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Von Berg zu Eder

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Was sagt der Salzburger Katholik und Wissenschaftler Fritz Schweiger, vielen durch seine Festspielhausrede beim Papstbesuch bekannt, zum neuen Erzbischof?

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Was sagt der Salzburger Katholik und Wissenschaftler Fritz Schweiger, vielen durch seine Festspielhausrede beim Papstbesuch bekannt, zum neuen Erzbischof?

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Dennoch, fast alle wollen dem neuen Erzbischof eine Chance geben. Viele Dinge sehen anders aus, wenn man Verantwortung für größere Zusammenhänge übernimmt.

Von Kirchenaustritten und Protestaktionen habe ich nur wenig gehört, und ich halte nicht viel davon. Protest wogegen? Nein, machen wir es Georg Eder nicht allzu schwer. Wie soll er ein guter Bischof für alle werden, wenn man ihm nicht entgegengehen will? Wie soll er sein Gespür für die wahre Breite katholischen Glaubens vertiefen können, wenn man ihn isoliert, ihn auf die kleine Gruppe sogenannter romtreuer »md konservativ denkender Menschen zemiert?

Natürlich ist bei diesen Gesprächen nicht nur von der Kirche in Salzburg die Rede. Die Frage nach der Gesamtkirche steht im Raum: Gibt es sie nun wirklich, die ,JK:urskorrektur“? Wer steckt dahinter? Wanmi wurden Österreichs Bischöfe in Rom offenbar nicht gehört? Ein kleiner Kreis einflußreicher Leute hat sich durchgesetzt. Muß der Besuch des Papstes in Österreich, der neben vielen Impulsen zur Evangelisie-nmg auch die Hoffnung brachte, daß Österreichs Kirche als lebendige Ortskirche anerkannt wird, als Fehlschlag angesehen werden?

Mir persönlich ist es unerklärlich, wieso ein Papst aus Polen, einem Land, welches an einem Mangel an Freiheit und Mitbestimmung gelitten hat, sowenig das berechtigte Verlangen nach Freiheit und Mitbestimmung in eben dieser Kirche anerkennt und fördert. Man muß darin die Chance erbhcken, daß die mnerkirchh-che Diskussion über die hierarchische Struktur, die im wesentlichen Abbild vergangener feudaler Strukturen ist, weitergehen muß.

Ich fühle mich nicht berufen, die Ära des nun abtretenden Di-özesanbischof s Karl Berg zu würdigen. Meine Kenntnisse über die jüngste Diözesangeschichte sind zu gering, und um Recherchen anzustellen, habe ich momentan keine Zeit. Dennoch möchte ich einige persönliche Bruchstücke einbringen. Unser Alterzbischof war gewiß selbst ein konservativ zu nennender Christ, konservativ in der Sorge um das zu Bewahrende, konservativ aufgrund seiner Treue zu Rom, die es ihm ermöglichte, konziliare Impulse in die Tat umzusetzen und eine glaubwürdige Demut gegenüber der zentralen Obrigkeit, auch dort, wo es schwerfallen mußte, vorzuleben. Schon ihm zuliebe bin ich bereit, dem neuen Oberhirten Georg Eder möglichst vonirteilsfrei gegenüberzutreten.

Erzbischof Berg hat mich, durch sein Bemühen wen Gerechtigkeit, tief beeindruckt. Er stand zu „seinen“ Priestern imd zu „seiner“ Fakultät und hat versucht, sie vor engstirniger Verleumdung zu schützen. Er konnte wunderbar zuhören. Einmal, als ich noch Präsident der Katholischen Aktion der Erzdiözese Salzburg war, meinte er, mein Verhalten (ich hatte mich für einen aus dem Amt scheidenden Priester eingesetzt) tadeln zu müssen; aber er lud mich zu einem gemeinsamen Abendessen ein, und es war ein gutes Gespräch.

Noch weniger vermag ich zur Person des neuen Erzbischof s zu sagen. Wir saßen einige wenige Jahre gemeinsam im Pastoralrat «der Erzdiözese. Gewiß erinnere ich mich, daß seine vielen Leserbriefe oft meinen Unmut herausforderten, denn sie schienen mir auf ein stark verengtes Bild von Glaube und Kirche hinzuweisen.

Ich hoffe und wünsche, daß Bischof Eder das Erbe seines Vorgängers bewahrt, daß er sich inspirieren läßt vom Wort Gottes „Ein geknicktes Rohr zerbricht er nicht, und einen glimmenden Docht löscht er nicht aus“ (Jes 42,3) und ,3ichtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“ (Mt. 7,1) und „Wir sehen nämlich jetzt durch einen Spiegel rätselhaft, dann aber von Angesicht zu Angesicht“ (1 Kor 13,12 a). Dieses Wort Gottes ist die Wurzel unseres Glaubens und gewiß dauerhafter als so manche ewige Wahrheit aus Rom und Umgebung.

Fritz Schweiger ist Ordinarius für Mathematik und Didaktik der Mathematik an der Universität Salzburg. Er ist derzeit deren Rektor und Vorsitzender des Katholischen Akademikerverbandes

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