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Versäumtes und halbe Sachen

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Nur drei Tage lang wurden in der Galerie Stubenbastei Österreichs Beitragsarbeiten für die kommende Jugendbiennale im Herbst in Paris ausgestellt. Nach langem Hin- und Herziehen, wer diese Präsentation „auf sich nehmen müsse“, sprang die Kleingalerie ein: statt des Museums des 20. Jahrhunderts, statt des Unterrichtsministeriums, statt der Akademie für angewandte Kunst, die ihren Aktsaal angeboten hatte, statt des Museums für angewandte Kunst, dessen Direktor Dr. Wilhelm Mrazek die Schau eigentlich 14 Tage lang zeigen wollte, was aber wegen der rapid heranrückenden Versandtermine der Kunstwerke nach Paris nicht in Frage gekommen war. Wie so oft in Wien hatte die Presse die Präsentation der jungen Österreicher in Paris nicht wahrgenommen, hatte das Publikum nicht einmal eine Gelegenheit bekommen, zu sehen, welche Chancen wir in Paris haben werden.

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Nur drei Tage lang wurden in der Galerie Stubenbastei Österreichs Beitragsarbeiten für die kommende Jugendbiennale im Herbst in Paris ausgestellt. Nach langem Hin- und Herziehen, wer diese Präsentation „auf sich nehmen müsse“, sprang die Kleingalerie ein: statt des Museums des 20. Jahrhunderts, statt des Unterrichtsministeriums, statt der Akademie für angewandte Kunst, die ihren Aktsaal angeboten hatte, statt des Museums für angewandte Kunst, dessen Direktor Dr. Wilhelm Mrazek die Schau eigentlich 14 Tage lang zeigen wollte, was aber wegen der rapid heranrückenden Versandtermine der Kunstwerke nach Paris nicht in Frage gekommen war. Wie so oft in Wien hatte die Presse die Präsentation der jungen Österreicher in Paris nicht wahrgenommen, hatte das Publikum nicht einmal eine Gelegenheit bekommen, zu sehen, welche Chancen wir in Paris haben werden.

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Das heißt: Wie stets keine Öffentlichkeitsarbeit, keine Effektivität. Österreich bezahlt zwar die Teilnahme dreier erfolgreicher junger Künstler in Paris, wie es auch seine Leute nach Venedig, Säo Paulo und anderswohin schickt. Aber die Information über das, was geschieht, bleibt aus.

„Eine indiskutable Organisation… ein halborganisiertes Chaos… So werden wir verheizt!“ empört sich etwa der Malergraphiker Heinz Stangi, der gemeinsam mit dem Maler Franz Ringel und dem Komponisten Dieter Kaufmann an der Seine für Österreich „reitet“: „Das geht alles auf Kosten unseres Erfolgs. Es war nicht einmal Geld da, daß für jeden Künstler ein mehrsprachiger Katalog gedruckt wurde. Es war auch kein Geld für die Übersetzung eines Einführungstextes ins Französische da, die Rahmungen der Graphiken mußten wir uns selbst bezahlen. Nach Paris müssen wir ebenfalls auf eigene Kosten fahren. Wenn ich nicht zum Beispiel anschließend eine große Ausstellung in der Pariser Galerie du Dragon hätte und der Ringel eine in Köln, wäre das Unternehmen fast unrentabel. Mußte ich doch allein bis jetzt 18.000 Schilling zuschießen!“

Trotz all dieser Mißhelligkeiten wollen sich die Künstler mit ihrer Klage gar nicht gegen den Kommissär der Biennale, Professor Adolf Frohner, wenden. Dazu Ringel: „Er hat sich vorbildlich verhalten, nichts vorgeschrieben. Wir haben selbst ausgesucht, was uns am überzeugend-

sten schien!“ Stangls Angriff richtet sich da vielmehr gegen ein System, gegen eine Art, sich zwar überall beteiligen zu müssen, aber dennoch sich nirgends wirklich zu engagieren.

Er meint damit das immer wiederkehrende Problem: Österreich muß an den großen Biennalen teilnehmen, um nicht ganz außerhalb der internationalen Kunstentwicklungen zu stehen und um den internationalen Kunstmarkt wenigstens am letzten Zipfel zu erwischen. Aber während andere Staaten kunstpolitisch allen erdenklichen Einfluß für ihre Künstler ausüben, um überall optimale Erfolge herauszuschlagen, sieht Österreich zu, wie seine Künstler nur zu oft am Rande figurieren, obwohl sie qualitativ Spitzenleistungen zeigen. Bruno Gironcoli, eben auf der Biennale in Säo Paulo leer ausgegangen, ist ein solcher Fall: Einer deutschen Galerie muß es Vorbehalten bleiben, ihn zu „managen“.

Das gleiche Schicksal fürchtet nun Stangi in Paris zu erleben … Daher seine Forderung: „Gründet endlich ein Zentralbüro für internationale Ausstellungsbeteiligungen, wo administrative Arbeiten und internationale Kunstpolitik von erfahrenen Spitzenmanagern betrieben werden.“ Stangi kann sich zwar sicher nicht beschweren: Das Unterrichtsministerium kauft seine Bilder, er ist auf dem (durch die allgemeine Konjunktur mühsam angekurbelten) Wiener Kunstmarkt gefragt, er setzt sich langsam in Paris durch. Aber was er meint, ist nichts anderes, als daß den jungen Österreichern, wie den Künstlern in England, Frankreich, den USA, optimale Erfolgschancen bereitet werden. Wir verfügen über keinen international einflußreichen Kunsthandel, der unsere Künstler in den Handelszentren „machen" könnte. Aber wir könnten uns ein Beispiel nehmen, wie man vor wenigen Jahren in Köln, Düsseldorf, Hannover, München Kunstmessen und repräsentative Ausstellungen aus dem Boden gestampft hat, die heute bereits in Europa Vormachtstellungen des Handels mit neuer Kunst aufbauen.

Vor allem: Für ein solches vorgeschlagenes zentrales „Kunstbüro“ würden alle die Arbeiten, die vielleicht ein Ministerium in Verlegenheit, ja Verwirrung, versetzen, natürlich eine Selbstverständlichkeit sein: Katalogübersetzungsarbeiten, vernünftige, auf die Kunsthandelssituation abgestimmte Einführungstexte, Public-Relations-Material über die präsentierten Künstler (zumindest in der Sprache des Ausstellungslandes),

Doch davon scheint man vorerst am Minoritenplatz kaum etwas zu ahnen. Die alte Devise „Das sollen sich die Jungen selber arrangieren“, ein bewährter Abwälzslogan, regiert noch immer, anstatt daß man sich bemüht, für das ohnedies wenige Geld, das man für solche Beteiligungen ausgeben kann, die intensivste Nutzung aller Möglichkeiten zu betreiben. Es wird also — wie Stangi sagt — auch weiterhin „eine halbe Sache“ bleiben, die Beteiligungen Österreichs an Biennalen und internationalen Ausstellungen. Schade!…

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