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Verfechter der Ganzheitsmedizin

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Wer kennt ceii Doctor Paracelsus rieht? Vor 500 Jahren geboren var er Arzf und Reformer der Medizin, Chemiker und Naturforsther, Natirphilosoph, Metaphy-sker, christlicher Laienprediger... S?in Denken ist auch für die noderne Medizin relevant.

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Wer kennt ceii Doctor Paracelsus rieht? Vor 500 Jahren geboren var er Arzf und Reformer der Medizin, Chemiker und Naturforsther, Natirphilosoph, Metaphy-sker, christlicher Laienprediger... S?in Denken ist auch für die noderne Medizin relevant.

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Ja selbst die Frage ob Mann, Zwitter oder Eunuch wird heute gestellt. Alle diese Facetten sind in seiner Persönlichkeit zu finden, aber eines steht ftst: er-hat ein neues medizinisches Weltbild entwickelt, das 500 Jahre räch seiner Geburt noch immer, oder wieder hoch aktuell ist.

Es ist kein Zufal', daß im Rahmen der Veranstaltungen um sein 500. Geburtsjahr Themen Dehandelt werden, die ihn beschäftigt haben und die sich heute wieder aufdrängen: Die Stellung der Medizh im Rahmen der Natur- und Geisteswissenschaften, der ursächliche Zusammenhang von Gesundheit und Krankheit, eine Medizin, die dm ganzen Menschen umfaßt und die wieder als ganzheitliche Medizin de hochspezialisierten Fachmedizinei integrieren will.

Paracelsus begründet diese ganzheitliche Medizin mit dem Hinweis, daß es im Grunde doch nur zwei wirkliche Benfe geben könne: „Gottes Wort zu Künden und Menschen zu heilen.” Dazu erklärt der Wiener

Pastoralmediziner Gottfried Roth.der sich mit der Persönlichkeit von Paracelsus eingehend befaßt hat:

„Heilung und Heil ergänzen einander, Paracelsus greift das Leitbild des Christus medicus auf, das einst in der Patristik sehr lebendig war, bei Hildegard von Bingen und in der therapeutischen Seelsorge der Gegenwart zu finden ist. In einem Paracelsus zugeschriebenen Traktat ist weiters ein Satz enthalten, der seinem Denken durchaus nicht fremd ist: Gott und die Natur machen durchaus nichts vergeblich. Der Arzt lebt in Gott und in der Natur. Diese Gedanken finden sich bei Thomas von Aquin und wurden Anfang des 20. Jahrhunderts in den gebräuchlichen ärztlichen Redensarten wiedergefunden.”

Vorbeugen ist besser als heilen

Noch besser als zu heilen ist vorzubeugen, lautet ein Grundsatz der modernen Gesundheitspolitik, doch schon Paracelsus zählte die Prophylaxe zu den Aufgaben des Arztes, „den Leib in Gesundheit zu erhalten und den Kranken in seine alte Gesundheit zu bringen”. „Diese Formulierung postuliert die Aufgliederung der Medizin in einen präventiven und einen kurativen Bereich, ein entsprechender Satz findet sich, dargestellt in barockem Schmuck, im Festsaal der Kaiserlichen Universität Wien und in den Statuten der Universität Wien”, erklärt Gottfried Roth.

Auchfürdas Verständnis derpsych-iatrischen Krankheiten hat Paracelsus wegweisend gewirkt. „Die Menschen, die durch Krankheiten ihrer Vernunft beraubt sind, werden in seinen Aufzeichnungen als ,amentes' bezeichnet. Thomas von Aquin sieht die Ursachen geistiger Störungen ebenfalls in Krankheiten, etwa in Altersstörungen, im Alkoholismus.

Geisteskrankheiten entstehen also dadurch, daß jenes körperliche Substrat erkrankt, das zum Vollzug geistiger Akte notwendig ist. Die gegenwärtige ätiologische Auffassung der Geisteskrankheiten”, so Roth, der auch Neurologe und Psychiater ist, „entspricht den paracelsischen Vorstellungen: Psychosen sind Somatosen, Gehirnerkrankungen mit spezifischer Behinderung der Geistessphäre des Menschen, primär cerebrale Störungen. Paracelsus kennt jedoch auch die noogenen Neurosen: der Geist fügt dem Leib Krankheit zu.”

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Paracelsus Krankheitsbegriffe und -beschreibungen entwickelt hat, die auch heute noch grundlegende Bedeutung haben. „Die Lehre des Paracelsus verbindet - geistesgeschichtlich - Heilkunde und Heilkunst, medizinisches Wissen und ärztliche Weisheit”, sieht Roth das paracelsische Erbe, eine Medizin, die den ganzen Menschen umfaßt. Eine Ganzheitsmedizin, die, richtig verstanden, heute wieder angestrebt wird!

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