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Vom WBO-Tief zu neuen Untiefen

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Zwei angeschlagene Landesparteisekretäre und ein Polit-Krimi, in dem jeder jeden verdächtigt: in Niederösterreich geht es drunter und drüber. Und um die Mehrheit.

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Zwei angeschlagene Landesparteisekretäre und ein Polit-Krimi, in dem jeder jeden verdächtigt: in Niederösterreich geht es drunter und drüber. Und um die Mehrheit.

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Burgenlands OVP-Landeschef Franz Sauerzopf sieht einen Wunsch erfüllt: Das „pannoni-sche Tief" um die „Wohnbau Ost" (WBO) lagert voll über Niederösterreich. Erste Auswirkungen: Zwei angeschlagene Landesparteisekretäre und ein Polit-Krimi, in dem jeder jeden verdächtigt.

.Angeschlagen" ist ÖVP-Lan-desparteisekretär Walter Zimper. Er ist über die Aussage der WBO-Sekretärin Gertrud Kieteubl gestolpert, die ihm 500.000 Schilling übergeben haben will. Er leugnete zuerst, um dann einzuräumen, daß er auf die halbe Million „vergessen" haben könnte. Zur fraglichen Zeit habe er ja zwei Millionen zur Sanierung des Kremser Faber-Verlags von WBO-Chef Ernst Rauchwarter übernommen (und drei Tage später wieder zurückgezahlt).

.Angeschlagen" ist auch SPÖ-Landesparteisekretär Max Stra-che. Er soll Kieteubl für Informationen Geld geboten haben — was er bestreitet. Nun gibt er aber zu, sie zweimal getroffen zu haben.

Und der „Polit-Krimi": Kieteubl bestritt in einem TV-Interview, Strache je getroffen zu haben. Auch Strache will sie plötzlich nicht genau erkennen. Aber der Zeuge, der Strache und die Dame zusammengebracht hat, bestätigt die Zusammenkunft,..

Gleichzeitig wird in der niederösterreichischen Landes-Hypo-bank geprüft, wer über den Kredit der Sekretärin Informationen . weitergegeben haben könnte. Der „verdächtige" SP-Direktor gibt zu, einen Akt über die früher in der Hypo angestellte Dame angefordert zu haben. Und Strache gibt zu, sich in der Hypo erkundigt zu haben. Aber der Direktor erklärt, keine Informationen weitergereicht zu haben...

Vordergründig geht es beim WBO-Skandal in Niederösterreich jetzt darum: Hat die blaugelbe ÖVP, die vor einem Jahr unter ihrem neuen Landesparteiob-mann Siegfried Ludwig mit ungeheurem Schwung zur Rückeroberung verlorenen Terrains angetreten ist, Gelder aus Rauchwarter s Wohnbau- und Firmenimperium kassiert?

Hinter den Kulissen aber tobt ein gnadenloser Kampf um die politische Macht im Land unter der Enns. Eine nur mehr dünne „Mauer" von rund 37.000 Stimmen Vorsprung schützt die „schwarze Bastion" Niederösterreich vor dem Zugriff der SPÖ. Der „Wettstreit der Ideen um Niederösterreich", den SP-Landeschef Leopold Grünzweig vor einem Jahr proklamiert hat, ist längst in eine Schlammschlacht ausgeartet. Und die hat - Bundeskanzler Bruno Kreisky hat Recht - viel vom dreckigen Krieg der Mafiosi an sich.

Ludwig und sein Team gerieten nicht erst durch die WBO ins „rote" Dauerfeuer. Die SPÖ war schon bemüht, ihn als,.Kronprinzen" anzuschlagen.

Da wurde versucht, ihn als ehemaligen Regierungskommissär der Landes-Hypobank für die jetzt überstandenen Skandale mitverantwortlich zu machen. Da wurde behauptet, er habe eine Eigenjagd über einen Strohmann vom landwirtschaftlichen Siedlungsfonds erstanden.

Bisher ist das alles geplatzt.

Nun hat man Ludwig doch getroffen: Walter Zimper, Ludwigs „Lokomotive" konnte zum Stehen gebracht werden. Der Landesparteisekretär hat um Beurlaubung angesucht. Und der VP-Landes-parteivorstand hat dem Ansuchen am 16. März stattgegeben, angeblich gedrängt vom heuen ÖVP-Generalsekretär Michael Graf f. Aber die ö VP-Landesspit-zen haben dem „Urlauber" ihr volles Vertrauen ausgesprochen und ihn zum Opfer einer „infamen SP-Kampagne" und einer „Menschenjagd" der Medien erklärt.

An der SP-Kampagne ist sicher was dran. Zimper war gefährlich für die SPÖ. Er hat nicht nur den „Roten" seine Heimatgemeinde Piesting abgewonnen, er hat die VP-Funktionäre neu vergattert und das Parteifußvolk begeistert. Auch die Öffnung für Liberale war sicher seine Idee.

Diese Öffnung wiederum könnte FPÖ-Landesobmann Harald Ofner veranlaßt haben, den Verdacht der Parteienfinanzierung aus WBO-Geldern gegen die ÖVP durch seine ,3eleg-Geschichte" (FURCHE 10/1982) erhärten zu helfen. Letztlich ist diesen „Belegen" ja gerade Zimper aufgesessen, indem er zugab, zwei Millionen von Rauchwarter genommen zu haben.

Was Zimper dadurch an Glaubwürdigkeit verloren hat, ist keiner „infamen SP-Kampagne" zuzuschreiben. Für dieses zitzerl-weise Zugeben haben nicht nur die Landesbürger kein Verständnis. Auch die Parteikader sind verunsichert. „War das jetzt alles — oder kommt noch was?" hört man immer wieder in Gesprächen.

Eines ist sicher: Ludwigs Blitzstart ist gestoppt, zwei Jahre vor den nächsten Landtagswahlen ein Jahr Aufbauarbeit gefährdet. Allerdings: Noch muß die „schwarze Bastion" Niederösterreich für Ludwig nicht verloren sein.

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