7226843-1993_48_09.jpg
Digital In Arbeit

Viele haltlose Anschuldigungen gegen den Papst

Werbung
Werbung
Werbung

Noch immer, trotz seines Alters, % meldet sich Bernhard Häring -L 1 bei verschiedenen Anlässen zu Wort, und die Medien sprechen für gewöhnlich mit höchstem Bespekt von seiner moraltheologischen Autorität. Heute muß man leider hinzufügen: Der Lorbeer ist verwelkt, Häring ist nicht mehr, was er einmal war. Auch seine letzten Äußerungen zur Enzyklika „Veritatis splendor”, an der er kein gutes Haar zu lassen scheint, beweisen das:

■ Der Papst, sagt Häring, verlange eine „totale Zustimmung und Unterwerfung unter alle päpstlichen Aussagen”. Aber in dem von Häring gemeinten Sinn tut der Papst dies nirgends, und er müßte den Verstand verloren haben, wenn er es täte! Wohl aber redet er von bedingungslosem Gehorsam, der der Wahrheit und dem Wort Gottes gebührt. Kurzum: Der Vorwurf Härings geht ins Leere.

■ Falsch ist es auch zu behaupten, daß für den Papst „das Verbot der Empfängnisverhütung absoluter (sei) als das Gebot ,Du sollst nicht töten'”. Falsch, weil sich der Begriff „absolut” nicht steigern läßt und weil jede sittliche Forderung - im Sinn des kategorischen Imperativs -„absolut” gilt.

Um seinen Vorwurf zu beweisen, behauptet Häring, beim fünften Gebot lasse der Weltkatechismus „Ausnahmen” zu, nicht aber bei der Empfängnisverhütung.

Aber er hätte die einschlägige Stelle nachschlagen sollen! Denn bei den angeblichen Ausnahmen handelt es sich nicht um „Ausnahmen”, wie eigens vermerkt ist, und nicht um eine Aufweichung des Mordverbotes, das da lautet: Niemals einen Unschuldigen direkt töten (vergleiche K 2263).

Für den Papst sei das fünfte Gebot weniger absolut? Absurd! Unbeugsam besteht der Papst (im Unterschied zu manchen Moraltheologen) auf der absolut lückenlosen Gültigkeit des Mordverbotes, ohne irgendeine Ausnahme. Das weiß jeder, der seine Texte kennt. Wiederum: Härings Vorwurf beruht auf einem Mißverständnis.

■ Auch bezüglich der Empfängnisverhütung irrt sich Häring. Denn das bekannte Nein des Lehramtes bezieht sich auf den ehelichen Akt, nicht auf indirekte Sterilisationen und nicht auf Vergewaltigung, wie gerade jüngste Stellungnahmen in Hinblick auf Ereignisse in Bosnien festgestellt haben. Also auch hier gibt es scheinbar „Ausnahmen”.

Gegenstandslose Vorwürfe

Aber in beiden Fällen sind es keine „Ausnahmen”, sondern es handelt sich um die präzise Formulierung des göttlichen Gebotes. Der Vorwurf Härings ist absolut gegenstandslos. Ich weiß nicht, was ich mit einem Studenten täte, der mir solches bei der Prüfung erzählen würde.

■ Häring tut dem Papst aber nicht nur auf der intellektuellen Ebene unrecht, sondern greift ihn auch moralisch an: Zunächst lobt er Johannes Paul I.: Dieser habe es für ungerecht gehalten, dem Kirchenvolk unnötigerweise schwere Lasten im Namen Gottes aufzubürden, und Häring bedauert, daß die Einstellung des jetzigen Papstes eine andere sei. Der Logik folgend scheint Häring sagen zu wollen: Im Unterschied zum Vorgänger hält der jetzige Papst dieses von Jesus selbst verurteilte Verhalten für gerecht. Woher will er von dieser unchristlichen Haltung des Papstes wissen? Merkt Häring eigentlich, wie beleidigend sein Vorwurf ist?

■ Häring meint, Johannes Paul II. unterscheide sich von seinem Vorgänger durch ein „hohes Pflichtgefühl in Verbindung mit einem absoluten Vertrauen in seine Kompetenz und in den besonderen Beistand des heiligen Geistes”. Nun, auf den heiligen Geist vertrauen alle Päpste. Was aber meint Häring mit dem „absoluten Vertrauen” des Papstes „in die eigene Kompetenz”? Wenn er damit - wie der Kontext nahelegt - sagen wollte, daß der Papst leichtfertig seine Gedanken als Glaubenswahrheiten verkünde, obwohl es eben nur seine Meinungen snjd, ist auch dies zutiefst verletzend und hat mit sachlicher Kritik absolut nichts zu tun.

Alle diese haltlosen Anschuldigungen aus dem Mund eines Mannes, der sich gerne als „Apostel der Gewaltlosigkeit, des Friedens und der Toleranz” feiern läßt (vergleiche Interview in „Kirche Intern” November 1993)! Häring soll sich, bitte, weiter für all diese Werte einsetzen. Aber es wäre schön, wenn er sein Friedensapostolat mit der elementaren Gerechtigkeit innerhalb der Kirche beginnen würde. Es wäre der erste Schritt in Richtung Liebe.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung