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Volksbegehren für ä direkte Demokratie

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Für die AKTION DIREKTE DEMOKRATIE haben sich einige Leute zu einem Arbeitskreis zusammengeschlossen, die parteiunabhängig sind, eine ideologisch differenzierte Auffassung haben und eine Änderung der Werthaltung anstreben. Das heißt, wir streben eine Abkehr vom extremen materiellen Denken, vom übergroßen Leistungsdruck und von egoismusfördernden Prinzipien unseres Systems an. Politik muß sich stärker an ökologischen Gesichtspunkten ausrichten und in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik sollen vermehrt Nächstenliebe, Humanität, Toleranz und Verantwortungsbewußtsein zum Tragen kommen.

Wir sind der Meinung, daß man sich nicht immer einfach in die Privatsphäre zurückziehen kann, sondern wenigstens fallweise politisch aktiv (rucht nur passiv) sein sollte. Die Entwicklung der Zukunft betrifft jeden Menschen und daher sollte auch jeder einen Teil seiner Zeit dafür einsetzen, um an der Lösung gesellschaftlich relevanter Probleme mitzuwirken. Wer das nicht macht, wer sich einigelt, wer den Kopf hängen läßt, wer wegen egoistischer Interessen keine Zeit dafür hat, handelt der richtig?

Wir versuchen mit dieser Aktion, das politische Interesse und damit die Demokratie zu beleben. Ist unser Ziel erreicht, daß das Volk eine Volksabstimmung verlangen kann, wenn seine Gesetzesinitiative abgelehnt wird, dann ist es möglich, einen größeren Einfluß zur Gestaltung unserer Zukunft auszuüben.

Wir möchten uns bemühen, eine gemäßigte, tolerante, kooperative Linie einzuhalten.

Folgende Personen unterstützen die AKTION DIREKTE DEMOKRATIE: Ammann Matthias, Coser Brigitte, Klotz Elisabeth, Neuner Alexandra, Gapp Rudolf, Schönach Klaus, Süß Manfred, Türtscher Johannes, Winkler Adolf, Zotter Josef.

Die österreichische Bundesverfassung sieht zwei Elemente der direkten Demokratie vor, nämlich Volksbegehren und Volksabstimmung. Bei näherer Betrachtung erweisen sich jedoch beide Möglichkeiten im Sinne einer echten direkten Demokratie als wirkungslos.

Das Volksbegehren muß, wenn 200.000 Stimmberechtigte einen Gesetzesvorschlag einbringen, von der Bundesregierung dem Nationalrat zur Behandlung vorgelegt werden. Eine Mehrheit im Nationalrat kann aber diesen Vorschlag übergehen und eine ganz andere Entscheidung treffen. Derzeit sind Bestrebungen im Gange, die Mindeststimmenan-zahl für ein Volksbegehren von 200.000 auf 100.000 herunterzusetzen, was jedoch an der Wirkungslosigkeit nichts ändert. Bekanntlich wurde bereits ein Volksbegehren, welches

900.000 Stimmen erreichte, übergangen.

Das andere Element der direkten Demokratie ist die Volksabstimmung, die aber nur vom Nationalrat veranlaßt werden kann. Wiederum hatalso das Volk keine Möglichkeit, wirksame Initiativen zu setzen. Seit Bestehen der Zweiten Republik wurde zudem erst eine Volksabstimmung durchgeführt.

Ziel des Volksbegehrens „AKTION DIREKTE DEMOKRATIE" ist es daher, grob gesprochen, folgende Regelung in der Bundesverfassung zu verankern: Auf Grund eines Antrages yon 100.000 Stimmberechtigten über die Regelung einer Gesetzesangelegenheit muß eine Volksabstimmung durchgeführt werden, falls der Nationalrat das Gesetz nicht im begehrten Inhalt verabschiedet. Damit soll dem Bürger das Gefühl politischer Ohnmacht des Bürgers zwischen den Wahlzeiten genommen werden. Durch direkte Mitbestimmung soll dem einzelnen Menschen mehr Verantwortung und Selbständigkeit gegeben werden, als dies im derzeitigen System unseres Parteien- und Verbändestaates, mi\ einigen mächtigen Persönlichkeiten an der Spitze, der Fall ist.

Das politische Desinteresse vor allem der Jugend in Österreich, bekanntlich auch von Parteifunktionären bedauert und als Problem für die Demokratie erkannt, ist in Wirklichkeit eine Abneigung gegenüber ausuferndem, tendentiell entmündigendem Parteiwesen. Das politische Interesse ist nämlich vorhanden, nur müssen dem Möglichkeiten eröffnet werden, sich wirkungsvoll einsetzen zu können, ohne daß damit eine Einbindung in das derzeitige Parteiensystem verbunden ist. Das heißt nämlich vielfach, materielles Denken, rücksichtslose Konkurrenz, Stim-menmaximierungsprinzipien und dergleichen mehr, in Kauf nehmen zu müssen.

Keinesfalls wird mit dieser Initiative eine völlige Politisierung des Menschen angestrebt, da es viel wichtigere Bereiche im Leben gibt. Jedoch, Interesse und Aktivitäten im politischen Geschehen sollen gefördert und ermöglicht werden, Durch die Politik wird das Zusammenleben der Menschen geregelt. Wir meinen, daß an den dafür notwendigen Ideen, Initiativen und Entscheidungen möglichst viele Menschen teilnehmen sollen. Wichtigste Grundlagen dafü r sind eine gute Information über verschiedenste Seiten und Ansichten eines Problemkreises, sowie die Möglichkeit zu wirksamen Aktivitäten.

Häufig hört man als Argument gegen die direkte Demokratie, daß das österreichische Volk dafür nicht reif genug sei, und damit werden Bestrebungen zum Abbau der extrem repräsentativen Demokratie abgelehnt.

Wir sind der Meinung, daß dies eine Fehleinschätzung der Menschen in unserem Land ist. Zudem sind mit einem höheren Grad an Selbständigkeit und Verantwortungsbewußtsein, eben durch direkte Mitbestimmung, stabilere politische Verhältnisse gewährleistet

Aus der „unipress" der Hochschülerschaft an der Universität Innsbruck.

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