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Verordneter Steuerdruck

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Soll der Finanzminister Steuern durch Verordnung um bis zu 60 Prozent erhöhen dürfen? Bis auf diese Frage herrscht zwischen den Parteien Einigkeit über das neue Budgetrecht.

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Soll der Finanzminister Steuern durch Verordnung um bis zu 60 Prozent erhöhen dürfen? Bis auf diese Frage herrscht zwischen den Parteien Einigkeit über das neue Budgetrecht.

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„Wenn es die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben erfordert oder sich im Verlauf des Finanzjahres eine wesentliche Änderung deri gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abzeichnet, kann … die Bundesregierung durch Verordnung im Einvernehmen mit dem mit der Vorberatung von Bundesfinanzgesetzen be-» trauten ständigen Ausschuß des Nationalrates bei Verbrauchs-

und Verkehrssteuern einschließlich der Umsatzsteuern die Steuersätze … herabsetzen oder erhöhen. Innerhalb einer Gesetzgebungsperiode darf das Ausmaß solcher Erhöhungen jeweils insgesamt 60 von Hundert des maßgebenden Steuersatzes nicht übersteigen… “

Dies ist der Wortlaut des Entwurfs für den Artikel 51a des Bundesverfassungsgesetzes, der Teil einer umfassenden Neuregelung des österreichischen Haushaltsrechtes sein soll. Er ist derzeit heftig umstritten.

Kurt Mühlbacher, sozialistischer Vorsitzender des zuständigen Parlamentsausschusses, stellte kürzlich fest, die ÖVP wolle offensichtlich die sechsjährige Vorarbeit an dieser Materie zunichte machen, das neue Budgetrecht platzen lassen, indem sie sich gegen die oben zitierte Regelung wendet.

Und tatsächlich entschied sich die Oppositionspartei auch bei ihrem letzten Parteivorstand am vergangenen Donnerstag, die Verordnungsermächtigung zwar abzulehnen, das übrige Budgetrecht ansonsten aber zu urgieren.

Worum geht es bei dieser Frage eigentlich? Zunächst sei festgehalten, daß das derzeit gültige Haushaltsrecht noch Bestimmungen aus 1925 enthält, also einer Neuregelung bedarf. Die neuen

Bestimmungen bringen tatsächlich Vorteile für die Opposition, da sie die Regierung zwingen, den Nationalrat klarer zu informieren.

So soll ein Finanzplan Auskunft über die Budgetentwicklung der jeweils nächsten vier Jahre geben. Eine mittelfristige Sicht wird auch für Investitionen gefordert. Besonders wichtig erscheint die

Bestimmung, daß die Folgekosten für in Aussicht genommene Projekte klarzustellen seien. Damit soll erkennbar werden, wie hoch die Belastungen sind, die sich aus einmal getätigten Investitionen ergeben (etwa Instandhaltungsund Betreuungskosten von Straßen nach ihrer Fertigstellung).

Diese und andere Bestimmungen zeigen, daß die Neuregelung sinnvoll ist. Warum also die Dramatik in der Schlußrunde?

Es geht um die Frage, ob der Finanzminister das Recht erhalten soll, kurzfristig die Steuersätze drastisch zu verändern. Befürworter der Regelung verweisen auf Parallelen im Zolltarifgesetz: Es ermächtigt den Finanzminister, mit’Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates Zollsätze bis zum dreifachen Wert zu verändern. Auch mit Artikel 18 Absatz 2 der Bundesverfassung wird argumentiert: Er berechtigt die Verwaltung, aufgrund von Gesetzen Verordnungen zu erlassen.

Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß eine 60prozentige Änderung sicher nicht durch Artikel 18, der nur auf die Konkretisierung einer Gesetzesbestimmung angewendet werden darf, gedeckt wäre. Auch die Zustimmung durch den parlamentarischen Ausschuß bringt wenig. Bekanntlich hat die Mehrheit im Parla ment bisher noch jede Regierungsentscheidung gedeckt.

Also würde dem Finanzminister doch ein beträchtlicher Freiraum eingeräumt. Die Versuchung, ein auf günstige Prognosen gestütztes, publikumswirksames (Vorwahl-)Budget zu erstellen, ist nicht zu übersehen. Im nachhinein könnte man dann etwa rasch die Mehrwertsteuer erhöhen. Daß dabei etwas zu holen ist, zeigt die derzeit geplante Erhöhung um rund 15 Prozent, die 12,5 Milliarden einspielen soll.

Genaugenommen ist diese Regelung ein Signal in die falsche Richtung. Bei mehr als 42 Prozent Belastungsquote sollte die Regierung mit Ausgabeneinschränkungen reagieren müssen. Das käme der Sorgfalt bei der Budgeterstellung sehr zugute. Und wenn schon Steuern erhöht werden, dann sollte dies über den längeren >Weg der Gesetzesändemng erfolgen.

Sicher kommt es dann zu Vorzieheffekten bei den Käufen, wie derzeit. Die Verordnungsermäch- tigung soll dies verhindern. Sie unterbindet aber auch die Mitwirkung aller am Begutachtungsverfahren Beteiligter — und damit eine Möglichkeit, bessere Wege zu finden. Wenn schon Belastungen, dann solche, die langfristig sanieren und nicht solche, die kurzfristig Löcher stopfen!

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