6986054-1986_26_21.jpg
Digital In Arbeit

Von den Menschen — für die Menschen

19451960198020002020

Priesterweihe - das ist ein vielen Christen verborgenes Sakrament. Das „ad-sum“, „ich bin bereit“, der Weihekandidaten erleben meist nur nahe Angehörige und Freunde mit.

19451960198020002020

Priesterweihe - das ist ein vielen Christen verborgenes Sakrament. Das „ad-sum“, „ich bin bereit“, der Weihekandidaten erleben meist nur nahe Angehörige und Freunde mit.

Werbung
Werbung
Werbung

Am Glaubensweg der jungen Männer hin zum Sakrament der Priesterweihe haben in unserer Zeit zunehmend weniger Leute teil. Es kommt auch vor, daß es die Eltern sind, die sich zuerst sträuben, später es nur dulden, daß ihr Sohn einen so absonderlichen Gedanken hegt, einen so exzentrischen Beruf anstrebt, wenngleich man die „Serviceleistungen“ der Priester gerne in Anspruch nimmt. Das Sträuben oder das Dulden verwandelt sich um die Zeit der Priesterweihe meist in freudige Ergriffenheit, und der

eigene Sohn ist den Freunden, Verwandten, Eltern, ja der ganzen Familie, in einer neuen Weise zugewachsen.

Eine Pfarre verändert sich in den Tagen der Primiz. Untereinander und zum neugeweihten Priester entstehen Beziehungen, Verbindungen, die das freudige Ereignis nicht selten Jahre überdauern. „Unser N. N. ist dort Kaplan oder dort Pfarrer“, wird jahrelang formuliert, wenn man von einem Priester spricht, der aus der Gemeinde herausgewachsen ist. Eine Weise, eine Dimension des Christseins ist Wirklichkeit geworden, die die Aktualität einer Primizf eier weit übersteigt und so wirksam geworden ist. Wie der Kandidat selber sind die Glieder der Gemeinde einen Weg gegangen, der sie und den Neupriester deutlicher in die Grunderfahrung des Christseins eingeführt hat, daß Christsein Geschenk, Berufung ist.

Sehr viele Menschen haben daran teil, wenn aus der Kraft des Glaubens das Sakrament der Priesterweihe vom Priester selbst in der Gemeinde, in der Kirche, in der Feier der Sakramente, in der

„Die grundlegende Fähigkeit: verfügbar zu werden und verfügbar zu sein“

Verkündigung der Frohen Botschaft — in seinem priesterlichen Dienstamt - umgesetzt wird, mit dem er bei der Weihe ausgestattet wurde. Tüchtigkeit und Vorzüge, Attraktivität und Modernität treten hinter die zeichenhafte Wirksamkeit des priesterlichen Dienstamtes zurück, wenn es um die Gültigkeit und die aus lebendigem Glauben vollzogene, entscheidende Wirksamkeit des Sakramentes geht.

So hat das Sakrament der Priesterweihe einen Weg des Glaubens, der dem Empfang vorausgeht, und einen Weg des Glaubens, der ihm folgt.

Die Vorbereitung beginnt beim jungen Mann mit dem Entschluß, den Weg zum Priestertum zu gehen, durch den Eintritt in das Priesterseminar oder in eine Ordensgemeinschaft. Mit diesem Schritt beginnt die anspruchsvolle Reflexion des Glaubens und damit im Zusammenhang die Vertiefung der persönlichen Glaubensüberzeugung. Dies geschieht vor allem, aber nicht ausschließlich, im Studium der Theologie. Dazu fügt sich die Profilierung und Bildung der ganzen Persönlichkeit mit den darin gegebenen Fähigkeiten. Das „Gefäß“, das einmal das Dienstamt des Priesters im Sakrament der Priesterweihe aufnehmen soll, will und muß geformt und gebildet werden.

Ein immer tieferes Hineinwachsen in das geistliche Leben des Gebetes, der Meditation, der Betrachtung, der immer neu zu wagende Versuch, Gott, den Unverfügbaren, in den Blick zu bekommen und zu behalten, verhindert es, nur auf die Heranbildung einer bestimmten Quantität und Qualität von Fertigkeiten zu achten. Dieser Bildungsweg zielt auf eine Lebensgestalt, die vor allem die grundlegende Fähigkeit für das Dienstamt des Priesters herausstellt: verfügbar zu werden und verfügbar zu sein.

Dieser Weg des Wachsens und Reifens besteht aus Abschnitten, die immer am Wort Gottes einen Rückblick und eine Vorschau ermöglichen. Die Beauftragung zum Lektorat (Dienst am Wort Gottes), zum Akolythat (Dienst am Altar), die Aufnahme unter die Kandidaten des Diakonats-und Priesteramtes, sind solche Einschnitte, die den jungen Menschen dem Ziel in überschaubaren Zeitabschnitten und Bildungsphasen entgegenführen.

So vorbereitet, kann der Weihekandidat sein „adsum“ für das Diakonat sprechen, so kann ihn der Bischof für das Dienstamt des Diakons annehmen.

Haben wir den Kandidaten bis hierher begleitet, so können wir die Priesterweihe ins Auge fassen. Die Kirche braucht Priester, die kraft der Priesterweihe in ihrem Leben und Handeln darauf verweisen, daß die Kirche sich selbst immer Christus verdankt, der sie gestiftet hat und der sie immer

neu aufbaut aus der Kraft des Heiligen Geistes, in der Christus selbst durch die Geschichte geht und in ihr anwesend bleibt.

Die Priesterweihe wird innerhalb der heiligen Messe, nach dem Evangelium, gespendet. Der Ritus hat im Laufe der Geschichte verschiedene Wandlungen erfahren. In seiner wesentlichen Gestalt, Handauflegung und Weihegebet, reicht er bis in das dritte Jahrhundert zurück.

Er gliedert sich in drei Teile: Eröffnung und Vorbereitung der Ordination, die Weihehandlung im engeren Sinn und die ausdeutende Liturgie.

Vom Regens des Priesterseminars oder einem durch den Bischof Beauftragten werden die Kandidaten mit Namen aufgerufen, und sie antworten, ihr ganzes Leben umfassend: „Ich bin bereit.“ Nach der Bitte um die Weihe für diese Kandidaten fragt der Bischof zurück, ob sie würdig sind. In der Antwort darauf wird einge-

schlössen, daß ihr Bildungsweg und ihre Verankerung in der Pfarre, in der Kirche, nach menschlichem Ermessen die Versicherung zulassen, daß sie würdig sind. Der Bischof richtet darauf eine letzte, ihren bisherigen Lebensweg zusammenfassende Ansprache an die Kandidaten und deutet für die anwesenden Gläubigen, wie dieses Sakrament in das Heilswirken Gottes einzuordnen ist.

Nachdem er die mit dem „adsum“ vorgetretenen Männer auf diesen Schritt aufmerksam gemacht hat, der ihrem Leben durch die Priesterweihe endgültig Ge-

stalt gibt, erfragt er ihre Bereitschaft konkret: er fragt nach ihrer Bereitschaft zur Leitung der Gemeinde, ob sie die Geheimnisse Christi in Ehrfurcht feiern, verantwortlich dem Wort Gottes dienen und die Frohbotschaft verkünden wollen, ob sie den Armen und Kranken beistehen, sich selbst immer neu mit Christus dem Hohenpriester verbinden wollen. Anschließend wendet sich die versammelte Gemeinde mit den Weihekandidaten und dem Bischof den Heiligen zu und bittet in der Allerheiligenlitanei um ihre Fürsprache. Jetzt beginnt die eigentliche

Weihe durch den Bischof mit der Handauflegung im Schweigen und dem Weihegebet Diese Handauflegung und der grundlegende Gedankengang des Weihegebetes sind bereits um 215 nach Christus bei Hippolyt bezeugt. In der Handauflegung bitten der Bischof und die versammelte Gemeinde um die wirksame Kraft des Heiligen Geistes für den knienden Diakon. Im Weihegebet spricht sich die Kirche aus und deutet im Gebet das Heilswirken Gottes, in dem das Sakrament der Priesterweihe wurzelt und in das der geweihte Priester aufgenommen ist. In der Priesterweihe werden die Priester um den Bischof zum Presbyterium, zu einer „geistlichen Bruderschaft“, zusammengefügt. Als Ausdruck dafür legen die anwesenden und mitfeiernden Priester den Neugeweihten die Hände auf.

Ausdeutend, was in der schweigenden Bitte um das Wirken des Heiligen Geistes erbeten wurde.

werden den Neugeweihten das Brot und der Wein, der Kelch und die Patene, für die Feier der Eucharistie überreicht. Dabei spricht der Bischof: „Nehmt hin die Gaben des Volkes für die Feier des Opfers. Bedenket, was ihr tut, ahmt nach, was ihr vollzieht und stellt euer Leben unter das Geheimnis des Kreuzes.“

Die Neugeweihten werden anschließend mit dem Meßgewand bekleidet, das die Heiligkeit des Tuns in der Feier der Liturgie und der heiligen Messe gestalthaft ausdrückt. Der Friedensgruß, Ausdruck des Friedens, den Christus aus dem Tod gerettet und in seiner Auferstehung gestiftet hat, schließt die heilige Feier ab. Die Kirche verkündet den Frieden Christi gelegen oder ungelegen — er weist auf das Kommen des Reiches Gottes hin. Er schließt menschliches Vermögen mit ein, wird von ihm aber nicht begründet. Die neugeweihten Priester sollen Künder des Friedens im Namen der Kirche für die ganze Welt sein. Dies führt hin zur gemeinsamen Eucharistiefeier, die die Neugeweihten mit dem Bischof begehen.

Die Feier der Priesterweihe läßt erkennen:

• Die Priester haben nicht nur an der Aufgabe des einzelnen Bischofs teil, sondern auch an den Aufgaben des Bischofskollegiums, besonders an seinem missionarischen Auftrag.

• Ihre Wirksamkeit kann nicht mit einem Tätigkeitskatalog, und wäre es der vollständigste und

scheinbar nützlichste, definitiv umschrieben werden: Die Gnade Christi, der ihr Dienst gilt, überschreitet allen Erfolg oder scheinbaren Mißerfolg.

• Das Sakrament der Priesterweihe weist den Priester selbst, die Gemeinde und die Kirche darauf hin, daß die Kirche von Christus erbaut, geführt und getragen wird und daß sie im Spannungsfeld des Reiches Gottes steht, das schon mit Christus gekommen ist, dessen Vollendung wir aber noch erwarten.

• Wie die Eltern, Verwandten und Freunde, so nimmt auch die Gemeinde, von der der Priester kommt und in die er geht, an seinem Werden und Wirken teil. Er ist von den Menschen genommen und für die Menschen bestellt.

• Woher wie viele Priester kommen, ist auch ein Zeichen dafür, wie lebendig die Kirche und wie sehr sie im Geist Gottes verankert ist.

Dar Autor ist Dompfarrer von Graz.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung