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Digital In Arbeit

Vernetetes Denken

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Am Beginn eines jeden Jahres treffen die Leiter der berühmtesten Management-Schulen zu einem, Informationsaustausch zusammen. „Wandel“ war heuer das Thema.

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Am Beginn eines jeden Jahres treffen die Leiter der berühmtesten Management-Schulen zu einem, Informationsaustausch zusammen. „Wandel“ war heuer das Thema.

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Was haben Fontainebleau in der Nähe von Paris, die London Business School, das Management Center Europe in Brüssel und das International Management Institut (IMI) in Genf gemeinsam? Sie zählen wohl zu den bekanntesten europäischen Mekkas für Manager. Und sie sind alle Mitglieder der EFMD, der European Foundation for Management Development, einer Organisation in Brüssel, die mehr als 100 Institute für Management-Weiterbildung, 60 Firmen und fast 400 Experten aus 40 Ländern zählt.

Während Großbritannien, die skandinavischen Länder, Italien, Spanien, Frankreich sehr stark vertreten sind, waren die deutschsprachigen Länder nur durch vereinzelte Institute und Personen repräsentiert.

Wie ernst aber das Interesse ist, diese Länder mehr in die gemein-

same Arbeit in diesem europäischen Netzwerk einzubeziehen, zeigt eine deutliche Geste: die Wahl des Veranstaltungsortes für das heurige „Deans' und Direc-tor's Meeting“.

Dieses Treffen der Leiter der Management-Institute jeweils zu Jahresbeginn fand heuer in Berlin statt. Es bietet Gelegenheit, regelmäßig persönlich zusammenzutreffen und aus erster Hand zu erfahren, was wo geplant ist, wer sich mit welchen Themen beschäftigt und wo es interessante Projekte gibt.

Kooperation also trotz Konkurrenz? Für. diesen Punkt gilt wie bei vielen anderen Themen: Management-Institute müssen genauso handeln wie ihre Kunden. Auch für sie gelten Beziehungen, die sowohl ein Konkurrenzverhältnis, Kooperationsprojekte und auch gegenseitige Kundenbeziehungen erlauben.

Dazu ein Beispiel: Für die im EUREKA-Projekt beteiligten rund 120 Unternehmen aus ganz Europa soll ein Training in Projektmanagement, interkulturellem Arbeiten und Forschungsmanagement entwickelt werden. Eine Kooperation mehrerer Institute, die gemeinsam anbieten und ihrem jeweiligen Know-how entsprechend das Programm gestalten, könnte erfolgreicher sein als eine Konkurrenzierung, bei der letztlich vielleicht ein amerikanisches Institut den Auftrag erhält. Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch scheinen also sinnvoll.

„Wandel“ war heuer das Thema der Berliner Tagung. Welcher Wandel findet in den Unternehmen statt? Was bedeutet er für das Management, und welche Folgerungen ergeben sich für die Management-Schulen?

Schlüsself aktoren für den Wandel sind derzeit Neue Technologien, insbesondere die Informationstechnologien und die Internatio-nalisierung der Märkte. Juan Ra-da, der neue Leiter des IMI in Genf, nannte die folgenden fünf zentralen Bereiche der Veränderung:

• Innovationen bei Produkten, Prozessen und Dienstleistungen;

• Veränderung der Kapitalstruktur und der Kapitalmärkte;

• Umwälzungen bei Produktionssystemen und Logistik;

• Weltweit tätige Unternehmen und globale Perspektiven;

• Erneuerung der Organisationsstrukturen, Systeme und Management-Methoden.

Was heißt das für die Praxis?

Es heißt unter anderem, daß bisher Neue Technologien den physischen Teil der Wertschöpfungskette betrafen, also Rationalisierung der Produktion, wäh-

rend die Informationstechnologien auf den gesamten Geschäftsablauf wirken. Diese Chance muß das Management erkennen. Informationstechnologien können also als „Strategische Waffe“ genützt werden, wenn die Konsequenzen für die Unternehmensstrategie, die Auswirkungen auf Inhalt ••und Ablauf der Arbeit (auch der Managertätigkeit!) und die Struktur von Organisationen berücksichtigt werden. Ängste und Widerstände wirken aber contraproduktiv, wenn sie nicht besprochen und bearbeitet werden.

Die paradoxe Situation, von neuen Medien eine Verringerung der Kommunikation und Informationsqualität, ja eine neue „Sprachlosigkeit“ zu erwarten, muß ernst genommen werden. Denn gerade Manager in Top-Positionen sind persönlich betroffen: Wer trifft Entscheidungen auf Basis welcher Informationen? Wie verändert sich die Macht-

struktur im Unternehmen, wenn Informationen für alle verfügbar sind? Wird das mittlere Management tatsächlich wegrationalisiert? Oder gelingt es, anspruchsvollere Aufgaben zu übernehmen?

Auf jeden Fall entstehen Bedürfnisse nach neuen Qualifikationen auf allen Stufen der Betriebsorganisation, die sich auch in den Programmen der Management-Trainings niederschlagen müssen.

Interessant ist, daß Management-Schulen mit bekannten Namen jetzt diese Notwendigkeit erkennen und hart daran arbeiten, Rationalität und Emotionalität zu verbinden. Die Aktivierung beider Gehirnhälften, vom linearen zum komplexen systemischen Denken, lautet die Devise in den Denkzentren Europas. Man braucht Kommunikationstrainings, wie Konfliktmanagement und intuitives Entscheiden nicht neu erfinden. Aber vielleicht erkennt jetzt ein breiter Markt die Bedeutung dieser Fähigkeiten gerade unter den von neuen Technologien geprägten Arbeitsbedingungen.

Peter Drucker (FURCHE 18/ 1986), der in dieser Hinsicht junge Altmeister der Management-Lehre, im Juli zu Gast in Hernstein, sagt: „Die Organisation der Zukunft hat eine neue Struktur, in der Information der zentrale Faktor ist.“

Die deutschsprachigen Institute und Firmen sollten diese Möglichkeit mehr nützen und eine gemeinsame Sprache des Erfolgs-Managements entdecken.

Die Autorin ist Leiterin des Hernstein-In-stitutes für Unternehmensführung dir Wiener Handelskammer.

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