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Digital In Arbeit

Vom Gehilfen zum Mitgestalter

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Die „Berufswelt im Jahr 2000" ist Thema des dieswöchigen Dossiers. Über die Umsetzung neuer Management-Einsichten sprach die FURCHE mit Alcatel-Gene-raldirektor Lorenz Fritz.

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Die „Berufswelt im Jahr 2000" ist Thema des dieswöchigen Dossiers. Über die Umsetzung neuer Management-Einsichten sprach die FURCHE mit Alcatel-Gene-raldirektor Lorenz Fritz.

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FURCHE: Eine Branche mit starker amerikanisch-asiatischer Konkurrenz muß auf Veränderungen sehr rasch reagieren. Welche Anforderungen stellt das an das Management?

GENERALDIREKTOR LORENZ FRITZ: Das wichtigste ist die Fähigkeit, Veränderungen zu managen. Zwar hat es Veränderungen schon immer gegeben, nur die Geschwindigkeit, in der diese in den letzten Jahren vor sich gingen und bis zur Jahrtausendwende noch vor sich gehen werden, stellt die Manager, und nicht nur sie, vor ganz neue und andere Aufgaben.

FURCHE: Wie managt man Veränderung?

FRITZ: Das beginnt mit der Einstellung, Veränderung nicht als Bedrohung, sondern als Chance und Herausforderung zu sehen. Tut ein Manager das nicht, wäre er eigentlich schon überfordert. Aber das geht noch weiter. Der Manager muß nicht nur Veränderungen bewirken wollen, er muß auch symbolisch dafür stehen, als Mensch in seinem ganzen Verhalten. Sich nur mit der Vision, mit der Orientierung, mit dem „Coaching" für die Mitarbeiter zufrieden zu geben, genügt nicht.

FURCHE: Welchen Stellenwert hat der Mensch im Unternehmen der Zukunft?

FRITZ: Zukünftig gilt noch mehr als heute, daß der Manager im Mitarbeiter nicht den Erfüllungsgehilfen und Kostenfaktor sieht. Ermuß ihn als Partner begreifen, als Mitunternehmer, als Mitgestalter, der Sinn in der Arbeit sucht und nicht nur ein Rädchen im Getriebe sein möchte. Für den Manager bedeutet d is Rahmenbedingungen zu schaffen, die selbständiges Handeln in Eigenverantwortung zulassen.

FURCHE: Eigenverantwortung bedeutet weniger Hierarchie. Kann das funktionieren?

FRITZ: Diese Frage beschäftigt mich auch schon sehr lange und ich habe dazu sicherlich keine endgültige Meinung. Das ist ein typisches Thema, wo man ständig im Dazu-lemen ist und seine Ansicht auf Praktikabilität immer wieder überprüfen muß.

Heute ist fast alles in der Aufgabenstellung und Aufgabenrealisie-rung Spezialisten übertragen. Jeder für sich stellt dann einen Teil der gesamtunternehmerischen Aktivitäten. Trotzdem brauchen sie Führung und Orientierung, denn sonst laufen sie im besten Wollen kreuz und quer.

Aufgabe eines Topmanagers oder einer Geschäftsleitung ist es zu definieren: Wo wollen wir mit dem Unternehmen in Zukunft hin und wie schaffen wir eine Kultur des Miteinander bei aller Individualität? Dabei müssen sie zum einen überzeugt sein, daß sie nur mit anderen, nur mit deren Motivation - was Freiraum und Selbstbestimmung in der Arbeit heißt -weiterkommen. Auf der anderen Seite kommen sie damit allein nicht zum Ziel, weil ein Unternehmen eine Lei-K stungsgemeinschaff mit wesentlichen Langfristzielen ist. Zwanzig Jahre Managementerfahrung haben mich gelehrt, daß es auf die Mischung von beiden ankommt.

FURCHE: Gibt es noch weitere Anforderungen an die Führungspersönlichkeiten der Zukunft?

FRITZ: Bisher haben wir von der innerbetrieblichen Kompetenz des Managers gesprochen. Dazu kommt als zweites, sehr wesentliches Wirkungsfeld, die Vertretung des Unternehmens in der Gesellschaft. Dazu muß man über den Betrieb hinaussehen, das heißt, als politischer Mensch denken und handeln. Das bedeutet aber auch, Verantwortung zu tragen für die Eingliederung des Unternehmens in die Gesamtgesellschaft und zum Beispiel den Forderungen nach weniger Umweltbelastung und Manipulation des Konsumenten Rechnung zu tragen.

FURCHE: Wie wichtig ist es, daß Unternehmer in diesen Dimensionen denken und handeln?

FRITZ: Ohne Übertreibung kann ich sagen, daß ein Unternehmen, das international tätig sein will, und das muß es immer mehr in diesem Mega-trend des globalen Wirtschaftens, darum nicht herumkommt. Sicherlich gibt es noch Aufgabenstellungen und Branchen, wo man nicht in diesem Zugzwang ist. Aber auch dort hat man Mitarbeiter, deren Erwartungshaltungen nicht so verschieden sein werden von denen in international ausgerichteten Unternehmen. Schon aus dieser Wertveränderung ist auch der Unternehmer in diesem überschaubaren Zusammenhang gefordert. Der Zugzwang wirkt nur viel schneller, je internationalerem Unternehmen agieren muß.

Das Gespräch führte Irmgard Inführ.

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