezogen waren. Die meisten neuen Gesichter im Vergleich zu 1975 gibt es in Kärnten (vier

von sieben), in Oberösterreich (fünf von 14), der Steiermark (fünf von 15).

Von den 366 SP-Nationalratskan-didatensind sechs unter 30 Jahren, 91 zwischen 30 und 39 Jahren, 98 zwischen 40 und 49,151 Kandidaten zwischen 50 und 59, und 20 Kandidaten über 60 Jahre alt. Der jüngste Kandidat ist eine Frau: Die Wienerin Brigitte Ederer, Jahrgang 1956. Sie hat freilich den völlig aussichtslosen Listenplatz 62.

Für die Auswahl der Nationalratskandidaten nannte Zentralsekretär Fritz Marsch drei maßgebliche Kriterien:

• Für die politische Tätigkeit im Nationalrat, vor allem in den Ausschüssen, sind Sach- und Spezialkenntnisse erforderlich.

• Der Mandatar muß die Bevölkerung eines Bezirkes oder eine Berufsgruppe vertreten können und ihre Probleme kennen.

• Darüber hinaus erlangen für die parlamentarische Arbeit verstärkt internationale Kontakte an Bedeutung.

Bemerkenswert ist übrigens an der Liste, daß der unkonventionelle Parteinachwuchs vom linken Flügel der Organisation nicht auf wählbaren Plätzen gelandet ist. Der Vorsitzende der Jungen Generation in der SPÖ, Albrecht Konecny, kann dem langjährigen Broda-Sekretär Heinrich Keller die Hand reichen: Sie finden sich auf den Plätzen 45 und 46 der Wiener Liste.

Dafür ist der Steirer Rupert Gmo-ser an wählbarer Stelle auf der Liste untergebracht. Nach mißglückten Versuchen, ein Landtagsmandat in der Steiermark zu bekommen, ist er nun auf dem Umweg über den Bundesrat in den Nationalrat gekommen. Arbeiterkammerpräsident Adolf Czettel oder der Linzer Hochschullehrer Ewald Nowotny, die zu den bekannten Neuerungen gegenüber 1975 zu zählen sind, kamen bereits im Laufe der zu Ende gegangenen Legislaturperiode ins Hohe Haus. '

Insgesamt bringt die SP-National-ratsliste keine besonderen Neuheiten: Im wesentlichen ist die Struktur die gleiche geblieben. Interessens-vertreter aus Kammern und Gewerkschaft sowie öffentlich Bedienstete scheinen in überproportionaler Anzahl auf. Auch die Männer sind nach wie vor stark überproportional vertreten. Die Zahl der neuen Gesichter hält sich in Grenzen. Und vor allem: Ideologisch ist nicht im mindesten ein Ruck nach links zu registrieren. Die Jusos bleiben draußen, ins Hohe Haus dürfen vorrangig gewachsene Vertreter der längst an Traditionen gewöhnten SP-Schichten.

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