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Viel Natur und weniger Chemie

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Müssen wir im EWR bestrahlte Lebensmittel von zweifelhafter Herkunft und Qualität essen? Oder bedeutet der EWR auch eine neue Chance?

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Müssen wir im EWR bestrahlte Lebensmittel von zweifelhafter Herkunft und Qualität essen? Oder bedeutet der EWR auch eine neue Chance?

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Der hohe Qualitätsstandard vieler österreichischer Nahrungsmittel ist nicht zuletzt auf das strenge österreichische Lebensmittelrecht und die effiziente Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften zurückzuführen. Wie wird das im EWR? Werden wir dann jeden Dreck essen müssen? Müssen wir uns mit „Milchprodukten" abfinden, die nie etwas mit einer Kuh zu tun gehabt haben, mit bestrahlten Lebensmitteln und mit Wurst ohne jeglichem Fleisch? Die Antwort auf diese Fragen hängt nicht vom EWR, sondern von uns Österreichern ab.

Zunächst zur Situation im EWR und zur Frage, ob wir das „nötig haben". Seit vielen Jahren kann -auch ohne EWR - jedes Produkt, egal ob es in Schweden, in Schottland, in Griechenland oder sonstwo in den EG- oder EFTA-Ländern erzeugt wurde, ohne Zoll und Einfuhrgenehmigung nach Österreich gebracht werden. Auch österreichische Produkte haben freien Zutritt zu allen diesen Märkten. Ausgenommen von diesem freien Warenverkehr sind nur landwirtschaftliche Urprodukte.

Es gibt aber neben den Zöllen auch sogenannte außertarifarische Handelshemmnisse. Wenn ein Land erklärt, daß es nur Autos mit Katalysatoren zuläßt, dann können Fahrzeuge, die für andere Länder ohne solche Vorschriften produziert wurden, nicht mehr verkauft werden. Jede technische Norm, jede Sicherheitsvorschrift oder auch Vorschrift für die Zusammensetzung von Nahrungsmitteln kann damit zum Handelshemmnis werden.

Diese außertarifarischen Handelshemmnisse sollten nun im Gemeinsamen Markt bis Ende 1992 beseitigt werden. Die Handelshemmnisse gibt es dann nicht mehr innerhalb der EG, wohl aber gegenüber Amerika und den asiatischen Ländern. Hätten sich Österreich und die anderen EFTA-Länder nicht durch den EWR diesem Wirtschaftsraum angeschlossen, stünden wir plötzlich vor Hindernissen, die eigentlich von der EG gegen so mächtige Konkurrenten wie Japan oder die USA aufgerichtet werden. Aus diesem Grund führt kein Weg am EWR vorbei, selbst wenn dies bei der Lebensmittelqualität Probleme bringen sollte.

Auch unsere lebensmittelrechtlichen Vorschriften bildeten nämlich für die EG ein außertarifarisches Handelshemmnis, das bis 1993 beseitigt werden soll. Unser österreichisches Lebensmittelrecht wird zwar weiterhin für die österreichische Nahrungsmittelproduktion ausschlaggebend sein. Österreichische Produkte werden auch dann weniger Chemie, mehr Natur und mehr Qualität haben als manche Produkte anderer Länder.

Modernes Marketing nötig

Wir werden aber die ausländischen Erzeugnisse, auch wenn sie mehr Chemie enthalten, auch wenn sie bestrahlt wurden oder ganz andere Inhaltsstoffe haben als unser österreichisches Lebensmittelrecht vorschreibt, nicht auf die Dauer vom österreichischen Markt fernhalten können.

Vielleicht werden manche importierte Produkte billiger sein. Sie können gefärbt sein und daher schön aussehen, und weil sie konserviert sind werden sie länger halten. Vielleicht werden sie dadurch in den Läden die höherwertigen aber teureren heimischen Produkte verdrängen. Doch das muß nicht so sein.

Modernes Marketing könnte dies verhindern. Man könnte österreichische Qualität als solche kennzeichnen und zu einem Verkaufsargument im In- und Ausland machen. Das eine wäre dann österreichische Qualität, das andere nur europäische Qualität. Noch ist es Zeit, diese Chance zu nützen.

Ob der EWR das Ende österreichischer Qualität oder eine neue Chance bedeutet, hängt von den österreichischen Herstellern und der Treue ihrer Kunden ab.

Der Autor ist Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation.

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