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Viele Symptome geben Auskunft

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Empfängnisregelung nicht nur in kirchlichen Kreisen ein viel diskutiertes Thema. Pillenmüdig-keit, Bio- und Grünwelle schaffen neues Interesse an natürlichen Methoden. Diese sind längst nicht mehr ident mit der viel belächelten Knaus-Ogino-Regel. Viel Forschung und international gesammelte Erfahrung haben Fortschritte gebracht. Um den Stand des Wissens, Möglichkeiten, Grenzen und ethische Aspekte geht es in diesem Dossier.

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Empfängnisregelung nicht nur in kirchlichen Kreisen ein viel diskutiertes Thema. Pillenmüdig-keit, Bio- und Grünwelle schaffen neues Interesse an natürlichen Methoden. Diese sind längst nicht mehr ident mit der viel belächelten Knaus-Ogino-Regel. Viel Forschung und international gesammelte Erfahrung haben Fortschritte gebracht. Um den Stand des Wissens, Möglichkeiten, Grenzen und ethische Aspekte geht es in diesem Dossier.

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Es ist wissenschaftlich gesichert, daß innerhalb des weiblichen Zyklus nur wenige Tage fruchtbar sind. Darüber hinaus ist es möglich geworden, daß die Frau aufgrund bestimmter körperlicher Zeichen ihre persönlichen fruchtbaren Tage bestimmen und damit eine gewünschte Schwangerschaft bewußt anstreben kann.

Es könnte viel mehr Frauen mit Kinderwunsch geholfen werden, wenn das Wissen um die Beobachtbarkeit der fruchtbaren Tage weiter verbreitet wäre.

Andrerseits können unfruchtbare Tage mit einer derartigen Genauigkeit bestimmt werden, daß es möglich ist, eine Schwangerschaft mit Sicherheit zu vermeiden. Innerhalb dieser Natürlichen Empfängnisregelung haben sich die sogenannten sympto-thermalen Methoden als verläßlichste erwiesen.

Dabei werden Zeichen der fruchtbaren sowie der unfruchtbaren Tage beobachtet, und an bestimmten Tagen des Zyklus wird die Aufwachtemperatur gemessen.

Ich habe bereits 1951 begonnen, eine eigene — und zwar die erste echte — sympto-thermale Methode zu entwickeln. Dabei wurde großer Wert auf die Selbstbeobachtung des Zervixschleimes gelegt.

Es ist seit mehr als 100 Jahren bekannt, daß eine Frau nur dann schwanger werden kann, wenn sich aus dem Halsteil der Gebärmutter (Zervix) dünnflüssiger Zervixschleim entleert. Dieser bildet sich an den Tagen, an denen für gewöhnlich ein Eisprung bevorsteht.

Daß dieser Zervixschleim von der Frau selbst beobachtet werden kann, war lange Zeit umstritten. Ich konnte jedoch schon 1968

als erster Zahlen vorlegen, daß auf jeden Fall mehr als 90 Prozent der Frauen zu dieser Selbstbeobachtung fähig sind.

Die Weltgesundheitsorganisation veröffentlichte 1981 eine Fünf-Länder-Studie, wonach bis zu 99,5 Prozent der Frauen - vor allem in Entwicklungsländern — imstande sind, bei sachgerechter Unterweisung den Zervixschleim in einer Art und Weise zu beobachten, daß die Beobachtung für die Praxis auswertbar ist.

Nur an den Tagen mit dem dünnflüssigen Zervixschleim können Samenzellen aufwandern und zu einer Empfängnis führen. An allen anderen Tagen des Zyklus verlieren die Samenzellen im sauren Müieu der Scheide sehr rasch ihre Befruchtungsfähigkeit und können nicht warten, bis der für sie günstige Zervixschleim auftritt.

Die Selbstbeobachtung des Zervixschleimes wird ermöglicht durch Erlernen von verschiedenen Empfindungen, wie sie in der Scheide empfindungsmäßig und ohne jede Untersuchung wahrgenommen werden können, und mit Hüfe einer rein äußerlichen Beobachtung.

Die Auswertung der Aufwachtemperatur erfolgt in Abhängigkeit von der Zervixschleimphase. Umgekehrt kann die Beobachtung und Auswertung der Zervixschleimphase durch die Temperatur kontrolliert werden. Bei vorhandener Notwendigkeit, eine Schwangerschaft zu vermeiden, gelingt dies mit einer Verläßlichkeit, die sich mit jener der Pille vergleichen läßt, ohne aber mit den gesundheitlichen Nachteilen der Pille verbunden zu sein.

Diese Verläßlichkeit kann aber nur mit Hilfe der gleichzeitigen Messung der Auf wachtemperatur erreicht werden. Die Temperatur wird morgens unmittelbar nach dem Erwachen gemessen.

Dies muß täglich nicht zur gleichen Uhrzeit erfolgen. Nähere Einzelheiten mögen dem angeführten Buch entnommen werden. Meist wird die Temperaturmessung in verschiedenen Gebrauchsanweisungen viel zu umständlich dargestellt.

Die Temperaturkurve verläuft im ersten Teil des Zyklus auf einer tieferen Lage,und steigt um die Zeit des Eisprunges auf ein höheres Niveau. Man kann weder mit der Temperaturmessung, noch mit der Zervixschleimbeob-achtung den Tag des Eisprunges bestimmen.

Es ist viel wichtiger, den Beginn und das Ende der fruchtbaren Tage zu bestimmen. Es werden immer wieder irreführende Angaben über den „Tag der Ovulation (Eisprung)“ gemacht, was dann zu überraschenden Schwangerschaften führen kann.

Die beobachtbare Zervixschleimphase hegt für gewöhnlich an den Tagen vor dem Ansteigen der Aufwachtemperatur und kann in die Temperaturhochlage hineinreichen. Wichtig ist, daß sich eine Temperaturhochlage feststellen läßt, was nach den Erfahrungen unseres Beratungsdienstes in 98,5 Prozent der Zyklen möglich ist. Nur bei Ausbildung einer Temperaturhochlage läßt sich eine sicher unfruchtbare Zeit bestimmen.

Die alleinige Zervixschleim-beobachtung, wie zum Beispiel die Methode Billings, kann diese Verläßlichkeit nicht erreichen. Es können nämlich Zervixschleim-phasen zur Beobachtung kommen, die nicht mit einem Eisprung verbunden sind, sondern als „Fehlalarm“ anzusehen sind.

Trotz vorhandener Beobachtbarkeit des Zervixschleimes, wie er für die sympto-thermale Methode ausreichend ist, kann sich dies für viele Frauen in Ländern der westlichen Zivilisation als ungenügend für die alleinige Zervixschleimbeobachtung erweisen.

Selbst wer ein gutes Schleimmuster hat, muß dabei mit einem Pearl Index von etwa drei rechnen. Der Pearl Index gibt an, mit wie vielen überraschenden Schwangerschaften 100 Frauen bei einem bestimmten Vorgehen in einem Jahr zu rechnen haben.

Die Frage nach der Zuverlässigkeit der geschilderten sympto-thermalen Methode muß differenziert beantwortet werden. In der ausgebildeten und in Abhängigkeit vom Zervixschleim bestimmten Temperaturhochlage ist noch nie eine Schwangerschaft eingetreten. Die Verläßlichkeit ist 100 Prozent und der Pearl Index daher Null.

Wer zusätzlich die ersten sechs Tage des Zyklus als unfruchtbar annehmen will, hat mit einem Pearl-Index von 0,2 zu rechnen. Wer eine entsprechende Erfahrung mit der verfeinerten Beobachtung des Zervixschleimes oder mit bestimmten anderen Feststellungsmethoden hat (siehe Kasten), kann weitere unfruchtbare Tage zu Beginn des Zyklus bestimmen (Pearl Index 0,9).

Es gibt folgende Möglichkeiten, die Natürliche Empfängnisregelung zu erlernen: Sie könnten ein Buch lesen, das für den Selbstunterricht geeignet ist (siehe Kasten). Sie könnten Kontakt mit Personen suchen, welche Erfahrung in der Natürlichen Empfängnisregelung haben, und Sie könnten einen der Kurse besuchen, wie sie im gesamten deutschen Sprachraum laufend angeboten werden.

Der Autor ist Arzt in Vöcklabruck.

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