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Vitaminstoß aus Rom?

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„Meine Bilanz ist gemischt“, meint Paul Schulmeister, Präsident der Katholischen Aktion Österreichs, zu den bisher erkennbaren Resultaten der Bischofssynode in Rom. Am 30. Oktober ging diese Versammlung zum Thema „Berufung und Sendung der Laien in Kirche und Welt - 20 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil“ zu Ende.

Daß eine Synode zu diesem Thema überhaupt stattfand, daß daran neben 230 Bischöfen und Kuriepprälaten auch 60 Laienvertreter teilnehmen und vielfach auch das Wort ergreifen konnten, bewerten sowohl Schulmeister als auch Ingrid Klein, die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs, durchaus positiv. Ingrid Klein findet es gut, daß hier „vier Wochen hindurch und weltweit vernehmbar Grundanliegen artikuliert wurden“. Diese Wortmeldungen erscheinen unwesentlicher als das, was letztlich Eingang in das Schlußdokument fand.

Die offizielle Schlußverlautbarung der Synodalen stellt eine neun Maschinschreibseiten umfassende „Botschaft an das Volk Gottes“ dar. Daneben wurden für den Papst nicht zur Veröffentlichung bestimmte Vorschläge („Propositiones“) erarbeitet, über deren Verwirklichung dann der Papst entscheidet. Durch Indiskretionen wurde bekannt, daß die erste Fassung dieser Vorschläge vor allem in der Frauenfrage - zunächst war eine Studie über die Möglichkeit, Frauen zum Diakonat zuzulassen, angeregt worden — entschärft wurde.

Hier setzt Schulmeisters Kritik an: „Warum mußten die Propositiones entschärft werden?“ Als hauptberuflicher TV-Journalist bemängelt er auch das Vorgehen vatikanischer Ordnungshüter gegenüber den Medien. Da habe es eine unverständliche Scheu vor der Verlautbarung der wörtlichen Texte von Synodenrednern gegeben. Einzelne Journalisten wurden sogar handgreiflich an ihrer Arbeit gehindert.

Zurückhaltung, Defensive waren wohl auch die deutlichsten Schwächen dieser Synode, die zwar — darin stimmen Schulmeister und Ingrid Klein überein — keine offenen Türen zugeschlagen, aber auch keine neuen Türen geöffnet habe. Der gemeinsame Nenner (war es der kleinste mögliche?) wurde gesucht und gefunden. „Es hätte mehr möglich sein müssen, ohne daß man etwas riskiert hätte“, resümiert Schulmeister. Gerade gegenüber den Frauen hätte es „eines klareren Schrittes bedurft“.

In der Schlußbotschaft begnügen sich die Synodalen damit, „die gleiche Würde von Mann und

Frau“ (unter Hinweis auf Genesis 1,27) zu betonen, sie „verwerfen die Diskriminierungen“ und „begrüßen die erreichte Anerkennung der der Frau zustehenden Rechte, die ihr die Erfüllung ihrer Sendung in Kirche und Welt erlauben“.

Einige der deutlichsten Kernsätze aus dem übrigen Text:

„Alle Christen - Laien, Kleriker und Ordensleute - haben dieselbe Würde.“

„Alle sind wir Missionare!“

„Die Welt braucht Frieden. Die Menschen müssen in ihren grundlegenden Rechten geachtet werden. Das menschliche Leben ist heilig.“

Mit Genugtuung hat Schulmeister die Wortmeldung des Linzer Bischofs Maximilian Aichern in Rom verfolgt, in der dieser Freiräume für die Ortskirche verlangt hat. Ein bemerkenswerter Satz steht nach der lobenden Erwähnung der Katholischen Aktion und der traditionellen katholischen Verbände zu den neuen Laienbewegungen, die sich mancherorts abzukapseln drohen, in der Schlußbotschaft: „Ein immer gültiges Kennzeichen ihrer Echtheit ist ihre harmonische Eingliederung in die Ortskirche, um diese gemeinsam mit ihren Hirten in Liebe aufzubauen.“

Ingrid Klein ist im Hinblick auf Karl Rahners Wort, man müsse, wenn in der Kirche etwas von vielen Seiten komme, den Verdacht haben, daß der Heilige Geist dahinterstecke, zuversichtlich, daß die Frauenfrage — sicher eines der Zentralthemen dieser Synode — immer mehr Beachtung finden werde, zumal es in den .Aufrufen“ am Ende der Schlußbotschaft heißt: „Ihr Frauen, ihr kämpft zu Recht für die volle Anerkennung eurer Würde und Rechte.“

Daß durch die Synode quasi per Erlaß von oben alles anders wird, hat ohnedies niemand erwartet. Wichtig sei, betont Ingrid Klein, daß auf diözesaner Ebene weiter solche Dinge passieren können wie jüngst in Basel, als der dortige Bischof eine Frau zum Ördinari-atskanzler machte.

Und auch für Paul Schulmeister ist es keine Frage, daß die Rolle des Laien in der Kirche immer bedeutsamer wird. Das Selbstbewußtsein der Laien sei heute schon so groß, daß es - ohne daß die Ergebnisse einer solchen Synode zu unterschätzen seien - nicht allein darauf angewiesen sei, was aus Rom an „Vitaminspritzen“ komme oder nicht komme: „Man klappt auch ohne solche .Vitaminspritzen' nicht zusammen.“

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