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Verschärfter Leistungsdruck

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Die Aktienbanken und Bankierfirmen in Österreich konnten in den letzten drei Jahren eine Reihe strukturpolitischer Erfolge erzielen. In den letzten Monaten jedoch sind die Rahmenbedingungen wieder schwieriger geworden. Stichworte dafür sind: der Kurseinbruch an den internationalen Börsen, das verlangsamte Kreditwachstum bei Teilen der Bankenkundschaft in Industrie und Handel und die verschärfte Konkurrenz im Inland sowie auch mit dem Ausland.

Der Gesetzgeber hat sowohl im Kreditwesenrecht sowie auch bei den Rechnungslegungsvorschriften die Standards verschärft und fordert von den Banken ein höheres Haftkapital. Dieser Forderung konnte im letzten Jahr insoferne weitgehend entsprochen werden, als das Haftkapital des BankenSektors um elf Milliarden Schilling auf 46 Milliarden Schilling anstieg. Dies führte zu einer Verbesserung der Haftkapitalausstattung von knapp drei auf 3,7 Prozent der Bemessungsgrundlage.

Für viele scheint dies auf den ersten Blick eine wenig wachstumsrelevante Größe zu sein, doch darf nicht übersehen werden, daß die Stärkung der Kapitalausstattung sowohl im internationalen Wettbewerb wichtig als auch für den inländischen Bankkunden ein Vertrauenselement ist. In Verbindung mit der Einlagensicherung für Publikumsgelder wird die Vertrauensbasis zwischen Bank und Kunden untermauert. Das Ziel von 4,5 Prozent Kapitalausstattung, nach der im Gesetz vorgesehenen Ubergangsphase, wurde von einigen Instituten schon erreicht; von anderen, insbesondere jenen, die viel Auslandsgeschäft und eine hohe Zwi-schenbankverflechtung haben, wird der Ubergangszeitraum mehr oder weniger ausgeschöpft werden.

Um den Zielvorstellungen der Bankenaufticht zu entsprechen, muß nicht nur neues Kapital aufgenommen und gebildet werden. Für die Inhaber von Bankaktien und Partizipationsscheinen sind auch entsprechende Ausschüttungen zu erwirtschaften. Zur Stärkung der Ertragskraft und Kapitalausstattung sind aber umfangreiche Anpassungsmaßnahmen notwendig.

Die vielfach verbreitete Vorstellung, daß es sich bei den Geschäftsbanken, welche traditionell zu Gewinnausschüttungen verpflichtet sind, um einen „geschützten“ Sektor handle, hält der Prüfung in der Realität nicht stand. Vielmehr ist zu beobachten, daß der Leistungsdruck, dem Banken unterworfen sind, steigt, und zwar nicht nur bei jenen Stellen, wie zum Beispiel den Auslandsfilialen der Großbanken, die traditionell im Wettbewerb mit einer großen Zahl amerikanischer, japanischer, englischer und deutscher Banken stehen, sondern auch in jenen Abteilungen, die im Inland für eine Ertragserhöhung sorgen und die Leistungen verbessern sollen.

Außerdem ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, daß der Wettbewerb für die Banken zum Beispiel im wichtigen Darlehensgeschäft, nicht nur in weiten Bereichen zwischen inländischen und ausländischen Instituten erfolgt, sondern auch gegenüber den Versicherungen oder den Bankabteilungen großer „Nicht-banken“ im Inland.

Warum sind die Rahmenbedingungen darüber hinaus schwieriger geworden? Das langsame Wachstum der Wirtschaft und die erfreuliche Verbesserung der Erträge vieler Industriezweige haben im Wirtschaftskredit dazu geführt, daß einer Geschäftsausweitung Grenzen gesetzt sind. So sind die bei unseren Mitgliedsbanken in Anspruch genommenen Industriekredite im vergangenen Jahr um 1,4 Prozent auf 114 Milliarden Schilling zurückgegangen. Immer dann, wenn der größte Kunde — und die Industrie ist mit rund 26 Prozent aller Ausleihungen der Aktienbanken nach wie vor die größte Kreditnehmergruppe des Bankensektors — die Leistungen eines Wirtschaftsbereiches weniger in Anspruch nimmt, kann dies nicht ohne weiteres in anderen Bereichen kompensiert werden.

Erfreulich war in diesem Zusammenhang im letzten Jahr, daß die Unternehmungen des Gewerbes die relativ stärkste Kreditausweitung bei den Aktienbanken und Bankiers brachten, wofür neben Finanzierungen des grafischen und papierverarbeitenden Gewerbes auch die Anstrengungen der Banken (Mitarbeiter-Ausbildung und Aufbau spezieller Angebote) ausschlaggebend waren.

Im Wertpapiergeschäft kann zwar festgestellt werden, daß der Kurseinbruch bei Aktien im Oktober 1987 weder international noch in Österreich jene Rückwirkungen auf die Realwirtschaft hatte, die befürchtet wurden; doch ergab sich hier eine abwartende Haltung des Publikums, die mit niedrigeren Umsätzen und Erträgen aus diesem wichtiger gewordenen Geschäftszweig verbunden war. Bisher hat erst eine Minderheit mutiger Kunden den Standpunkt eingenommen, daß der New Yorker Oktober „zu vergessen sei“ und daß es beim Kauf österreichischer Anteilswerte vor allem auf die Ertragsentwicklung ankomme. Die Belebung dieses Geschäftszweiges bedarf somit besonderer Anstrengungen.

Mittelfristig zeigt sich eine außerordentlich dynamische Entwicklung des Wertpapiergeschäftes, so zum Beispiel bei den Investmentzertifikaten: das Fondvermögen der Kapitalgesellschaften erhöhte sich innerhalb eines Jahres von 35 auf 68 Milliarden, die Zahl der Investmentfonds stieg von 38 (1986) auf 76 (1987). Auch hier gilt, daß sich die Konkurrenz stark belebt hat und daß die Erweiterung der Angebotspalette mit dem Klischee vom geschützten Bankensektor nicht übereinstimmt. Geschäftsbelebung für Bankprodukte setzt immer wieder voraus, daß neue, vom Publikum gewünschte Typen von Wertpapieren entweder neu geschaffen oder dem Publikum mit einem höheren Spezialisierungsgrad angeboten werden.

Die Annäherung an die Europäischen Gemeinschaften wirft ihre Schatten voraus. Während die internationale Bankenkonkurrenz de facto OECD-weit vor sich geht, und primär nicht durch die EG bestimmt wird, verhält es sich mit der Harmonisierung der Regelungen des Bankgeschäftes anders: Hier wirken vor allem die Richtlinienvorschläge der EG-Kommission und die Bankaufsichtsvorstellungen der Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel zusammen. Eine weitere Erhöhung des Haftkapitals (auf acht Prozent, allerdings unter Hinzufügung neuer Instrumente und auf veränderter Berechnungsbasis) steht über Jahre ins Haus.

Dazu kommt, daß sich der Wettbewerb im internationalen Kredit- und Investmentgeschäft beschleunigt. Von verschiedenartigen neuen Belastungen sei hier nur erwähnt, daß die Steuerreform 1988 mit ihrer neuartigen Besteuerung der Zinserträge die Bemühungen um Einlagen nicht unerheblich erschwert. Daher auch der Wunsch der Banken, bei Vorsorgeprodukten mit gleicher Laufzeit und gleichem Aufbau (Sparkomponente und Versicherungsschutz) eine gleiche steuerliche Behandlung zu erfahren, wie die Konkurrenten aus der Versicherungswirtschaft.

Der Autor ist Generalsekretär des Bankenverbandes.

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