Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Vielleicht ist PLO doch keine Heilsarmee
Eine Maschinenpistole, vier Sturmgewehre mit Munition sowie sechs scharfe Handgranaten scheinen bei Österreichs Bundesregierung das erste Aufdämmern einer Ahnung bewirkt zu haben, unsere Palästinenserpolitik könnte auch ihre Schattenseiten haben. Sie hat.
Aber bis zur Sicherstellung der genannten Waffen im Gepäck zweier Araber, die vom offiziellen PLO-Ver- treter in Wien am Flugplatz Schwechat erwartet wurden, gab es in offiziellen Kreisen immer nur eine Sprachregelung: Die PLO als Dachorganisation vieler Palästinenservereine ist gut, Abspaltungen wie die des Abu Nidai sind schlecht.
Noch nach der Festnahme der beiden Waffenschmuggler ließ Bundeskanzler Kreisky wissen, diese seien „sicher zur Vorbereitung von Terrorakten nach Wien gekommen“, doch wäre es „voreilig und falsch, sie mit der PLO in Verbindung zu bringen.“
Aber Innenminister Erwin Lane, der monatelang in ähnlichen Fällen denselben Standpunkt vertreten hatte, mußte dann doch eine „schwere Erschütterung des Vertrauensverhältnisses“ zum offiziellen PLO-Vertreter zugeben, der einen der beiden Festgenommenen früher einmal der österreichischen Polizei als Kontaktmanr. empfohlen hatte.
Da versteht man auch besser, warum die Ermittlungen im Mordfall Nittel so gut wie nie weitergekommen sind: Man verließ sich in Wien, so scheint es, auf das, was uns von der PLO vorgegaukelt wurde, und scharfe Grenzkontrollen übte man nur, wie diesmal, auf Grund von „Tips“ aus.
Wäre nicht die seit Wochen kolportierte Behauptung, Abu-Nidal-Leute trachteten Österreichs Kanzler nach dem Leben, Grund genug für exemplarische Grenzkontrollen gegenüber verdächtigen Einreisenden aus dem Orient gewesen?
Heute sollte wirklich niemand mehr daran zweifeln, daß die einzelnen Flügel und Fraktionen der PLO ebenso wie abgesplitterte Verbände mit- und untereinander verfeindet sind und vor Gewaltakten gegeneinander und gegen Dritte nicht zurückschrecken.
Der bis vor wenigen Tagen angeblich so vertrauenswürdige PLO-Vertreter in Wien hatte im April 1980 ein von Gehässigkeiten nur so strotzendes Dokument veröffentlicht, von dem die „Salzburger Nachrichten“ damals schrieben, es sei eine Mustererklärung dafür, „warum Israel im Nahostkonflikt Kompromißbereitschaft vermissen läßt.“ Hat dieses Dokument damals das „gute Vertrauensverhältnis“ geschaffen, das nun auch Lane zerstört sieht?
Die Lehre, die es für Österreich aus diesen Erfahrungen zu ziehen gälte, ist relativ einfach: weiterhin für eine gerechte, menschenwürdige Lösung des Nahostkonflikts einzutreten, auch gegenüber einer maßlosen Regierung in Israel, die Verhätschelung der PLO aber bleiben zu lassen und zur Kenntnis zu nehmen, daß nicht nur Israel' sondern auch Ägypten, Jordanien und Syrien nichts so sehr verhindert sehen möchten wie einen selbständigen Palästinenserstaat.
Wäre es anders, hätten sie ihn zwischen 1948 und 1967 genau dort errichten können, wo er jetzt hinkommen soll: Westjordanland und Gazastreifen waren damals fest in Araberhand.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!