6837448-1975_23_04.jpg
Digital In Arbeit

„Verantwortungselite“

Werbung
Werbung
Werbung

Die 18. CartellVersammlung des Österreichischen Cartellverbandes in Linz stand unter dem Leitthema „Die Zukunft christlich-demokratischer Politik“. Dieses Motiv zog sich wie ein roter Faden durch das gesamte Tagungsprogramm, dessen Höhepunkt eine Festveranstaltung bildete, bei der unter anderen Landeshauptmann “Wenzl und Alois Mock ejn leidenschafliches Bekenntnis zu einer zukunftsorientierten Politik

Österreichisches Watergate?

Die SPÖ, die schon vor den ÖVP-Vorioahlen genau wußte, daß es sich hierbei nur um einen „Schwindel“ (Blecha) handeln könne hat nach diesem relativ erfolgreichen Experiment der ÖVP ihre Polemik verstärkt. Ob das der richtige Weg ist, Wechselwähler ins SP-Lager zu ziehen, mag bezweifelt werden — ober das muß die SP mit sich selber ausmachen. Daß sich aber die Sozialistische Korrespondenz und mit ihr die SP-Parteipresse brüsten, daß laut einer Umfrage bei Postbediensteten „in den ÖVP-Sekretariaten (man beachte den Plural!) in der Zeit der Vorwahl kein wesentlich erhöhter Posteingang zu verzeichnen war“ und dazu unterstellt, die ÖVP hätte mit ihren Vorwahlsergebnissen die Bevölkerung belogen, da es sich, laut Sozialistischer Korrespondenz bei der Überwachung des Posteinganges um „überprüfbare Angaben“ handelt, das ist — und man sollte die Dinge beim richtigen Namen nennen — ein kleines österreichisches Watergate. Die Herren in der Löwelstraße sollten einmal, den §17 des Postgesetzes genau durchlesen, der solcherlei eindeutig verbietet. Hat es der Sonnenkönig Kreisky wirklich notwendig, daß seine Helfershelfer den Posteinlauf einer gegnerischen Partei beobachten und kontrollieren? Wenn nein, dann sind die Verantwortlichen unverzüglich zu bestrafen, um klar und eindeutig festzuhalten, daß ein derartiger politischer Stil in Österreich nichts verloren hat. Sonst könnte es nämlich demnächst passieren, daß die Sozialistische Korrespondenz stolz vermeldet, daß einer ihrer Vertrauensleute bei der Post regelmäßig registriert, mit wem, wann, wie oft und aus welchem Grund etwa Parteiobmann Schleinzer so im Laufe eines Tages telephoniert.

nach christlich-demokratischen Grundsätzen ablegten.

Der bekannte deutsche Gesell-schaftsethiker Prof. Wall raff (Frankfurt) bezeichnete — vom christlichen Menschenbild ausgehend — die katholische Soziallehre als eine Vielfalt von Entwürfen, die jeder einzelne Christ täglich angesichts einer Fülle humaner Alternativen hinterfragen müsse, da ein fixes Rezept allerdings nicht gegeben werden könne.

In einer Podiumsdiskussion, an der neben Vertretern der Wissenschaft auch drei .Praktiker“ (Busek, Mock, Blecha) teilnahmen, war insbesondere der Beitrag von Alois Mock bemerkenswert, der betonte, daß „wieder die ideale Kombination von menschlicher Freiheit und sozialer Chancengleichheit in den Mittelpunkt zu stellen sei“. Wirtschafts-bundgeneral Busek betonte in diesem Zusammenhang die „Idee der persönlichen Verantwortung aller Bürger für eine wertvolle Politik“, schließlich müsse jede Zuständereform von einer Gesinnungsreform getragen sein.

Es darf nicht verwundern, wenn dieses (öffentliche) Symposion nicht nur innerhalb des CV auf starken Wiederhall stieß, sondern auch in den Massenmedien reichlich kommentiert wurde und eine Reihe von Nichtmitgliedern anlockte. Mit dieser Veranstaltung hat der ÖCV einen klaren Akzent gesetzt und sich — fernab von parteipolitischen Überlegungen — klar zu einer gesellschaftspolitischen Verantwortung im Sinne christlich-demokratischer Grundsätze in einer zunehmend säkularisierten Welt bekannt, die im Sinne christlich-demokratischer Grundsätze durchzuführen sei.

Gemessen an der Bedeutung dieses Symposions wurden einige andere Themen, die der CV auf seiner Jahresversammlung behandelte, allerdings in den Hintergrund gerückt.

So wurde auch beschlossen, daß der ÖCV dem zu gründenden Europäischen Kartellverband „als Gründungsmitglied beitreten möge“. Dieser EKV, dem Verbände aus Österreich, der BRD, der Schweiz, Italien und den Niederlanden angehören sollen, wird sich in erster Linie mit der Zusammenarbeit auf dem Gebiet übernationaler Bildungspolitik befassen, und sollte — so ein Funktionär — insgesamt über 120.000 Mitglieder umfassen.

Aus aktuellem politischen Anlaß fordert der ÖCV die an den Hoch-

schulen tätigen Gruppen (Professoren, Assistenten und Studenten) zur Zusammenarbeit auf. In einer Aussendung, in der insbesondere auch die Mängel des beschlossenen Uni-versitätsorganisationsgesetzes (UOG) scharf kritisiert werden, heißt es wörtlich: ..Diese schwerwiegenden

Mängel konnten trotz siebenjähriger Beratung des Gesetzes nicht beseitigt werden. Dennoch muß das Gesetz nunmehr vollzogen werden, sollen nicht die Forschungs- und Lehrziele der Universität gefährdet werden.“ Der auf dieser CW neugewählte Präsident des ÖCV-Studen-tenvertoandes, Erwin R o 11 e r, meinte in diesem Zusammenhang, „daß man nunmehr mit dem UOG leben müsse und daher auf die Phase der Konfrontation der akademischen Gruppen nunmehr eine Phase der Kooperation treten müsse.“

Der CV will in verstärktem Ausmaß „Verantwortungselite“ sein. — Kein geringes Vorhaben das sch da Österreichs größter Akademikerverband vorgenommen hat.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung