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Völlig Taube hören — dank Elektronik

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Der dieser Tage vorgelegte Jahresbericht 1982 des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) legt Bilanz über 15 Jahre organisierte Forschungsförderung in Österreich. 1967 war das Forschungsförderungsgesetz verabschiedet und damit die Grundlage zur Gründung der beiden Fonds gelegt worden, des FWF und des Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft (FFF).

15 Jahre sind genug, um die Frage zu stellen: Was kam heraus? Was hat der „kleine Mann“ davon, für den Projekttitel wie „Soliton

und Defekterzeugung in Polyacetylen“ oder „Globalisierung lokal konvergenter Algorithmen zur Lösung von Optimierungs- und Kontrollproblemen“ unverständlich sind?

Was hat der Steuerzahler von der Arbeit der Wissenschaftler, die in diesen 15 Jahren 1,8 Milliarden Schilling in ihre Projekte investieren konnten (und noch viel mehr gebraucht hätten, um alle durchzuführen, die einer Förderung wert gewesen wären)?

Univ.- Prof. Kurt Komarek, Ordinarius für Anorganische Chemie an der Universität Wien und seit einem Jahr Präsident des FWF, weist vor allem auf ein Beispiel (und der Vergleich mit anderen Arbeitsbeschaffungsaktionen der letzten Vergangenheit ist unübersehbar):

Ohne die Arbeiten des Instituts für Elektrotechnik an der Technischen Universität Wien unter der Leitung des früheren Vizepräsidenten des Fonds, Univ.-Prof. Fritz Paschke, hätte sich die Firma Siemens wohl kaum entschlossen, bei Villach einen Betrieb hinzustellen, in dem heute bereits 800 Arbeitskräfte beschäftigt sind und demnächst 1000 arbeiten werden. Die Qualität der dort mit österreichischem Know- how erzeugten Produkte gilt weltweit als Spitze.

Die Elektroniker sind auch sonst besonders aktiv und durch die Förderung des Fonds in der Lage, fächerübergreifend — etwa mit den Medizinern gemeinsam — neue Entwicklungen für den Menschen vorzulegen.

Da arbeitet etwa seit mehreren Jahren Univ.-Doz. Erwin Hoch- mair vom Institut Paschke mit dem Ohrenspezialisten Univ.- Prof. Kurt Burian von der Universität Wien zusammen, um

durch die Einsetzung neuartiger, elektronisch gesteuerter Hörhilfen klinisch Tauben das Hörvermögen wiederzugeben.

Gerade bei diesem Projekt zeigt sich aber auch die Schwierigkeit, die wissenschaftlichen Ergebnisse dann wirtschaftlich auszunützen: Man bot die Hörhilfe zur Produktion der VOEST an, die nach langen Verhandlungen ausstieg — worauf sich „3M“ interessiert zeigte. Im Vorjahr liefen bereits 25.000 Dollar — fast eine halbe Million Schilling — aus den Patentzahlungen der Amerikaner an den Fonds zurück.

Um zahlenmäßige Vorstellungen zu geben, führt Prof. Komarek das Forschungsprojekt der Veterinärmediziner an, das sich mit der Bekämpfung der Euterentzündung bei Rindern befaßt. 224.000 Schilling hat der Fonds dafür bewilligt — ein Erfolg des noch laufenden Projekts würde jährlich 200 Millionen Schilling ersparen, die die österreichische Viehwirtschaft heute noch durch die Seuche erleidet.

Der Denkmalschutz, der nicht unwesentlich zur Stützung des Fremdenverkehrs beiträgt, oder der Umweltschutz, heute doch allgemeines Anliegen, bekommen über die Forschungsförderung ihre direkten Impulse.

An der Universität für Bodenkultur und der Hochschule für angewandte Kunst laufen gemeinsame Verwitterungsversuche an Gesteinen, die dem Abbröckeln der Baudenkmäler entgegenarbeiten sollen. Und die analytischen Chemiker können, dank der Unterstützung durch den Fonds, heute mit modernen Methoden und Apparaturen Spurenelemente erfassen, die vor zehn Jahren noch nicht erfaßbar waren, aber, wie man heute weiß, für Ernährung und Gesundheit große Bedeutung besitzen.

In den nächsten Jahren gelte es vor allem, meint Komarek, das bisher aufgebaute wissenschaftliche Potential weiterzuentwickeln und nicht wieder verfallen zu lassen — dazu braucht es mehr Geld als bisher. Dazu muß aber auch das Wissenschaftsministerium erhalten bleiben, wehrt sich der Forschungsboß gegen Absichten, am falschen Platz zu sparen.

Darüber hinaus wird man der Umsetzung der Forschungsergebnisse in die wirtschaftliche Auswertung geeignete Einrichtungen geben müssen, wie sie im Ausland vielfach bestehen. Hierfür soll das Forschungszentrum Seibersdorf zur Umschlagstelle für den Tech

nologietransfer ausgebaut werden.

Und schließlich braucht die Nachwuchsförderung, wie sie im Forschungsorganisationsgesetz als ausdrückliche Aufgabe gestellt ist, gesetzliche Regelungen und vor allem besondere Mittel.

Der Forschungsfonds sichert zur Zeit rund 900 Arbeitsplätze — auch eine Zahl, die angesichts der Diskussion um Arbeitsplatzsicherung und Akademikerarbeitslosigkeit nicht .vergessen werden sollte.

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