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Viel Zustimmung

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Nicht die offiziellen Anlässe, die Begrüßungen, Besuche, Audienzen an „wichtige" Komitees oder diplomatische Vertretungen waren das Wesentliche dieses Papstbesuches, sondern die Ausstrahlung von „Juan Pablo Segundo" bis in die letzte Hütte der leidgeprüften Menschen dieser „geographischen Region".

Diese Ausstrahlung über Fernsehen und Radio überraschte und bewegte micht tief. Es ist erklärbar und verständlich, wenn Johannes Paul, die Menschen,die ihn sahen, die den liturgischen Anlässen beiwohnten, die auf den Straßen, Plätzen und Dächern standen und vor dem Fernseher saßen, bewegte und mitriß. Aber daß er Menschen, die ihn nur durch einen schlechten Transistor oder gar nicht hörten, bewegte, beindruckte, mitriß und zum Beten und Singen veranlaßte, war ein großes Erlebnis.

Bei diesen Menschen fallen Worte und Werte wie Familie, Kinder, Achtung vor dem Leben, Menschenwürde, Recht der Eltern auf die Erziehung der Kinder, Nächstenliebe und Caritas auf fruchtbaren Boden und finden ungeteilte Zustimmung.

Die bestehenden politischen Unterschiede unter den zentral-amerikahischenStaatensindnicht von heute auf morgen zu beseitigen. Trotzdem war es klar, daß der Papst Kostarika, was seine Staatsform und Regierung betrifft, als Beispiel für diese Region hingestellt hat. Eine sozialdemokratische Regierung demonstrierte eindrucksvoll die Einheit mit einem gläubigen Volk, einer mit diesem verbundenen lebendigen Kirche und in dieser Haltung auch einig mit der demokratischen Opposition - leider bisher immer noch die Ausnahme in Zentral-amerikfi.

Welcher Situation stand der Heilige Vater in dieser Region gegenüber? Sechs junge Menschen füsiliert in Guatemala am ersten Tag seines Aufenthaltes in Zentralamerika, trotz päpstlicher Bitte um Begnadigung beim „General-Pastor" Rios Montt, Sonntagsprediger der ..christlichen" Verbo-Sekte aus den USA; 17 san-dinistische Milizsoldaten, gefallen an der honduranischen Grenze im Kampf gegen antisandini-stische (jiuerilleros; Ablehnung eines Waffenstillstandes mit den sogenannten Rebellen durch die Regierung El Salvadors.

Insgesamt wurden bisher in dieser Region 30 Priester und ein Erzbischof ermordet, sieben Geistliche kämpfen bei den Aufständischen in El Salvador und Guatemala, fünf Priester bekleiden offizielle Posten in der Regierung von Nikaragua, davon zwei als Minister.

Johannes Paul II. hat klare Zeichen und Schwerpunkte gesetzt. Unbeirrt von allen Geschehnissen, verfolgte er die in Medellin 1968 begonnene und in Puebla 1979 bestätigte und ergänzte klare Entscheidung:

• Für die Rechte der Armen und kulturell benachteiligten Menschen einzutreten, ihnen die Beteiligung am nationalen Leben zu sichern, einen Zugang zur kulturellen Entwicklung zu eröffnen. Der Heilige Vater erklärte sich solidarisch mit den Armen, den Bauern und Landarbeitern, den Indios, den Arbeitern und Entrechteten.

• Gemäß den Worten Christi „Mein Reich ist nicht von dieser Welt" sollen aber Geistliche (Priester und Ordensleute) nicht in Versuchung fallen, politische Führer zu werden oder irgendeine soziale Funktionärsstellung einer temporären Macht auszuüben. Parteipolitik ist ureigenste Domäne der Laien.

Diese Grundlinie trat und tritt bei allen Ansprachen von Johannes Paul klar zu Tage — besonders auch, als er dem bei der Begrüßung der sandinistischen Regierung am Flugplatz von Managua vor ihm knieenden Priester und Kulturminister Ernesto Cardenal zweimal sagte: „Tiene Usted que arreglar su situaciön con la igle-sia" („Bringen Sie Ihre persönliche Situation mit der Kirche in Ordnung").

Die Messe in Managua war ein Wermutstropfen. Die organisierten Störversuche der „iglesia popular" oder ihrer Hintermänner war zu vordergründig, als daß man hier noch ein echtes Anliegen gläubiger Christen sehen könnte. Der Papst hat hier wohl klar die Antwort als Nachfolger Petri gegeben. Die Entscheidung für die Einheit der Kirche in Nikaragua liegt nun bei den noch gläubigen Christen der iglesia popular, nicht bei ihren ungläubigen Hintermännern.

Der Verfasser lebt seit vielen Jahren in Mittelamerika und kennt Länder und Leute.

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