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Visionen gegen die Uni-Misere

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Das Unbehagen mit dem Zustand der universitären Ausbildung ist groß. Auch die innere Organisation der Hochschulen liegt im argen. Höchste Zeit für eine grundlegende Wende!

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Das Unbehagen mit dem Zustand der universitären Ausbildung ist groß. Auch die innere Organisation der Hochschulen liegt im argen. Höchste Zeit für eine grundlegende Wende!

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Diese Koalitionsregierung von SPÖ und ÖVP hat nicht erkannt, daß dem Bereich der Universität die Schlüsselfunktion für einen geistigen und wirtschaftlichen Aufschwung unseres Landes zukommt.

Denn wenn die führenden Politiker des Landes sich Wochen und Monate zusammensetzen und dann für den wichtigen Bereich der Wissenschaft und Forschung lieblose zweieinhalb Maschin-schreibseiten hervorzaubern, dann werden unsere kranken Universitäten bestimmt nicht die Medikamente bekommen, die sie brauchen.

Und so dürftig sind die Ergebnisse der Verhandlungen der Koalitionspartner: Lediglich im Forschungsbereich, aber nicht im Bereich der gesamten Universität billigt man eine Budgetsteigerung zu. Es gibt einige Absichtserklärungen in Richtung mehr Hochschulautonomie und der Aufbringung von Drittmitteln. Und dann nennt man ein paar legislative Maßnahmen, um die man ohnehin nicht mehr herumkommt. Das ist auch schon alles.

Zu guter Letzt „wählte” man einen Mann für die Leitung des Wissenschaftsressorts, der in persönlichem Widerspruch zu den Gesetzesvorhaben steht und als Repräsentant der Verwaltungsmisere an der Universität Wien gilt.

Freilich wird man auch im Universitätsbereich sparen können. Die drückende Raumnot wiid man zumindest zu einem geringen Prozentsatz durch organisatorische Verbesserungen in der Auslastung beheben können. Auch die „Körberlschillinge” für die Professoren bei den Prüfungsgeldern (allein an der Universität Wien immerhin 130 Millionen Schilling) könnten in Frage gestellt werden.

Aber: Insgesamt wird die Universität eine kräftige budgetäre Zuwaage benötigen, wenn wir uns nicht noch weiter vom internationalen Niveau abkoppeln wollen.

Neben diesem grundsätzlichen Stellenwert der Hochschulen, den offensichtlich noch keiner der Politiker diskutiert hat, hat man sich aber auch nicht einmal mit dem Inneren der Universität beschäftigt. In Frage steht zum Beispiel, ob die Lehr- und Lernvorgänge an der Universität den Erfordernissen angepaßt sind.

Die „Aktionsgemeinschaft” als die stärkste Studentenpartei hat die Zustände an der Universität analysiert und in ihrem Programm „Univision” wichtige Veränderungen angeregt. So wird zum Beispiel ein dreiphasiges Studienmodell vorgeschlagen, das in einer Orientierungs-, Projekt- und Studienausgangsphase eine effektivere universitäre Ausbildung garantieren soll.

Veränderte Verhaltensweisen stehen aber nicht nur für die Studentenschaft zur Diskussion. Befürchtet Wissenschaftsminister Hans Tuppy, eine allzu eilige Pragmatisierung der Assistenten könnte das Niveau der Universität drücken und den wissenschaftlichen Nachwuchs behindern, so hat sich der Minister diese Frage bei den Professoren noch nicht gestellt. Die „Aktionsgemeinschaft” schlägt daher vor, Professoren auf Zeit zu bestellen.

Und letztlich braucht die Universität ein vom ministeriellen Gängelband unabhängiges Management; ein Management ohne Verwaltungseskapaden und eines, das auch dem Institutsegoismus entgegensteuern kann.

Denn was es in Österreich derzeit nicht gibt, das ist die Universität als selbstbewußte Institution. Es gibt einzelne Institute, es gibt die Kurien der Professoren, Assistenten und Studenten mit ihren jeweiligen Interessen.

Die Weiterentwicklung der Universitätsdemokratie muß vor allem auch eine partnerschaftliche und gefühlsmäßige sein, in der es auch möglich ist, Interessen der einzelnen Institute gegeneinander abzuwiegen und auszudiskutieren, anstatt wie bisher bestimmte Einzelinteressen mit dem Ministerium unter der Tu-chent „auszumauscheln”.

Die „Aktionsgemeinschaft” hat mit ihrem Programm „Univision” klare Linien vorgelegt. Gut und wünschenswert wären nun ähnliche Ideensammlungen und Forderungen von seiten der anderen Interessengruppen, aber auch vom Ministerium. Denn die vereinzelten und meist unausgegore-nen Brocken, die den Universitäten vom Minoritenplatz, dem Sitz des Wissenschaftsministeriums, über die Medien vorgeworfen werden, haben mit einem langfristigen Programm nichts zu tun.

Der Autor ist Vorsitzender der Hochschülerschaft an der Universität Wien.

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