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Viel Wind trotz Forschungsflaute

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Die Regierung preist Österreich als Umweltpionier. Ein Blick auf die Ausgaben für Innovationen in diesem Bereich ist ernüchternd. Wir sind europaweit Schlußlicht.

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Die Regierung preist Österreich als Umweltpionier. Ein Blick auf die Ausgaben für Innovationen in diesem Bereich ist ernüchternd. Wir sind europaweit Schlußlicht.

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Österreich wird 1986 rund 18,7 Milliarden Schilling für Forschung und Entwicklung ausgeben. Das sind 1,3 Prozent des Brut-toinlandproduktes (BIP). , Der Vergleich mit anderen europäischen Staaten ähnlicher Größe und Struktur wie Österreich wird im Forschungsbericht 1986 des Wissenschaftsministers verschämt versteckt.

Das wohl auch deshalb, weil ein solcher Vergleich (etwa mit der Schweiz oder mit Finnland) für Österreich schlecht ausfällt. Diese Staaten geben pro Jahr jeweils etwas mehr als zwei Prozent ihres BIP für Forschung und Entwicklung und damit um ein rundes Drittel mehr aus als Österreich.

Der Beitrag Österreichs zu den Gesamtausgaben für Forschung der OECD-Länder belief sich 1983 mit 0,9 Milliarden Dollar auf 0,4 Prozent. Die letzten 19 Länder in der Rangliste der OECD-Mitgliedstaaten gaben zusammen 11,9 Prozent der Gesamtsumme aus, 88,1 Prozent entfielen dabei auf die ersten fünf: USA, Japan, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Die USA allein wendeten für Forschung und Entwicklung fast so viel auf wie die restlichen 23 OECD-Staaten.

Von den Forschungs- und Entwicklungsausgaben werden 1986 in Österreich 48,4 Prozent von der öffentlichen Hand, 49 Prozent von der Wirtschaft und 2,6 Prozent von anderen Quellen finanziert.

Die Ausgaben des Bundes für Forschung und Entwicklung erreichen 1986 in Österreich rund 7,8 Milliarden Schilling und liegen damit 8,3 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Gegenüber dem Vorjahr weist die Förderung des Umweltschutzes zwar mit einem Plus von 24,1 Prozent die höchste Steigerungsrate aller Zielsetzungen in der Forschung und Entwicklung auf. Die nackten Zahlen und Relationen zeigen aber auch, daß in diesem Forschungsbereich von amtlicher Seite oft viel Wind um wenig Geld und mageren Forschungseinsatz gemacht wird.

Für diesen wichtigen Forschungszweig stehen karge 165 Millionen Schilling zur Verfügung. Noch dazu werden diese Gelder von mehreren Ressorts (insgesamt fünf) vergeben, was bei den bürokratischen Reibungsverlusten zu einer weiteren Minderung der Effizienz der eingesetzten Mittel führen muß.

Der Forschungsbericht 1986 geht davon aus, daß Österreich in einigen Teilbereichen des Umweltschutzes europaweit führend sei. Eine Mär, die spätestens Toni Kofier und Oskar Stocker in ihrem 1985 erschienenen Buch „ökoinsel Österreich?“ widerlegt haben, eine Mär auch, die nach den ernüchternden Zahlen des Forschungsberichts 1986 nicht einmal mehr von regierungsamtlichen Jubelberichten aufrechterhalten werden kann.

Als besonders krasses Beispiel sei die Forschungsinitiative „Waldsterben“ erwähnt: koordiniert wird sie vom Forschungszentrum Seibersdorf, die drei Arbeitsgruppen „Immissionen“, „Emissionen“ und „Fernerkundung“ sollen ein synoptisches Gesamtbild erstellen, das als Entscheidungshilfe bei der Erstellung künftiger Forschungsstrategien zur Waldschadensbekämpfung dienen kann.

Die Arbeitsgruppe „Immissionen“ bearbeitet derzeit 34 Projekte mit einer Förderungssumme von insgesamt 20 Millionen Schilling. Die Gruppe „Emissionen“ ist noch mit konzeptiven Überlegungen beschäftigt, die „Fernerkundung“ konzentriert sich auf die Erarbeitung von Methoden zur „objektiven Erfassung von Wald- und Vegetationsschäden“.

Neben diesem wohl eher entmutigenden Einsatz von Forschungsgeldern wird noch in den Bereichen Umwelttechnik, Energie und Recycling umweltrelevante Forschung betrieben.

Alles in allem eine Forschungsbilanz im Bereich Umwelt, die zu übertriebener Hoffnung ebensowenig Anlaß gibt wie zu vollmundigen Politikerversprechen.

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