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Verteidigung und hohle Sonntagsrede
Der Nord-Süd-Transitverkehr, der den Tirolern auf die Nerven geht, läßt sich nicht — so mir nichts, dir nichts - gerecht auf alle Bundesländer bis hinunter ins südliche Burgenland aufteilen. Die tote Grenze des nördlichen Weinviertels in Niederösterreich kann einfach nicht in Schweizer Nachbarschaft verlegt werden, um die Abwanderung zu stoppen. Und in die Obersteiermark lassen sich keine Kärntner Seen transferieren, die scharenweise Urlauber anlocken.
Die Vielfalt der österreichischen Landschaft mit ungleichen Vorzügen und uneinheitlichen Nachteilen schafft verschiedenartige Aufgabenstellungen, auch für die Landesverteidigung. Und daher sind auch Abfangjäger dort zu stationieren, wo es im Interesse der Landesverteidigung sinnvoll ist. Daß damit unterschiedliche Belastungen verbunden sind, ist gar keine Frage. Sie zu minimieren, ist Herausforderung einer um Ausgleich bemühten Politik.
Ginge es nur nach dem Wollen, will keiner den Draken vor seiner Tür stationiert haben. So wie keiner die Mülldeponie für Sonderabfall oder den donnernden Transitverkehr neben dem Haus haben will.
Müssen wir nicht einen stillen Auszug, überdeckt durch lauten Protest, aus dem gemeinsamen bundesstaatlichen Dach registrieren? Wie hohl klingen plötzlich die Sonntagsreden mit Bekenntnissen zur Landesverteidigung!
Unsere Landesverteidigung wird zum Spleen einiger „Zentra-listen“ heruntergemacht und noch dazu finanziell ausgehungert. Jeder junge Österreicher, von dem pathetisch Wehrbereitschaft gefordert wird, darf sich heute gefrotzelt und verschaukelt fühlen.
Der ÖVP gelingt es jetzt sogar, Föderalismus und Landesverteidigung in Frontstellung zu bringen, wo sich eigentlich Sturheit und Prestigedenken zanken.
Die Länder haben viele Forderungen an den Bund. Aber um die Landesverteidigung haben sie — wozu herumreden — bisher einen möglichst großen Bogen gemacht. Zwar bestimmt der Artikel 81 unserer Bundesverfassung beispielsweise, daß durch Bundesgesetz geregelt werden soll, „inwieweit die Länder bei der Ergänzung, Verpflegung und Unterbringung des Heeres und der Beistellung seiner sonstigen Erfordernisse mitwirken sollen“, doch gibt es - typisch österreichisch -bis zur Stunde kein derartiges Gesetz. Und wer gehört hat, daß ein Landeshauptmann für die Erfüllung dieses Verfassungsauftrages drängend und fordernd eingetreten ist, möge sich umgehend melden.
Das ist wohl ein untrüglicher Maßstab, welchen Stellenwert die Landesverteidigung einnimmt, wenn es nicht um die Draken-Sta-tionierung geht. Beschämend.
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